Dirminger Kulturecke – Die Glocken
In der Dirminger Kulturecke erfahren Sie alles was Sie schon immer über Dirmingen wissen wollten oder wissen sollten. Wussten Sie schon, dass es nachweislich seit dem Jahre 1716 eine Glocke im Turm der evangelischen Stengelkirche gibt?
Die erste Nachricht über eine Glocke, in unserem Kirchturm, finden wir im ältesten Kirchbuch der evangelischen Kirchengemeinde Dirmingen. In einem Schriftzug aus dem Jahre 1716 wird auf eine Anschaffung einer Glocke hingewiesen. Der damalige Pfarrer Morch schreib dazu folgendes:
„Anno 1716, den 8.Juni, ist eine neue Glocke von 5 Zentnern und 15 Pfund Gewicht von unserem Gnädigsten Grafen und Landesherren, Herrn Friedrich Ludwig, Grafen von Ottweiler Nassau zu dieser Kirchen allhier gekauft und bezahlt worden vor (für) dreihundert und fünfzehn Gulden“.
Der Hinweis darauf, dass es sich um eine neue Glocke handelt, lässt darauf schließen, dass schon vorher mindestens eine Glocke im Turm unserer Kirche vorhanden sein musste.
Die im Jahre 1716 geschenkte Glocke verrichtete 30 Jahre ihren Dienst. Dann zersprang die Glocke beim Läuten. Dies war in diesem Zeitalter keineswegs eine Seltenheit. Der Volksmund machte daraus jedoch einen Hokuspokus. Wenn eine Glocke während einer Amtshandlung zersprang war das für den Volksmund meistens ein Hexenwerk oder ein Fluch. In Wirklichkeit waren die damaligen Glocken einfach nicht robust genug.
Aus dem Metall der zersprungenen Glocke und für 70 Gulden hinzugekauftes Glockenmaterial ließ die Gemeinde zwei neue Glocken gießen. Die Anfertigung und den damit verbundenen Guss lag damals in der Hand einer Glockenfirma aus Niderlinxweiler.
Die größte Glocke wog fast 4 Zentner und trug die Inschrift:
Ich rühre nur das Ohr von außen mit dem Schall. Hilf, Jesu, dass dein Wort durchs Ohr ins Herz fall.
Die kleinere Glocke wog 171 Pfund und trug die Inschrift:
Mein Gott, lasse mich vor allen Dingen zu deines Namens Ehre klingen.
Die kleinere Glocke zersprang im Jahre 1768 beim Läuten einer Beerdigung. Diese beiden Glocken läuteten auch während des Neubaus der evangelischen Kirche 1746. Im Jahre 1776 trug unser Kirchturm erstmals drei Glocken. In diesem Jahr wurde erneut eine Glocke von Fürsten Ludwig von Nassau Saarbrücken der Gemeinde geschenkt. Bis zum Jahre 1838 verrichteten diese Glocken, in der Glockenstube des Turms ihren Dienst für die Gemeinde. Dann zersprang mal wieder die kleinste Glocke. Einige Jahre später im Jahre 1845 zersprang die größte Glocke, die fast 100 Jahre ihren Dienst verrichtete.
Im Jahre 1908 beauftragte die Gemeinde die Glockengießerei Schilling in Apolda 4 neue Glocken mit den Tönen f, a, c, d zu gießen. Diese Glocken hingen nur ein knappes Jahrzehnt im Turm. Es kam der erste Weltkrieg und im Juli 1917 wurden die Glocken bis auf die kleinste zu Rüstungszwecken vom Turm geholt. Für das Dorf und die Gemeinde waren dies schwierige Zeiten. Weil der deutschen Rüstungsindustrie die Rohstoffe ausging, wurden 1917 auch Kirchenglocken beschlagnahmt. Die Glocken wurden eingeschmolzen. Dies war für die Kirchen eine patriotische Tat. Die Kirchengemeinden wurden zunächst aufgefordert, eine Auflistung ihrer Bronze-Glocken bereitzustellen. Je nach kunsthistorischem Wert sollten die Glocken einer von drei Kategorien zugeordnet werden. Glocken der Gruppe A mussten grundsätzlich abgeliefert werden, eine Gruppe B mit mäßigem kulturellem und historischem Wert wurde zunächst zurückgestellt, Glocken der Gruppe C galten als geschützt. Außerdem sollte jede Kirche mindestens die kleinste ihrer Glocken behalten dürfen. Dies wurde auch in Dirmingen so praktiziert.
