SPD Mitgliedervotum – Der eigene Weg zur Entscheidung
Montag,19. Februar 2018.
Als Mitglied der SPD habe ich heute über den Postweg meine Briefwahlunterlagen zum Mitgliedervotum erhalten. Ich soll also nun, mit meinem Kreuz, über die Zukunft unseres Landes und meiner Partei entscheiden. Zunächst mal finde ich das gut und schön. Ich denke wir brauchen viel mehr Mitbestimmung. Ich bin ein Befürworter von Volksabstimmungen und Mitgliederbefragungen. Aus meiner Sicht ist dies ist ein Stück echte Demokratie. Die Kritik aus Bayern kann ich nicht nachvollziehen. Die Frage warum 443.152 SPD Mitglieder über die Zukunft unseres Landes abstimmen dürfen beantworte ich zunächst mal mit einer Gegenfrage: Warum darf eine Partei wie die CSU mit 6,2 % bundesweit drei Ministerien besetzen und das Land entscheidend regieren ?
Ich sitze also vor meinen Unterlagen und lese mir die Papiere ganz genau durch. Vor meinem geistigen Auge kann ich die Ereignisse der letzten Monate wieder verfolgen. Für meine Partei war die Zeit nach der Bundestagswahl 2017 alles andere als ein Zuckerschlecken. Vielmehr haben wir uns keineswegs mit Ruhm bekleckert. Es war schlichtweg eine schwache politische Performance. Auch ich hatte im Frühjahr 2017 viel Hoffnung in Martin Schulz gesetzt und wurde letztlich bitter enttäuscht. Ich frage mich allen ernstes wie man in dieser Position so viele taktische Fehler machen kann !? Nun ist also meine Meinung gefragt. In den letzten Wochen konnte man viel hören und lesen. Gerade in den sozialen Netzwerken meint jeder er besitze der Weisheit letzter Schluss.
Ich sitze an meinem Schreibtisch und kämpfe mit mir selbst ! Ich bin mit mir nicht im Reinen und tue mir sehr schwer mit dieser Entscheidung. Mein Ortsverein hat in seiner letzten Sitzung klar Stellung bezogen und einer erneuten „GroKo“ eine Absage erteilt. Mein Herz sagt mir das dies die einzig wahre Entscheidung war. Mein Kopf drängt mich dazu nochmal alles zu überdenken. Selbst die größten Kritiker müssen eingestehen, dass die SPD im vorliegenden Koalitionsvertrag vieles herausgeholt hat. Mir ist völlig klar, dass Neuwahlen nicht nur unserem Land sondern auch unserer Partei schaden würden. Die SPD bräuchte dringend eine Erneuerung. Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass dies in der Opposition geschehen kann. Nun wird sich vermutlich nichts ändern. Dies wiederum sorgt erneut für Enttäuschung in der Bevölkerung. Es ist frustrierend ! Mit dem Ausstieg der FDP aus den Koalitionsverhandlungen war mir persönlich eigentlich schnell klar, dass die SPD jetzt nur noch verlieren kann. Entweder sie wird als „Vaterlandsverräter“ beschimpft oder sie wird als wortbrüchig abgestempelt. Der Karren war nicht zuletzt dank der „Wendehals-Taktik“ unseres Parteivorsitzenden frühzeitig verfahren. Nun sitzen wir in der Tinte und müssen eine Entscheidung treffen die am Ende keinen wirklich glücklich macht. Aus meiner Sicht liegt das Problem schon weit vor den Bundestagswahlen 2017. Ganz gleich in welcher Partei: Wir haben keine glaubwürdigen und guten Politiker mehr in unserem Land. Die Menschen sehnen sich nach Politikern die halten was sie versprechen. Einem guten, glaubhaften Politiker würde man auch Fehler verzeihen.
Heute geht es nur noch um Positionen und Eigenprofilierungen. Ich war in den letzten Wochen sehr oft davor alles hinzuschmeißen und mein Parteibuch abzugeben. Die SPD hat ihre Wurzeln und die Basis aus den Augen verloren. Fahnenflucht wäre jedoch zu einfach. Wir brauchen auch Leute die in der Partei versuchen etwas zu ändern und zu bewegen. Mein Vater sagte mal: „Der sozialdemokratische Gedanke ist wunderbar“ Stimmt eigentlich. Wir brauchen aber Leute die in erster Linie diesen Gedanken vorleben. Was also tun ? Wie entscheiden ?
Ich nehme meinen Dauerschreiber in die Hand und will buchstäblich zur Wahl schreiten als ich in den Nachrichten einen Bericht über den Rücktritt unserer saarländischen Ministerpräsidentin AKK und ihren bevorstehenden Wechsel nach Berlin höre. Tobias Hans soll nun neuer Ministerpräsident unseres Saarlandes werden. Wie schnell das doch geht. Das „Stühlerücken“ geht weiter. Manche Menschen brauchen nicht viel zu tun und erreichen ohne viel Aufwand die größten Ziele. Die jüngsten Ereignisse in unserem Bundesland machen mich ohnehin fassungslos. Es passt alles super ins Bild. Wem sollen die Menschen noch vertrauen ? Es muss sich etwas verändern ! So wie es ist kann es nicht bleiben. Wie sagte der Juso-Vorsitzende Kühnert unlängst auf dem Sonderparteitag :“… heute einmal ein Zwerg sein, um künftig vielleicht wieder Riesen sein zu können“. Ich persönlich sage dazu :“ Manchmal muss es schlimmer werden bevor es gut werden kann“. Ich nehme meinen Schreiber und mache mein Kreuz !