Vom „Poschdehaus“ zur Dorfbäckerei – Jedes Haus erzählt seine eigene Geschichte
Wenn ich manchmal durch unsere Straßen schlendere beschäftige ich mich gerne mit der Frage, wie es wohl früher in unserem Dörfchen ausgesehen mag. Schon alleine aus diesem Grunde, liegt mir die Geschichte unseres Dorfes so sehr am Herzen. Was war früher, wer lebte hier und wie sah es wohl einst in unserem Dörfchen aus ?!?
Fakt ist, nach dem zweiten Weltkrieg hat sich das Ortsbild unseres Heimatortes maßgeblich verändert. Dirmingen gehörte zu den meistgeschädigten Landgemeinden im Kreis Ottweiler. Etliche Häuser waren zerstört oder zumindest stark beschädigt. Die Feldwege waren in einem desolaten Zustand. Die Strom – und Wasserversorgung war kaum noch gewährleistet und die Ortsdurchfahrt hatte diesen Namen eigentlich nicht verdient. Nach einigen aufopferungsvollen und arbeitsreichen Jahren konnte die Fertigstellung der Ortsdurchfahrt, der heutigen L 112 und die Bachregulierung – Einmündung Alsbach in die Illbach „Zu den Biesen“ am 11. 11. 1951 mit einem großen Fest im Saal Heintz-John gefeiert werden. Die zuständigen Firmen mussten aufgrund großen Arbeitskräftemangels auf die Hilfe der Bevölkerung zurückgreifen. Alte Ruinen wurden gebrochen und die sehr schmale Ortsdurchfahrt wurde breiter ausgebaut. Bis zu diesem Zeitpunkt war es kaum möglich, dass zwei Fahrzeuge zeitgleich die Hauptstraße passierten.
Im Rahmen dieser Arbeiten wurde durch die Gemeinde Dirmingen und den Landkreis Ottweiler eine Flurbereinigung in Angriff genommen. Dazu gehörte auch, dass einige Bauernhöfe aus der Ortsmitte an den Ortsrand verlegt wurden. Im Laufe der Zeit entstanden im Kreis Ottweiler 42 Aussiedlerhöfe. Die Höfe bekamen neues Land und dazu eine Hof nahe Weideflächen zugesprochen. Die alten, historischen Höfe in der Ortsmitte hingegen mussten der Straßenerweiterung weichen. Zu den bekanntesten „Opfern“ gehörten die Anwesen „Veltes“, „Schwähns“ oder auch „Karls“. Die uralten Gebäude, wurden abgebrochen und mussten dem Fortschritt weichen.
Das ehemalige Bauerndorf Dirmingen verfügte einst über viele wunderschöne Gebäude. Die meisten davon kennen wir heute nur noch aus Erzählungen, alten Bildern oder aus unserer Dorfchronik. Das Alte vergeht und das Neue nimmt seinen Platz ein !! So ist das Leben. Einige ehrwürdige Bauten blieben uns jedoch gottlob erhalten. Dazu gehört unter anderem „Beegels“, „Maarsche-Haus“ oder auch das altehrwürdige evangelische Pfarrhaus. Auch der Nachfolgebau des alten „Post-Hauses“ in der Ortsmitte gehört zu diesen beeindruckenden Gebäuden. Heute befindet sich in diesem Gebäude unsere Dorfbäckerei. Zuvor konnte man dort im Gasthaus „Alte Post“ oder „Marktschenke“ ein kühles Blondes genießen. Wenn ich mich manchmal, bei einer Tasse Kaffee, umblicke erinnere ich mich gerne an die guten alten Zeiten. Dort wo heute Tischgarnituren stehen und Menschen ihre Backwaren genießen, befand sich einst die Theke der „Alten Post“. Ganz früher, vor meiner Zeit, war die Post im Vorgängerbau dieses Gebäudes untergebracht. Das Postwesen in Dirmingen geht auf eine 130-jährige Geschichte zurück. Am 01.Juni 1885 wurde in Dirmingen die erste Postagentur eingerichtet. Bis zum 31.Juli 1904 verwaltete der einheimische Ackerer Peter Guthörl die erste Dirminger Post. Das