Von 1917 bis 1922 gab es nur eine Glocke in unserem Turm. Im Jahre 1922 wurde von der Gemeinde Wahlschied eine C- Glocke erworben. Nun waren wieder zwei Glocken im Turm. Im Jahre 1930 wurde ein großer Wunsch der Gemeinde erfüllt und es kamen wieder 4 Glocken in den Turm. Die große Spendenbereitschaft der Gemeindeglieder war dafür verantwortlich, dass man sich endlich wieder 4 Glocken leisten konnte. Wieder wurde die Gießerei Schilling beauftragt. Im Jahre 1932 wurden die 4 Glocken feierlich eingeweiht. Drei Glocken wurden angefertigt und kamen wieder zu der noch im Turm befindliche, älteren Glocke hinzu. Am Ostersonntag 1932 war, unter der Beteiligung zahlreicher Schaulustiger, Glockenweihe angesagt. Wiederum taten diese Glocken nur 10 Jahre ihren Dienst. Auch die Nazis gingen im Zweiten Weltkrieg den Glocken an den Kragen. Schon am 5. September 1939, vier Tage nach Kriegsbeginn, untersagte der Staat das Läuten der Kirchenglocken, weil sie die Flak-Abhorchgeräte behinderten. Erst Ende Oktober wurde für Sonn- und Feiertage das feierliche Einläuten am Vorabend gestattet. An Wochentagen durfte bei Gottesdiensten in der Zeit von 8 bis 18 Uhr mit einer Beschränkung auf drei Minuten geläutet werden.
Am 19 April 1942 wurden wiederum die drei großen Glocken zur Kriegsrüstung aus ihrer Glockenstube entfernt. Erneut blieb nur die kleinere Glocke im Kirchturm hängen. Die Nazis befahlen im gesamten Reich die berüchtigte „Glockenabgabe“ an die Rüstungsindustrie. Das war der Höhepunkt der so genannten „Metallspende“ für den Krieg. Die Nazis klassifizierten die Glocken in Typen A, B, C und D. Die Typen C und D repräsentierten historisch wertvolle Glocken. Während A und B sofort hergegeben werden mussten, war Typ C in „Warteposition“, wohingegen Typ D geschützt war. Von 1942 bis 1953 läutete nur eine Glocke in unserem Turm .Dabei handelte es sich um die aus dem Jahre 1908 gestiftete kleine Glocke von Pfarrer Bingel.
Nach dem zweiten Weltkrieg hatte die Gemeinde andere Sorgen als eine neue Glocke zu erwerben. Das Dorf musste zunächst zur Ruhe kommen und vorrangige Aufbauarbeiten bewerkstelligen. Immerhin gehörte Dirmingen zu den am meisten bombardierten Landgemeinden unserer Region. Erneut rief das Presbyterium, in den 1950- ger Jahren, die Gemeindglieder auf für neue Glocken zu Spenden. Ab dem Januar 1953 fanden monatliche Sammlungen statt. Die Gemeindeglieder waren erneut sehr Spenden-freundlich. Im September des Jahres 1953 kamen die neuen Glocken in Dirmingen an. Das Geläut wurde erneut bei der Glockengießerei Paccard Annecy in Auftrag gegeben. Die kleine, ältere von Pfarrer Bingel gestiftete Glocke wurde umgegossen. So entstand ein Geläut aus Bronze mit der Zusammensetzung: G, b, C, d, D
Die Kosten des Geläutes beliefen sich auf 1184590 ffrs (damals etwa 9900 DM) Der ganze Betrag wurde von der Gemeinde (Sammlung) finanziert. Die Glockenweihe fand am 20. Sepmtember 1953 in der evangelischen Kirche statt. Zuvor standen die Menschen in Zweierreihen an der Straße, um die Ankunft der neuen Glocken zu feiern.
Zu dieser Zeit waren die Glockenanlage in der evangelischen Kirche noch auf Hand-läuten eingestellt. Die Stricke hingen in der Eingangshalle es Kirchturmes. Damals musste das läuten gelernt sein. Bei zu kräftigem ziehen schlugen die Glocken oftmals übereinander. Einzig der alte Dirminger Küster Jakob Franz – Franze Babbe – verstand sich aufs läuten. Dennoch wurde in diesem Jahr 1953 beschlossen eine Glockenanlage zu käuflich zu erwerben. Die Gefahr, dass die Glocken überschlugen und dadurch kaputt gingen, war einfach zu groß. Später hieß es in Dirmingen der Küster Franz läutet nicht mehr, sondern er lässt es läuten.
Glocken symbolisieren den Klang der Heimat ! Mein Herz öffnet sich, wenn ich die Glocken meiner Kirche höre !