Ein altes Friedhofskreuz als Mahnmal – Vom früheren Verhältnis der Katholen und Evangelen

Ein Christ ist ein solcher Mensch, der gar keinen Hass noch Feindschaft wider jemand weiß, keinen Zorn noch Rache in seinem Herzen hat, sondern eitel Liebe, Sanftmut und Wohltat.

(Martin Luther)

Heute leben Protestanten und Katholiken friedlich miteinander in unserem Dorf. In den letzten Jahren wird zudem immer öfter an die Ökumene gedacht. Es spielt längst keine Rolle mehr welcher Konfession man angehört und ob man nun letztlich zum Gottesdienst geht oder die heilige Messe besucht. In Dirmingen lebten seit der Reformation 1575, über viele Jahrhunderte, überwiegend protestantische Einwohner. Heute hat sich dies relativiert und beide Konfessionen haben ihren festen Platz in der Mitte unserer Gesellschaft.

Natürlich gibt es immer noch Unterschiede zwischen den katholischen und den evangelischen Christen. Die größten Streitpunkte liegen im Verhältnis zum Papsttum, des Zölibats und in der Art und Weise wie man das Abendmahl feiert. Während bei den Katholiken während des Abendmahls das Brot gewandelt wird, erinnern die evangelischen Christen während ihrer Zeremonie an den Tod Jesu Christi. Bei den Katholiken ist die Wandlung von Brot und Wein ein Zeichen dafür, dass Jesus Christus wirklich in der Feier des Gottesdienstes anwesend ist. Bei uns Protestanten hingegen sind Brot und Wein beim Abendmahl eher ein Symbol für die Liebe Jesu Christi zu den Menschen. Letztlich dürfen in der evangelischen Kirche alle Christen das Abendmahl gemeinsam feiern. Bei den Katholiken hingegen wird in diesem Fall keinen Wert auf die Ökumene gelegt. In Dirmingen dauerte es viele Jahrhunderte bis sich das Verhältnis zwischen Katholischen und evangelischen Christen entspannte. Über viele Jahre herrschte ein angespannte und oftmals sogar feindliches Verhältnis, das sich letztlich sogar in er Politik widerspiegelte.

Kapelle an der katholischen Kirche Dirmingen.

Die Geschichte der Katholen und Evangelen in unserem Dorf ist geprägt von Missgunst, Vorurteil und Abneigung. Bereits die Kinder wurden früher in konfessionelle Kindergärten und Schulen geteilt. In meiner Kinderzeit war bereits das schlimmste überstanden und wir besuchten gemeinsam erst die alte evangelische Schule, in der heutigen Urexweilerstrasse, und später die heutige Alsbachschule. Immer wieder gab es zwischen beiden Konfessionen Reibereien. Viele Jahre wurde z.B darüber diskutiert aus welchem Grunde wir eigentlich „Kerb“ feiern. Eines vorab, unsere „Kerb“ hat nichts mit dem Patronatsfest der St. Wendalinusgemeinde zu tun. Als eine der wenigen Kirmessen im Saarland wird die „Derminga Kerb“ anlässlich der Einweihung der evangelischen Kirche in der Ortsmitte gefeiert. Auch im Sport hatte man verschiedene Auffassungen. Während es die Evangelischen mehr zum Handballsport hinzog, wurde bei den Katholiken der Fußball bevorzugt. Heute pflegen die Evangelische Kirchengemeinde Dirmingen und die Katholische St. Wendalinusgemeinde ein gutes und harmonisches Miteinander, dabei spielt es längst keine Rolle mehr warum wir eigentlich „Kerb“ feiern. Hauptsache ist, wir „Derminga“ feiern sie gemeinsam. Das war bei Leibe nicht immer so und hat sich erst vor wenigen Jahrzehnten relativiert. Unser Ortsbild wird geprägt vom Turm der heutigen evangelischen Kirche in der Ortsmitte. Auch diese Kirche war über viele Jahre Streitpunkt zwischen beiden Konfessionen. Am Ende wurde die Kirche den Evangelischen zugesprochen. Auch diese Entscheidung sorgte keineswegs für eine Entspannung zwischen den beiden Konfessionen.

Evangelische Kirche Dirmingen.

Ich persönlich finde, dass die evangelische Kirche in der Ortsmitte das echte Wahrzeichen unseres Dorfes darstellt. Immerhin war die Kirche vor der Reformation im Jahre 1575 Katholisch. Ich habe aus meinem Traum nie einen Hehl gemacht: Warum schaffen wir es nicht, dass beide Konfessionen eine Kirche nutzen und dort abwechselnd Gottesdienst oder Messe feiern. Auch das Gemeindehaus könnten wir gemeinsam nutzen. Leider sind wir noch nicht soweit und es trennt uns noch so einiges.