vorhandene Postwesen wurde im Laufe der Jahre ständig verbessert. Im Jahre 1896 wurden im Saarland erstmals Fahrräder zur Verteilung der Post eingesetzt. Die erste Fernsprechstelle in den Posträumen wurden vermutlich am 30.August 1900 eingerichtet. Das Dirminger Postwesen unterstand bis zum 31.März 1909 dem Postamt Illingen. Danach kamen weitere Änderungen zum Tragen wobei die Dirminger Postagentur am 31.August 1909 dem selbständigen Postamt Eppelborn unterstellt wurde. Was mag sich hier an dieser Stelle alles abgespielt haben ? Nachweislich erhielt die Frau des „Poschdevaters“ in diesem Gebäude die Nachricht, dass der 1. Weltkrieg begonnen hätte. Der „Poschdevatter“ leitete bis zum 30.November 1935 ,im eigenen Anwesen in der Ortsmitte, die Postagentur. Der „Poschdevatter“ Johann Nikloaus Heintz war in Dirmingen eine anerkannte Persönlichkeit. Die Post galt schon damals als zentrale Anlaufstelle und die Inhaber einer Postagentur waren meistens die ersten, die irgendwelche Neuigkeiten erfuhren. Johann Nikolaus Heintz verstarb am 04.Dezember 1941 im Alter von fast 90.Jahren.
Der evangelische Pfarrer Brandt hatte das alte „Poschde-Haus“ damals erbauen lassen. Als das Gebäude abgerissen wurde, entstand am gleichem Ort ein neues Gebäude mit Gastwirtschaft, Verkaufsräumen und Wohnungen. Genau in diesem Gebäude befindet sich heute unsere Dorfbäckerei. Ironie des Schicksals, auch heute erfährt man genau in diesem Gebäude die Neuigkeiten des Tages.
Die weitere Geschichte des Postwesen ist schnell erzählt: Vom 01.Dezember 1935 bis zum 15.April 1954 leitete der Dirminger Kaufmann Otto Schwammbach die Poststelle in Dirmingen. Im zweiten Weltkrieg wurde die Poststelle im Hause Schwammbach zerstört. Die evangelische Volksschule in der Urexweilerstrasse diente kurzzeitig als neuer Geschäftsraum. Im Jahre 1954 übernahm der Postbetriebsleiter Heinrich Guthörl das neue Dirminger Postamt in der Guthörl’schen Mühle, auf dem Gelände des heutigen Zentrums „Alte Mühle“. Mit dem Ausscheiden des Postbetriebsleiters Heinrich Guthörl übernahmen Bedienstete der Deutschen Bundespost die Aufgaben des Zweigpostamtes Dirmingen. In der Zeit vom 22.Juli 1957 bis zum 21.November 1959 wurde die Post im früheren Dirminger Gemeindehaus untergebracht. Am 24.November 1964 wurde die Post in das Untergeschoss des neuen evangelischen Gemeindehauses verlegt. Später in de 1990-er Jahren bekam die Poststelle ihre Heimat in den Geschäftsräumen von „Schreiben und Schenken“ Seibert /Gordner in der Ortsmitte. Vor zwei Jahren wurde die Post in den Geschäftsräumen von Reifen & KFZ Handel Müller untergebracht. Demnächst findet die Post eine neue Heimat beim Getränkehandel Babu. Gut, dass es in Dirmingen noch eine Poststelle gibt.
Jedes einzelne Haus berichtet von den Menschen und den Ereignissen in unserem Dorf. Die Geschichte des alten „Poschde-Hauses“ und seines Nachfolgebaus dient hier nur als Beispiel und ist dennoch eng verbunden mit der Entwicklung unserer Ortsmitte. Ganz leicht könnte man an dieser Stelle über viele weitere historische Bauten berichten. Eine Aufgabe wäre es, die vorhandenen historischen Gebäude sinnvoll zu erhalten und in die Entwicklung des Ortskerns einfließen zu lassen. Bleibt die Frage, wer die Rechnung bezahlt ? Naja, träumen wird man ja noch dürfen, orra ?