Meine Gedanken zum Barbaratag – Erinnerung an den Bergbau bewahren

Glück auf! Das Saarland und schließlich auch das Ruhrgebiet wurden auf Kohle erbaut. Die heimische Steinkohle hat unsere Region zu dem gemacht was es heute darstellt. Generationen von Bergleuten fanden in den saarländischen Gruben einen guten Arbeitsplatz. In Spitzenzeiten arbeiteten über 60.000 Menschen in den saarländischen Bergwerken. Im Ruhrgebiet waren sogar bis zu 600.000 Menschen in den Zechen beschäftigt. Die Steinkohle und das Saarland waren fast 260 Jahre lang untrennbar miteinander verbunden. Die heutigen Generationen können kaum noch einschätzen welche Bedeutung der Bergbau für unser Land hatte. Kohle und Stahl gaben unserem Land die Identität, die es heute noch trägt. Das Ende des Bergbaus im Saarland, am 30. Juni 2012, war für unser Land ein einschneidendes Erlebnis. Im Jahr 2018 ist nun endgültig Schluss mit dem Bergbau in Deutschland. Auch im Ruhrgebiet wurde die letzte Zeche stillgelegt.

Historisches Gebet der Bergleute: „Oh heilige Barbara, du edle Braut, mein Leib sei dir anvertraut, sowohl im Leben, als im Tod, komm mir zu Hilfe in der letzten Not.“

Die katholischen Christen gedenken am 4. Dezember 2017 der heiligen Barbara. Der Barbaratag gilt als Gedenktag für die christliche Märtyrerin Barbara von Nikomedien. Obwohl ihre Existenz historisch nicht belegt ist, hat sich ihre bewegende Geschichte bis heute gehalten. Der Überlieferung zufolge lebte Barbara als Tochter eines reichen Kaufmanns im 3. Jahrhundert in Nikomedien in der heutigen Türkei. Der heidnische Vater wollte Barbara gegen ihren Willen verheiraten. Die junge Frau hingegen wollte ihr Leben Christus widmen. Obwohl der Vater seine Tochter foltern ließ behielt Barbara ihren christlichen Glauben. Der Legende nach brachte ihr Vater Barbara vor Gericht und enthauptete sie schließlich eigenhändig. Für die katholische Kirche ist die heilige Barbara eine Märtyrerin, derer sie jedes Jahr am 4. Dezember, dem Barbaratag, gedenken. Aufgrund ihres starken Glaubens gilt die heilige Barbara auch als Schutzpatronin der Bergleute. Der Überlieferung zufolge suchte Barbara auf der Flucht vor ihrem Vater Schutz in einer Felsspalte, um sich zu verstecken. Der Felsen soll sich auf wundersame Weise vor ihr geöffnet haben. Auch die Überlieferung wonach Barbara in einem dunklen Turm eingesperrt und gefoltert wurde lässt auf eine Verbindung zu den Bergleuten und ihrer Arbeit unter Tage schließen. Der dunkle finstere Turm der heiligen Barbara auf der einen und der finstere dunkle Stollen der Bergleute auf der anderen Seite haben sicherlich etwas Gemeinsames.

Auch mein Heimatort Dirmingen ist letztlich auf Kohle und Stahl geboren. Ich selbst war letztlich 18 Jahre im Saarbergbau tätig. Ich erinnere mich, dass wir früher zum Barbaratag immer frei hatten und diesen Tag besonders feierten. Der Barbaratag wurde damals mit einem ökumenischen Gottesdienst und einer Feierstunde begangen. Obwohl es oftmals keine leichte Zeit war, bin ich heute doch sehr stolz ein Bergmann gewesen zu sein. Loyalität, Treue, Solidarität und Kameradschaft waren für den Bergmann selbstverständlich. Diese Eigenschaften gehen heute Zusehens verloren. Heute erfahre ich vielerorts Neid und Missgunst gegenüber den Bergleuten. Viele Mitmenschen beneiden den Bergmann wegen seiner frühzeitigen Pensionierung. Ich kann dies nicht ganz nachvollziehen! Die Arbeit eines Bergmanns unter Tage könnte man in seiner Intensität niemals bis zum 68 Lebensjahr vollziehen. Ich selbst habe während meiner Tätigkeit im Bergbau auch einmal in einem Streb gearbeitet. Ganz ehrlich: Es waren teilweise schlimme Arbeitsverhältnisse und unmögliche Begleiterscheinungen. Nein, der Beruf des Bergmanns war kein leichter!

