Dirminger Kulturecke – Vom Büttel bis zum Schiedsmann

In der Dirminger Kulturecke erfahren Sie alles was sie schon immer über Dirmingen wissen wollten oder wissen sollten. Wussten Sie schon, dass es in Dirmingen seit 1891 nachweislich einen Schiedsmann gibt?

Schiedsleute begleiten ein Ehrenamt und bemühen sich darum, in strittigen Situationen zwischen beteiligten Parteien zu vermitteln oder zu schlichten. In der Regel begrenzt sich ihre Tätigkeit auf die Verhandlung alltäglicher bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten wie Nachbarschafts- oder Mietstreitigkeiten. Die Schiedsmänner oder Schiedsfrauen werden vom Ortsrat gewählt und anschließend vom zuständigen Amtsgericht verpflichtet. Das deutsche Strafrecht sieht vor, dass bei bestimmten Rechtsstreitigkeiten, zunächst der Schiedsmann kontaktiert werden muss. Erst wenn eine mögliche Verhandlung vor dem Schiedsmann erfolglos geblieben ist kann das zuständige Gericht angerufen werden. Der Schiedsmann oder die Schiedsfrau sollten über gute Orts-und Personenkenntnisse verfügen und mit der Mentalität der Einwohner vertraut sein.

Die Liste mit den bisherigen Schiedsleuten in Dirmingen ist lang. Der erste Schiedsmann in Dirmingen war der Ackerer Jakob Hell. Seine Amtszeit begann 1891 und endete im Jahre 1894, im Alter von 85 Jahren. Sein Nachfolger wurde im Jahre 1894 der Ackerer Paulus Valentin. Seit dem Jahre 1891 wird die Wahl des Schiedsmannes gepflegt und in regelmäßigen Abständen durchgeführt. In der Regel waren die Schiedsleute einfache Leute die meistens als Bauer, Bergmann oder Handwerker ihr Geld verdienten. Im Jahre 1945 erfolgte eine politische Überprüfung der Schiedsmänner. In Dirmingen wurde das Amt des Schiedsmannes bis in die heutige Zeit von Männern begleitet. Erst nach der Jahrtausendwende wurde mit Donata Schulz erstmals eine Frau als stellvertretende Schiedsfrau tätig. Am 21.06 2013 wurde der heutige Schiedsmann Stephan Brück vom Dirminger Ortsrat in sein Amt gewählt. Stephan Brück wurde vom zuständigen Direktor des Amtsgerichtes Ottweiler, mit Beschluss vom 25.07.2013, in seinem Amt als Schiedsmann bestätigt. Die Amtszeit einer Schiedsperson beträgt jeweils 5 Jahre. Als stellvertretender Schiedsmann fungiert derzeit Michael Polotzek.

Wenn man sich einmal die Geschichte des Schiedsamtes ansieht erkennt man die interessante Idee, die hinter diesem Ehrenamt steckt. Wie zu lesen ist, beantragten bereits im Jahre 1808 die preußischen Stände bei König Friedrich Wilhelm III die Ernennung einer Person die als Friedensrichter für bestimmte Bezirke einen Vergleichsversuch anstrebt, bevor die Angelegenheit vor Gericht gebracht wird. Wenn man so will, war dies eigentlich die Geburtsstunde des heutigen Schiedswesens. Für das deutsche Rechtswesen war diese Entwicklung durchaus ein historisches Ereignis. In Preußen wurde kurz darauf das Institut des Schiedsmanns eingerichtet. Dabei ging es den Herren nicht nur um eine Entlastung der auch damals schon überlasteten Gerichte, sondern vielmehr darum, dass die Prozesse vor dem Volke und nicht vor dem weitgehend entfremdeten Kabinettsjustiz stattfinden.

Im Jahre 1824 wurde eine weitere richtungsweisende Petition eingereicht. In diesem Schreiben forderte man unter anderem, dass unbesoldete Amtspersonen aus dem Volk gewählt oder bestimmt werden um als Schiedsrichter die notwendigen Prozesse zu vermeiden. Schon damals einigte man sich darauf, dass die Verhandlung vor dem Schiedsmann nur auf „ausdrücklichen Wunsch beider Parteien“ stattfinden. Schon im Mittelalter gab es Hilfspersonen, die der Gerichtsbarkeit behilflich waren.

Früher altes Gemeindehaus -Heute Büttelseck

Weit vor der Einführung einer Schiedsperson erfanden die Gerichte mit dem Büttel eine Amtsperson, die ihnen Tatkräftig zur Verfügung standen. Ein Büttel wurde von dem zuständigen Amtsherrn als Hilfsperson eingesetzt, um dienstfertig Befehle auszurichten. Die Büttel übten einfache Tätigkeiten aus, wie z.B das Tragen von Gerichtsakten oder das Aufhalten der Türen beim Eintreten der Richter in den Gerichtssaal. Manchmal waren es auch einfache Botengänge oder halt Schlichtungsversuche auf dem kleinen Dienstweg. In der Regel konnte ein Büttel aber auch als Gehilfen des Henkers eingesetzt werden. Allein diese Tatsache machte den Büttel nicht gerade beliebt. Letztlich wurden damaligen Handlanger auch zum Eintreiben von Steuern eingesetzt.

Was hat also der Büttel mit dem heutigen Schiedsmann zu tun? Eigentlich nicht viel. Zugegebenermaßen gibt es nur weniges was einen Büttel und einen Schiedsmann vereint. Am Ende ist es einzig die Tatsache, dass die Gerichte stets versuchten mit Hilfspersonen eine eigene Entlastung zu erreichen. In Dirmingen erinnert noch heute das „Büttelseck“ an diese Amtspersonen. Genau an der Stelle, an der einst das Rathaus der Gemeinde Dirmingen stand, wurde nach dem Abbruch des Gebäudes ein Erholungsplatz mit dem Namen „Büttelseck“ erschaffen. Der damalige Ortsvorsteher von Dirmingen, Hans Baltes, hatte sich zu seiner Amtszeit für die Fertigstellung eines solchen Erholung -und Gedenkplatzes stark eingesetzt. Heute befindet sich das „Büttelseck“ in keinem guten Zustand. Die Idee, einen Ort zu erschaffen der an die Gemeinde Dirmingen erinnert, ist überhaupt nicht schlecht. Schade nur, dass heute keiner mehr danach fragt und der Platz kaum noch gepflegt wird.