Vom historischen „Kläse Haus“ zum alten „Hähloch“

„Was zuvor unerhörtes Elend über das arme Volk ergangen,kann ich nicht denken, dass mir nicht dafür graue. Denn ich selbsten in Stätt , Flecken und Dörfern komme, da man nicht ein Haus gefunden, darin nicht vor Hunger verschmachtete tote Körper gelegen. Ja, ich hab gesehen, dass die Leute vor Hunger nicht allein allerhand unnatürliche Speisen und sich untereinander selbst gefressen, sondern rasend worden, wie die unvernünftigen Tier die Sprach verloren.“

Mit diesem Schreiben vom 26.November 1641 informierte Graf Johann von Saarbrücken seinen Kaiser über das Leben der Menschen in seiner Grafschaft.

„Kläse Keller“ Heute

Am Ende des dreißigjährigen Krieges gab es kaum noch Leben in den einzelnen Dörfern. In Dirmingen lebten nachweislich noch 6 Menschen. In unserem Nachbarort Eppelborn wohnte nach Angaben der zuständigen Behörden nur noch eine ältere Frau. Heute weiß man, dass die wüsten, leeren Dörfer, von denen historische Quellen berichten, in vielen Fällen nur vorübergehende unbewohnt waren. Viele Bewohner waren vor den anrückenden Heeren in die befestigten Städte oder in die Wälder geflüchtet und kehrten zu einem späteren Zeitpunkt zurück. Fälschlicherweise wurden damals in die Gesamtsumme der Kriegsopfer auch die Opfer der damaligen großen Epidemien wie z.B die Pest eingerechnet. Die meisten Menschen starben nicht von der Hand der Soldaten oder „marodierenden Landsknechten“ sondern an Typhus, Grippe oder Pest. Hunger und elende Lebensbedingungen hatten dazu beigetragen, dass die meisten Ansteckungskrankheiten tödlich verliefen. Natürlich gab es auch gerade in den Dörfern Raub, Plünderungen, Vergewaltigungen sowie Mord und Totschlag. Ganze Heere auf der Suche nach Nahrung verwüsteten und plünderten das Land.

Alle Hauser und Stallungen auf dem Land waren in der Regel aus Holz gebaut und mit Stroh gedeckt. Wenn bei einem Angriff ein Strohdach angezündet wurde, brannte meistens das ganze Dorf ab. Kirchen waren die einzigen Steinbauten. Gemauerte Kirchen, Bauernhäuser und Pfarrhäuser hatten gute Chancen zu überstehen. Die steinernen Bauten brannten eben schlecht. Im Saarland waren vor der fast flächendeckenden Zerstörung des 30jährigen Krieges überwiegend Streuhöfe zu finden. Auf einem Gelände standen das Haus und die Stallungen. Außerdem gab es weitere Gebäude die als Scheune, Fruchtspeicher und Keller genutzt wurden. Die seit dieser Zeit noch strohgedeckten, in Fachwerkbauweise vorhandenen Gebäude wurden Zug um Zug durch Steinbauten ersetzt.

Weihnachtsbaumverkauf vor dem Keller

Das in den frühen 1960-ger Jahren abgebrochene historische „Kläse Haus“ dürfte eines der letzten Zeitzeugen aus dieser Epoche gewesen sein. In vorliegenden Quellen wird davon berichtet, dass das alte “Kläse-Haus“ zum Zeitpunkt des Abrisses über 400 Jahre lang in der Ortsmitte stand. Im Volksmund entstand ein Mythos, der sich bis heute gehalten hat. Obwohl heute nur noch der alte Gewölbekeller existiert, ist die Geschichte des ehemaligen “Kläse-Hauses“ eng mit der Geschichte unseres Heimatortes verbunden. Der heutige „Kläse Keller“ ist das letzte was an das alte „Kläse Haus“ erinnert. Früher diente der Keller als “Hähloch“ und in Kriegszeiten als “Luftschutzkeller“. Heute dient der historische „Kläse-Keller“ dem Kulturverein Dirmingen zu diversen kulturellen Zwecken. Im „Kläse-Keller“ wird das „Kerwe-Lisje“ wachgeküsst, werden Weihnachtsbäume verkauft oder werden kleinere Feierlichkeiten durchgeführt. Gerade im zweiten Weltkrieg diente der Keller als Luftschutzraum. Dieser Luftschutzraum diente jedoch in erster Linie der psychologischen Beruhigung der Menschen. Bei einem tatsächlichen direkten Treffer hätte der Keller wohl kaum geholfen.

Vor den beiden Weltkriegen und besonders in den vorigen Jahrhunderten wurde der „Kläse-Keller“ als sogenanntes „Hähloch“ genutzt. In einem vorliegenden Zeitungsartikel wird darauf hingewiesen, dass Keller dazu diente Wertgegenstände und Lebensmittel zu verstecken. In den Bericht steht geschrieben:“ Dieser Bergkeller hinter dem uralten Bauernhaus war, wie man heute noch zu sagen pflegt ,ein“Hähloch“,d.h ein Versteckraum für Kriegs-und Notzeiten der letzten Jahrhunderte“. Weiter heißt es: “Besonders der 30 jährige Krieg von 1618-1648 zwang die Bevölkerung dazu, notwendiges Lebensgut und Wertsachen vor plünderten Kriegshorden zu verstecken.“ Auch heute noch werden vielerorts nach dem Abbruch alter Häuser solche “Hählöcher“ entdeckt. Manchmal findet man dort wertvolle Gegenstände oder sogar Geld. Zu Kriegszeiten wurde die Bevölkerung gezwungen eigene Verstecke und Schutzräume zu errichten. Nach dem Krieg mussten alle Luftschutzstollen auf Befehl unbrauchbar gemacht werden. Vielerorts sind dennoch alte Spuren und Hinweise auf alte „Hählöcher oder Luftschutzräume vorhanden.

Ausgrabung des „Kerwe-Lisjes“

Der Dirminger“Kläse-Keller“, als ehemaliges „Hähloch“, hat sich bis heute erhalten. Das Wort „Hähloch“ entstammt der saarländischen Mundart wobei ich noch nicht wirklich dahintergekommen bin, woher das Wörtchen genau kommt. Sei’s drum, der „Kläse Keller“ ist Kult. Irgendwie ist der Keller die Wiege der Dirminger Kultur. Wiederum ist es dem Engagement vieler ehrenamtlicher Einheimischer zu verdanken, dass sich der Keller in einem guten Zustand befindet.

Bald wird in Dirmingen „Kerb“ gefeiert. Für alle Besucher ist dies wieder eine Gelegenheit, die Magie des alten historischen „Kläse Keller“ zu erleben.

Ein Kommentar

  • Was verbindet mich mit dem „Kläse-Haus“?
    Mütterlicherseits stammen meine Vorfahren aus dem Gebiet zwischen Glan und Nahe, von Beruf Bauern oder Handwerker, meist beides zugleich. Entgegen aller Tradition wurde mein Großvater Lehrer. Er heiratete die älteste Tochter eines Bauern aus der Winterhauch. Seine erste und einzige Lehrerstelle trat er an der evangelischen Volksschule zu Dirmingen an. Nachdem ihm seine Frau zwei Mädchen geboren hatte, starb er an übergangener Lungenentzündung. So war meine Großmutter gezwungen durch Bügel- und Plättarbeiten den Unterhalt für sich und ihre Kinder zu sichern. Die Pension reichte gerade einmal für die Miete in dem alten „Kläse-Haus“. Nebenbei hat sie auf dem Grundstück am Render mit unter vielen Entbehrungen eine Doppelhaushälfte gebaut.

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