Historisches Gebet der Bergmannskinder:“ Sankt Barbara, in jeder Nacht, fahr mit dem Vater in den Schacht! Steh du ihm bei in jeder Not, bewahr ihn vor dem jähen Tod.“

Wenn ich an meine Zeit „Unter Tage“ denke, erinnere ich mich an: Hitze, Staub, schwere Last, rauer Umgangston, schwer-verletzte und sogar Tote. Ich erinnere mich aber auch an: Schulterklopfen, Zuspruch, Ermutigung und Kameradschaft. Ich denke gerade am Barbaratag sollten wir Saarländer nicht nur der Schutzpatronin der Bergleute, sondern auch dem Berufsstand des Bergmannes selbst gedenken. Immerhin haben uns Kohle und Stahl zu dem gemacht, was wir heute noch sind! Ich erinnere mich daran, dass nach dem Ende des Bergbaus an der Saar der damalige SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Heiko Maas auf die „Wurzel der saarländischen Gesamtkultur“ verwies und die Fördertürme an der Saar als „Leuchttürme unserer Geschichte“ bezeichnete. Sind sie das wirklich?

Am Ende habe ich nicht das Gefühl, dass jeder gerne an den Bergbau zurückdenkt. Ich höre von Interessengemeinschaften und Bürgerinitiativen und ich höre von Klagen und einem nicht endenden Rechtsstreit wegen Grubenflutungen. Ist das am Ende alles was bleibt?  Was ist mit den Bergleuten, die diesem Land ihr Leben opferten? Sind die Ehre und der Stolz der Bergleute heute nichts mehr wert ? Ich denke wir gehen nicht sorgfältig genug mit dem Gedenken an den Bergbau um. Unser Land hat dem Bergbau vieles zu verdanken. Natürlich leben wir heute in anderen Zeiten und natürlich hat jeder zurecht die Möglichkeit für sein Recht zu klagen. Wenn ich mich bemühe kann ich alles verstehen und kann auch durchaus nachvollziehen, wie sich die Bergbau-betroffenen im westlichen Saarland, nach den vielen Erdstößen, fühlten.

Am Ende des Tages bleibt jedoch ein ungutes Gefühl. Ich glaube wir pflegen keine gute Erinnerungskultur und werden irgendwann den Bergmann vergessen. Die kommenden Generationen werden von dem Beruf des Bergmanns bestenfalls noch im Geschichtsunterricht erfahren. Es liegt auch an uns selbst dagegen einzuwirken. Mein Ur-Großvater, mein Großvater, mein Vater und ich selbst arbeiteten „Unter Tage“. Der Bergbau hat meine Familie ernährt und geprägt. Ich wünsche allen ehemaligen Bergleuten und allen Freunden einen besinnlichen Barbaratag und uns allen das Gedenken an den Bergbau. Glück auf !

St.-Barbara-Lied ( Komponiert von Peter Marx): 

O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. In den Gefahren wollt uns bewahren. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. Sei uns Erretter bei schlagend Wetter. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. Wollst uns erhalten, wenn Felsen spalten. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. Im letzten Streite steh‘ uns zur Seite. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara.

Ein Kommentar

  • Walter Meier

    Ja, genau so empfinde ich es auch. Auch ich war gute 8 Jahre Untertage. Es begann 1956 auf der Zeche Sterkrade. Damals nannten wir uns noch stolz Berglehrling.
    Nur dank der Einsamkeit meiner Mutter, die allein in einem Dorf in der Lüneburger Heide lebte,
    mußte ich letztlich dem von mir so geliebten Bergbau Ade sagen. Jedoch unserem Spruch.getreu,
    „Einmal Bergmann, immer Bergmann“, bin ich auch weiterhin dem Bergbau verbunden, indem ich
    Mitglied im Knappenverein bin.