Geschichte der„Derminga“ Kappensitzung – „Faasend“ kann eine ernste Angelegenheit sein!

Ich habe mich einmal mit der Frage beschäftigt worin der Ursprung der närrischen Komiteesitzungen, der Prunksitzungen, der Galasitzungen oder auch der saarländischen Kappensitzungen liegt. Fastnacht hat immer auch etwas mit Heimat zu tun. Beim Karneval spielt der Dialekt und das Dorf – oder Stadtgeschehen eine wichtige Rolle. Was wäre eine Kappensitzung unseres KKV ohne die Dorftratscherei und das damit Verbundene lästern über die Dorfprominenz?

Dabei ist vor so einer Sitzung längst nicht alles locker und lustig. Fastnacht ist so ganz nebenbei auch eine ernste Angelegenheit. Für die vielen ehrenamtlichen Akteure in den Tanzformationen, Showgruppen oder auch in der Organisation ist das Feiern der Fastnacht mit großem zeitlichem Aufwand und viel Arbeit verbunden. Damit wir alle Fastnacht feiern können, müssen andere im Laufe des Jahres eine enorme Vorleistung erbringen. Die Durchführung einer Kappensitzung kostet nicht nur viel Geld, sondern auch großes ehrenamtliches Engagement und zudem ein dickes Nervensystem. Während des Jahres wird wöchentlich trainiert, beraten und getagt. Gerade in Dirmingen hat die Kappensitzung des KKV Dirmingen eine große Tradition. Die Sitzungen des Kolping Karnevalsverein Dirmingen werden mit viel Herzblut durchgeführt. Die „Faasebooze“ sind vollkommen zurecht Stolz auf ihre Galasitzungen.

Hesedenz Saal

Man muss schon positiv bekloppt sein, um eine Kappensitzung durchzuführen. Immerhin wird den zahlreichen Karnevalsvereinen heute sehr vieles abverlangt. Neben einem dicken Sicherheitskonzept muss zur Durchführung einer Kappensitzung so einiges finanziell gestemmt werden. Hallenkosten, Dekoration, Ausstattung der Akteure, Ausschankgenehmigung, Brandwache und nicht zuletzt auch noch die GEMA-Kosten liegen den Vereinen schwer auf der Tasche. Gut, dass es dennoch Menschen gibt, die unsere Fastnacht lieben, planen und feiern. Ich habe es an dieser Stelle schon öfter betont. Wenn wir in unserem Land oder unseren Gemeinden auch weiterhin daran interessiert sind, dass Vereine Traditionen pflegen und Kultur bewahren, müssen wir auch in der Politik dafür Sorge tragen, dass dies bezahlbar bleibt.

Elferrat

Aber worin liegt denn nun der Ursprung unserer heißgeliebten Kappensitzung? Der Urknall fand wieder mal im Rheinland statt. In Köln wurde im Jahre 1823 das „Festordnende Komitee“ gegründet. Dieses Komitee sollte der bis dahin chaotische Kölner Fastnacht einen neuen Leitfaden verordnen. Ursprünglich ging es bei der Gründung darum, einen neuen großen und perfekten Maskenzug auf die Beine zu stellen. Die Organisation dieses Karnevalszuges lag beim „Kleinen oder lustigen Rat“; alle zahlenden Mitglieder des Komitees bildeten den „Großen Rat“, der sich in den folgenden Jahren regelmäßig zu „Generalversammlungen“ traf. Im Jahre 1833 wurden diese Versammlungen erstmals als „Komiteesitzungen“ bezeichnet. Diese Sitzungen, deren Hauptzweck der Vorbereitung des Karnevalszuges diente, begannen am Neujahrstag bzw. am Dreikönigstag und fanden bis zum Fastnachtssonntag jeden Sonntag von sechs bis zehn Uhr abends statt. Es gab Musik, Getränke, ernste und humorvolle Reden und einen von Räten umgebenen Präsidenten sowie Ordensverleihungen. Im Jahre 1827 wurde der Brauchtum eingeführt, dass alle im Rat die gleichen Kappen tragen. Gemäß dem Motto: „Gleiche Brüder, gleiche Kappen!“ Daneben entwickelten sich große Bälle. Der buchstäbliche Funke sprang vom Rheinland rüber bis an die Saar. Aus diesem Grunde könnte diese Zeit auch als die Gründerjahre unserer heutigen Kappensitzungen angesehen werden.

„Schöner Harry“

Die Tradition der Büttenreden stammt ebenfalls aus dem 19.Jahrhundert, als die französischen Besatzer den Menschen westlich des Rheins politische Aktionen untersagten. Deshalb trafen sich die Rheinländer zu heimlichen Versammlungen, um sich trotzdem kritisch und humorvoll über politische Entwicklungen auszutauschen. Dieser Fastnachtsbrauchtum hat sich bis heute etabliert. Ein Büttenredner darf über Alles und Jedes schimpfen. Auch der Beginn der närrischen fünften Jahreszeit am 11.11. um 11:11 Uhr entstammt dem 19. Jahrhundert. Die Narrenzahl Elf eignete sich besonders, da zu damaliger Zeit jeder als Narr bezeichnet wurde, der Gottes Zehn Gebote übertrat. Auch der Elfer-Rat, das Organisationskomitee in zahlreichen Karnevalsvereinen, steht in Verbindung mit der Zahl Elf.