Immerhin fand in der heutigen evangelischen Kirche Dirmingen das wohl schönste Ereignis zwischen katholischen und evangelischen Christen in Dirmingen statt. Nach der Bombardierung der alten katholischen Kirche auf dem Rothenberg, am 21.Februar 1945, stellte die Evangelische Kirchengemeinde ihre Kirche zur Verfügung. Es wurde das sogenannte Simultaneum abgehalten. Berichten zufolge war das Verhältnis beide Konfessionen zu dieser Zeit ausgesprochen gut und ausgeglichen.

Heute erinnert kaum noch etwas an das schwierige Verhältnis zwischen den Katholen und Evangelen in Dirmingen. Die Betonung liegt dabei auf „Kaum noch etwas“! Da gibt es tatsächlich eine winzige Kleinigkeit. Auf dem Dirminger Friedhof erinnert noch heute ein altes Kreuz an die Geschichte und die Entwicklung beider Konfessionen in unserem Dorf. Auf der rechten Seite des Friedhofes steht am oberen Ende des Weges, der den ältesten Friedhofsteil in zwei gleich große Flächen teilte, unter Bäumen ein mit einem Kruzifix geschmücktes steinernes Kreuz. Um dieses Kreuz, auf dessen Sockel die Jahreszahl 1899 steht, hat es eine besondere Bewandtnis. Die Geschichte des Kreuzes spiegelt das gemeindliche Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in unserem Ort. Dieses Kreuz erinnert daran, dass früher eine deutliche Kluft zwischen den Katholischen und den evangelischen Einwohnern unseres Heimatortes klaffte.

Altes Friedhofskreuz

Der älteste Dirminger Friedhof lag ehemals um die evangelische Kirche. Die Kirche wurde, wie bereits erwähnt, nach der Reformation im Jahre 1575 und dem darauffolgenden Frieden von Ryswyk von 1697 den Protestanten zugesprochen. Die Katholiken durften die Kirche mitbenutzen wobei die evangelische Kirchengemeinde den Friedhof um die Kirche als Eigentum betrachtete.

Nachdem die verstorbenen der katholischen Einwohner zunächst auf dem evangelischen Friedhof geduldet wurden mussten die Katholiken ab dem Jahre 1774 auf dem Friedhof in Urexweiler bestattet werden. Im Jahre 1894 beschloss der Dirminger Gemeinderat den Bau eines Zivilfriedhofes auf dem Distrikt „Bamert“ an der Straße zwischen Dirmingen und Eppelborn. Im Jahre 1896 wurde der Friedhof nach evangelischem Ritus vom damaligen Pfarrer Otto Bingel eingeweiht. Im Jahre 1899 richtete die katholischen Bürger Dirmingens ein Gesuch an den Gemeinderat um Überlassung eines Teiles des neuen Friedhofes. Die katholischen Mitbürger hatten, bis dahin, aufgrund der eigenen Bestattungsmodalitäten mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen und fühlten sich benachteiligt. Der Dirminger Gemeinderat entsprach dem Wunsch der katholischen Einwohner und bewilligte ihnen einen Viertel des neuen Friedhofes. So wurden etwa ab Mitte des Jahres 1899 die verstorbenen katholischen Einwohner auf dem zugewiesenen Teil des Friedhofes beigesetzt. Am 03.06.1899 wurde auf dieser zugewiesenen Fläche ein von dem Bildhauer Johann Naumann angefertigtes Friedhofskreuz aufgestellt. Die Katholiken hatten dieses Kreuz in Auftrag gegeben und bezahlt. Nach einem Einspruch der Protestanten und dem Bedenken der Trierer Bezirksregierung, die eine Problem damit hatte, dass der Friedhof nach konfessionellen Gesichtspunkten eingeteilt war wurde das Friedhofskreuz am 14. Juli 1900 im Auftrag der Ortspolizeibehörde in die Mitte des Friedhofes versetzt. Am 02. Februar wurde die erste Friedhofsordnung erlassen. Diese Ordnung sah vor, dass die Verstorbenen in der Reihenfolge des Todeseintrittes ohne konfessionelle Trennung beigesetzt werden sollen. Nach erneuten Meinungsverschiedenheiten von Mitgliedern beider Konfessionen versetzten die katholischen Einwohner das Kreuz an seine jetzige Stelle. Heute, über 120 Jahre später, erinnert das Kreuz immer noch an die damaligen Probleme zwischen Katholiken und Protestanten in unserem Ort.

Der jetzige Friedhof wurde im Jahre 1951 auf die Größe von 12000 qm erweitert. Im Jahre 2012 besitzt der Friedhof neben den üblichen Gräbern einige Urnenwände und ein Urnentiefengrabfeld. Die Geschichte unseres Friedhofes spiegelt also auch die Geschichte unseres Heimatortes und der Menschen, die dort lebten und leben wieder.

Die wahre Kirche besteht in der Erwählung und Berufung durch Gott (Martin Luther).

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