Vom Fasten, Klimawandel und Umweltverschmutzung – Trendwende oder nichts mehr als eine Modeerscheinung?

„Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt“. Matthäus 6:16 

Als Protestant habe ich eigentlich nur wenig Berührungspunkte mit dem Fasten. Bei den „Evangelen“ steht das Fasten eigentlich nicht auf der Tagesordnung. Ich habe einmal gelesen, dass Martin Luther die Vorstellung ablehnte, dass Verzicht und Askese als gute Werke vor der Hölle bewahren. Fasten hat er persönlich wohl nie als religiöse Pflicht angesehen. Er empfiehlt jedoch das Fasten „als eine feine äußerliche Zucht“ – aber eben nicht als Weg zum Heil. Mit der Reformation wurden die strengen Regeln des Fastens infrage gestellt. Wer in der Fastenzeit auf etwas verzichtet, darf daher nach protestantischem Verständnis selbst entscheiden, was ihm gut tut. Im Grundsatz ist das schon mal ganz okay für mich, denn Regeln und Befehle sind mir ein Grauen.

Einkehr, Umkehr, Besinnung oder Selbstfindung. Eine Zeitlang auf das Gewohnte zu verzichten ist mehr als eine alte Tradition. Viele Christen gedenken in den Wochen von Aschermittwoch bis Karfreitag an das Leiden und Sterben Jesu Christi. Die Vorbereitung auf das Osterfest begehen viele Christen mit der Fastenzeit. Ich frage mich schon lange ob das bei vielen Christen aus tiefster Überzeugung geschieht oder eher eine Modeerscheinung darstellt. Eigentlich hat Martin Luther recht: Im Alten Testament verlangte Gott von den Israeliten, am Sühnetag zu fasten. Diese Forderung schaffte er jedoch ab, als durch Jesus ein für alle Mal die Sünden reumütiger Menschen gesühnt wurden (Hebräer 9:24-26; 1. Petrus 3:18). Christen stehen nicht unter dem mosaischen Gesetz, zu dem der Sühnetag gehörte (Römer 10:4; Kolosser 2:13, 14). Daher kann jeder Christ selbst entscheiden, ob er fastet oder nicht (Römer 14:1-4). Ich bin zwar kein Theologe, aber soviel ich weiß oder gelesen habe, gibt es in der Bibel kaum irgendwelche Hinweise darauf, dass es unter den ersten Christen üblich war zu Fasten.

Für viele Menschen spielt der christliche Hintergrund sowieso keine gewichtige Rolle. Ich habe mittlerweile den Eindruck gewonnen, dass die Menschen eher aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen fasten. Das Fasten ist in den letzten Jahren zusehends in Mode gekommen. Heute geht es kaum noch um Seelenheil.  Bestenfalls nutzen einige Zeitgenossen die Fastenzeit zur Einkehr, der Umkehr und Besinnung. Das Fasten von irgendwelchen weltlichen Dingen ist ebenfalls sehr stark in die Mode geraten. Mittlerweile zelebrieren die Menschen u.a das Autofasten, Fernsehfasten, Plastikfasten oder sogar Stromfasten. Die Fantasie kennt dabei keine Grenzen. Ich denke ein Verzicht auf irgendwelche sündhaften oder ungesunden Lebensmittel oder Gewohnheiten kann nicht schaden. Dies aber nur in einer gewissen vorgeschriebenen Fastenzeit zu tun, finde ich nicht gut. Es sollte aus Überzeugung geschehen und von jedem selbst nach eigener Einschätzung in Erwägung gezogen werden. Nur etwas zu machen, weil es gerade angesagt ist, finde ich ohnehin nicht so großartig.

Die Bibel lehrt nicht, dass das Fasten irgendeinen Vorteil hinsichtlich der eigenen Erlösung bringt. Stattdessen verweist das Neue Testament darauf, dass Fasten und Buße in einer Weise getan werden sollten, die nicht auf uns aufmerksam machen.

„Wenn ihr aber fastet, (so) seht nicht düster aus wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn (schon) empfangen. Du aber, wenn du fastest, (so) salbe dein Haupt und wasche dir das Gesicht, damit du nicht den Menschen als Fastender erscheinst, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten“ (Matthäus 6,16-18).

Zugegebenermaßen bin auch ich längst schon auf den Zug gesprungen. In den letzten Jahren ertappe ich mich mehr und mehr dabei, die Fastenzeit zu nutzen, um auf diverse Nahrungsmittel zu verzichten. In diesem Jahr soll es bei mir der Zucker sein. Gesagt, getan ich ziehe das durch und auch mein kleiner Sohn hat sich vorgenommen bis Ostern auf Nutella zu verzichten. Ich denke schaden kann nicht, oder? Ein Problem habe ich jedoch mit dem Vortäuschen falscher Tatsachen. Nein, wir müssen nicht fasten, um zu unserem Gott oder zu uns selbst zu finden.

Um zu verdeutlichen was ich denke möchte ich an dieser Stelle ein ganz anderes Beispiel benutzen. Jedes Jahr im Frühjahr loben Politik, Gesellschaften und Organisationen den jährlichen Picobello-Tag. Einmal im Jahr rennen die Leute durch Wald, Straßen und Parks, um die Umwelt von Unrat und Müll zu befreien. Grundsätzlich finde ich das gut und auch ich mache da immer sehr gerne mit! Auf der anderen Seite frage ich mich, warum wir dieses Verhalten lediglich an einem Tag im Jahr zeigen. Warum machen wir nur einmal im Jahr Picobello ? Eigentlich sollte jeder von uns täglich seinen Picobello-Tag durchführen. Wenn wir nicht alle sehr bald damit beginnen unsere Umwelt zu schonen, werden die kommenden Generationen darunter leiden. Von daher finde ich die Aktionen der kleinen Greta Thunberg aus Schweden einfach großartig. Mittlerweile haben sich auch im Saarland Schülerinnen und Schüler aufgemacht, um freitags die Schule ausfallen zu lassen, um sich für das Weltklima einzusetzen. Damit man mich nicht falsch versteht: Nein, ich finde es nicht gut, wenn Kinder die Schule sausen lassen. Ich finde es aber gut, dass sich Kinder Gedanken über ihre Zukunft machen. Mittlerweile wird die Aktion immer mehr auch von diversen Schulleitungen geduldet und mitgetragen.

Nein. Der Kampf gegen den Klimawandel sollte nicht nur Freitags stattfinden, der Kampf gegen Umweltverschmutzung sollte nicht nur am Picobello-Tag durchgeführt werden und der Weg zu Gott sollte nicht nur in der Fastenzeit begangen werden.

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