Zum Barbaratag 2022 – Was wir vom Bergmann lernen können !

Einmal Bergmann immer Bergmann! Im Jahre 2001 habe ich diesen Berufstand den Rücken gekehrt. Mir ist dieser Schritt damals nicht leichtgefallen. Ausschlaggebend war wohl die drohende Gefahr eines Wohnortswechsels verbunden mit einem Arbeitsplatzwechsel. Gerade jüngere Bergleute wurden damals verstärkt nach Ibbenbüren oder in den Ruhrpott verlegt. Am 30. Juni 2012 wurde das Kapitel Saar-Bergbau endgültig geschlossen. Heute, zehn Jahre nach dem Ende des Bergbaus stellt man sich die Frage: Was wurde aus den vielen Bergleuten und wie bewahren wir uns eine gewisse Erinnerungskultur? Mittlerweile gibt es die ersten Generationen, die ohne den Bergbau aufwachsen.

Einmal Bergmann, immer Bergmann. Ich glaube, an diesem Satz ist tatsächlich etwas dran. In Zeiten menschlicher Verrohung und mangelnder Solidarität, könnten wir uns alle ein Stück vom guten alten Bergmann abschneiden. Wir sollten uns ein Beispiel an diesem ehrwürdigen Berufsstand nehmen und könnten am Ende so viel lernen.

Nationalität, Glaube oder Hautfarbe spielte unter Tage keine Rolle. Bergleute waren unter Tage aufeinander angewiesen. Daraus entwickelte sich eine besondere Beziehung. Kameradschaft, Zusammenhalt und Miteinander spielten eine gewichtige Rolle. Man bückte sich für den anderen und half ohne Aufforderung. Nach der Arbeit sahen wir alle gleich aus. Schwarz, dreckig, stinkend, verschwitzt und müde.  

Überall im Land findet man noch heute die alten Fördertürme des Saar-Bergbaus. Die Fördertürme dieses Landes sind zu stählernen Zeitzeugen geworden und erinnern uns an eine längst vergangene Zeit. Dabei hat jeder einzelne Saarländer seine ureigene Verbindung und seine ganz persönliche Geschichte zum Bergbau. In den 1960-er und 1970-er Jahren war jeder zweite Saarländer auf irgendeine Weise mit dem Bergbau verbunden. Meine Großväter waren über Generationen im Bergbau tätig und auch mein Vater verdiente „Unter Tage“ sein Brot. Meine Ausbildung zum Bergmann habe ich bis heute nie bereut. Ja, ich bin tatsächlich stolz darauf diesen Beruf ausgeübt zu haben. Zuhause war ich auf den Anlagen Duhamel, Camphausen und Ensdorf (Nordschacht). Im Jahre 2001 schloss sich auch für mich persönlich das Kapitel Bergbau.

Mehr als 250 Jahre prägte der Bergbau unser Heimatland. Was ist davongeblieben? Wenn ich an den Bergmann denke, fällt mir sofort das Wörtchen Ehre ein! Unter Tage fragte man nicht danach, was man davon hat. Unter Tage hat man sich gegenseitig unterstützt und getragen. Solidarität und Kameradschaft. Wo findet man heutzutage noch eine solche Bindung zwischen zwei Arbeitnehmern?

Nein, im Bergbau war wahrhaftig nicht alles Gold was glänzt. Natürlich wurden auch in diesem Bereich große Fehler begangen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass wir die Erinnerung an diesen Berufsstand bewahren. Unser Land wurde auf Kohle und Stahl erschaffen! Unser Wohlstand basiert auf Kohle und Stahl.

Was können wir von den Bergleuten lernen? Ich denke in erster Linie die Herzlichkeit und die große Solidarität. Unter Tage wurde niemand fallen gelassen oder im Stich gelassen. Unter Tage gab es ein unbeschreibliches WIR-Gefühl. Ich glaube, diese Solidarität wurde uns Bergleuten in den Lehrjahren eingebeult. Genau diese Solidarität und das Wir-Gefühl fehlt uns heute in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Wir reichen uns zu selten die Hand und suchen viel zu oft unseren eigenen Profit. Keine Frage, unter Tage herrschte ein rauer Umgangston. Das Ganze hatte jedoch nichts mit Verunglimpfung, Diffamierung oder Fremdenhass zu tun. Der Bergmann war hart, aber auch herzlich.

Lasst uns von den Bergleuten lernen und üben wir mehr Miteinander, Menschlichkeit, Kameradschaft und Zusammenhalt. Heute, in Zeiten des Klimawandels reden viele davon, dass der Bergbau unserem Planeten mehr geschadet als gedient hat. Wenn man sich die Probleme dieser Welt genauer betrachtet, mag durchaus etwas daran sein. Dennoch glaube ich ganz fest daran, dass ein bisschen Bergmann jedem von uns gut stehen würde !

Noch heute hat der Barbaratag einen besonderen Platz in meinem Kalender. Als Bergmann mussten wir am 4. Dezember nicht einfahren. An diesem Tag wurde der Namenstag der Schutzpatronin der Bergleute, der heiligen Barbara, gefiert. Nicht nur an diesem Tag erinnere ich mich lebend gerne an meine Zeit als Bergmann zurück. Wir dürfen nicht aufhören von den Bergleuten zu erzählen. In unseren Geschichten lebt die Erinnerung an den Bergbau weiter. Wenn wir nicht mehr davon sprechen, berichten oder erzählen werden wir alle irgendwann vergessen.

Ich wünsche euch allen einen besinnlichen Barbaratag!

Glück auf!

Einfahrtsgebet

Wir richten, eh’ wir niederfahren, Den Blick, o Gott empor zu dir. O woll uns, Herr, getreu bewahren, Laß wiederkehren uns nach hier.

Schließ auf den Stollen Deiner Liebe, Den finsteren Schacht, in dem wir bauen. Schirm uns vor Ort und im Betriebe, Laß fromm und treu uns Dir vertrauen.

Herr, segne Streben, Schacht und Stollen, Bewahr uns vor Flut und Brand. Herr, dem wir treu gehören wollen, Du hast die Welt in Deiner Hand.

Glück auf !