Im Saarland waren zunächst nur die Maskenbälle sehr beliebt. Ende der 1940er- und in den frühen 1950er-Jahren gründeten sich in verschiedenen saarländischen Städten und Gemeinden die ersten Karnevalsvereine. Im Jahre 1952 wurde auf einer Tagung in Merzig der „Verband Saarländischer Karnevalsvereine„ gegründet. In der Regel werden Karnevalssitzungen oder Kappensitzungen von Karnevalsvereinen oder einem Festkomitee durchgeführt. Bis vor wenigen Jahren war es das Ziel der großen Kölner Karnevalsvereine, möglichst viele Formen der Karnevalssitzungen für möglichst viele Zielgruppen anzubieten. Ratzfatz entstanden Kindersitzung, Seniorensitzung, Volkssitzung, Damensitzung, Mädchensitzung, Herrensitzung, Kostümsitzung und Prunksitzung. Im Saarland hält man bis heute liebend gerne an seiner guten alten Kappensitzung fest. In unserem beschaulichen Dörfchen kann man mit gutem Recht behaupten, dass die Kappensitzungen des KKV Dirmingen einen gewissen Kult-Faktor besitzen. Besonders Stolz ist man in Dirmingen auf seine Garde. Mit seiner Garde verfügt der KKV über ein echtes Faustpfand. Jedes Jahr begeistern die „Määre“ mit neuen Choreographien und atemberaubender Akrobatik. Basierend auf einer vorbildlichen Kindr und Jugendarbeit werden die Mädchen Schritt für Schritt herangeführt und ausgebildet. Auch meine beiden Mädels tanzen mittlerweile in der Show- und Funkengarde des KKV. Seit Kindesbeinen stehen sie nun auf der KKV-Bühne und berühren mich jedes Jahr auf Neue. Aus kleinen Tanzmäusen wurden bezaubernde Gardemädchen. Der jährliche Funkentanz ist meine ganz persönliche Sessionseröffnung. Viele der Mädchen kenne und schätze ich seit ihrer frühsten Kindheit. Jedes Jahr führt mir unsere Garde eindrucksvoll vor Augen wie schnell die Zeit vergeht.

Der Stolz des KKV

Anfang der 1950-ger Jahre versuchte der Heimat und Verkehrsverein Dirmingen unter der Leitung seines Vorstandsmitgliedes Hans Müll, die Dirminger Fastnacht mit Kappensitzungen, Umzügen und Fastnachtsdienstagmarkt wieder zu beleben. In drei aufeinanderfolgenden Jahren wurde ein Prinzenpaar gewählt. Die ersten Kappensitzungen und Fastnachtsumzüge am Fastnachtsdienstag waren schon damals gut besucht. Mit der Zeit schwand das Interesse des Heimat -und Verkehrsvereins Dirmingen an der Aufwertung des Fastnachtsbrauchtums. Es mussten neue Kräfte gefunden werden die sich um die Durchführung des fastnächtlichen Brauchtums kümmerten.

Mit der Gründung der Kolpingfamilie Dirmingen bekam das fastnächtliche Treiben wieder einen neuen Schwung. Im Jahre 1955 veranstaltete die Kolpingfamilie ihren ersten Maskenball im Hesedenz-Saal.  Mit dieser Auftaktveranstaltung setzte die Kolpingsfamilie sofort große Maßstäbe. Ohne großen technischen Schnickschnack entwickelte sich die Fastnacht in Dirmingen zu einer festen Größe. Nach diesem großartigen Auftakterfolg ließ die erste Kappensitzung nicht lange auf sich warten. Unter der Regie zahlreicher “Faasebooze” und des damaligen Sitzungspräsidenten Edmund Jochum wurde närrische Geschichte geschrieben. Bis zu diesem historischen ersten Maskenball im „Hesednez- Saal“ fand die “Derminga Faasend” überwiegend in Gaststätten statt.

Im Jahre 1977 wurden die Kappensitzungen der Kolpingfamilie in die Dirminger Borrwieshalle verlegt. Bei der Bevölkerung stieß diese Umsiedlung zunächst nicht auf große Begeisterung. Dennoch wurden die Kappensitzungen in den folgenden Jahren mit viel Erfolg durchgeführt. Im Jahre 2003 wurde der heutige Kolping Karnevalsverein als Untergruppierung der Kolpingsfamilie gegründet. Der KKV Dirmingen hat seitdem die Aufgabe das fastnächtliche Brauchtum aktiv zu unterstützten und umzusetzen. Bis zum heutigen Tag gelingt dies in beeindruckender Art und Weise. Unser KKV überrascht mich jedes Jahr aufs Neue. In beeindruckender Art und Weise wird Hand in Hand auf das große Ziel hingearbeitet. Auch wenn die Fastnacht manchmal eine ernste Angelegenheit sein kann, wird sie bis heute ausgiebig in Dirmingen gefeiert. Gut so ! Auf die Derminga Faasend ein kräftiges Hoppla Hopp