Vom Kolonialwarenladen zum Discounter – Von der Sehnsucht nach einer neuen Einkaufsmöglichkeit
Ich kann mich noch gut erinnern, wenn an der Tür die Glocke klingelte, hatte das etwas einladend Heimisches. Die früheren Kolonialwarenläden waren mit ihrem nostalgischen Einkaufscharme eine lokale Kommunikations- und Informationsstätte.
Als kleiner Junge schickten mich meine Eltern öfter zum Einkaufen. Dies war, im Gegensatz zu heute, kein Problem. Der nächste Kolonialwarenhandel war direkt in meiner Straße, praktisch vor der Haustür. Heute ist das undenkbar! In den meisten saarländischen Kommunen befindet sich nicht einmal mehr ein Bäcker oder Metzger. Auf dem Land wird der Weg zum Einkaufen immer länger und aufwendiger. Die großen Discounter locken mit geringeren Kosten mit Schnäppchenpreisen. Die etwas teureren Dorfläden wurden somit in den letzten Jahren zusehends unter Druck gesetzt. Die Fachleute gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren noch mehr Menschen ihre Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe verlieren werden.
Früher gab es fast an jeder zweiten Ecke einen kleinen »Tante-Emma-Laden«. Für die Menschen bedeutete dies eine enorme Erleichterung. In meiner Straße der „Herrengärten“ befand sich ebenfalls einer dieser Kolonialwarenläden. In der Zeit von 1957 bis 1977 führte dort Ida Gordner, zusammen mit ihrer Tochter Gretel Maue, einen sogenannten „Tante-Emma Laden“.
Nach dem Tode ihres Ehegatten Albert Gordner, im November 1956, war sie aufgrund ihrer nur kleinen Rente gezwungen ihr Einkommen, durch die Leitung ihres Geschäftes, zu erhöhen.
Nach einer abgeschlossenen Umschulung war sie berechtigt ein Lebensmittelgeschäft zu führen.
Ida Gordner war eine warmherzige und gutmütige Frau und suchte immer den Dialog zu ihren Kunden. Genau diese Eigenschaft geht heute im Zeitalter des Discounters verloren. Besonders im ländlichen Raum dienten die «Tante-Emma-Läden« der Nahversorgung mit Lebensmitteln. Viele Menschen waren früher von diesen Kolonialwarenladen abhängig.
Nicht jeder war mobil und im Besitz eines eigenen PKWs. Heute bestimmen die Groß-Discounter den Markt. Natürlich hat auch dies seine Vorzüge.
Der kleine Laden in den „Herrengärten“ wurde im Jahre 1977 geschlossen. Ida Gordner verstarb am 11.11.1994. Aus meiner Sicht verstarb mit ihr ein Mitglied einer besonderen Generation. Heute wünscht man sich sehr oft einen kleinen »Tante-Emma-Laden« zurück.
Dem ländlichen Raum gehen zusehends Einkaufsmöglichkeiten verloren. Mit der Schließung des Discounters „Nah und Gut“ musste unser Dorf einen schmerzhaften Verlust hinnehmen. Vor kurzem schloss zudem unsere letzte einheimische Bäckerei, für immer, ihre Pforten.
Generationen wuchsen praktisch mit den Brötchen dieser kleinen, aber feinen, Bäckerei auf.
Dies hat nun ein Ende und ein weiteres Kapitel Dirminger Geschichte wurde beendet. Natürlich sind wir froh darüber, dass wir noch eine weitere Bäckerei in Dirmingen haben. Für unsere Bevölkerung gibt es jedoch immer weniger Möglichkeiten. Man muss heute schon froh sein, wenn man überhaupt noch Geschäfte in seinem Dorf vorfindet.
An dieser Stelle sollten wir uns alle auch einmal selbstkritisch hinterfragen. Haben wir die vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten ausreichend genutzt? Haben wir nicht zu oft den Weg zum nächsten Discounter gewählt? Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten.
Neben dem Kolonialwarenladen von Ida Gornder, gab es in Dirmingen weitere bekannte „Tante Emma-Läden“. In der heutigen Mozartstrasse z.B war der Kolonialwarenladen „Böttcher“ ansässig. Außerdem gab es weitere Läden im Mühlbach, in der heutigen Urexweilerstrasse und auf dem Hundsberg u.s.w. Auch die Läden „Härtel“ oder „Schwammbach“ waren bei der Bevölkerung sehr beliebt.
Im Laufe der Jahre wurden viele Läden geöffnet und nach einiger Zeit wieder geschlossen.
In diesen „Tante- Emma-Läden“ fanden die Einheimischen alles was Sie zum Leben benötigten: Brötchen, Milch, frisches Obst, Gemüse, Wurst, Seife, Waschpulver oder Getränke. Heute denkt man mit Wehmut an diese Zeit zurück. Es ist nun mal so wie es ist!
In anderen Ortschaften geht man mittlerweile wieder „Back to the Roots“ und versucht durch Bürgerinitiativen oder Genossenschaften eine Selbstversorgung zu gewährleisten. Die Bemühungen um eine neue Verkaufsstätte in unserem Dorf laufen auf Hochtouren. Gerade für die älteren Menschen wäre ein neues Geschäft dringend von Nöten. Aufgrund seiner vorhandenen Infrastruktur ist Dirmingen für Gewerbetreibende kein schlechtes Pflaster.
Ich habe davon gehört, dass ein großer Discounter Interesse geäußert hätte, eine Filiale in Dirmingen zu eröffnen. Obwohl noch einige Details geklärt werden müssen, wäre diese Entwicklung natürlich zu begrüßen. Natürlich müssen vorher einige Fragen beantwortet werden. Die Frage: Wer baut wann, was, wohin? Stellt sich natürlich jedem echten Dirminger. Geredet wird viel und keiner weiß genaueres! Ob es tatsächlich in naher Zukunft eine neue Einkaufsquelle in Dirmingen gibt, steht noch in den Sternen. Ich wünsche mir trotz allen Hürden, einen offenen und fairen Dialog. Schuldzuweisungen bringen am Ende keinem etwas.
Ich gehe mal davon aus, dass jeder der in diesem Dorf lebt etwas Gutes für die Bevölkerung bewirken möchte. In diesem Fall sollten wir alle parteiübergreifend die Kräfte mobilisieren. Wir alle sollten die zwischenmenschlichen Beziehungen hintenanstellen und zusehen, dass wir wieder eine neue Einkaufsmöglichkeit für unser Dorf schaffen.