Gedanken zum Reformationstag- Das Kreuz mit dem Kreuz – Von Doppelmoral in unserer Gesellschaft

Herr, fange bei mir an. Herr, erwecke Deine Kirche und fange bei mir an. Herr, baue Deine Gemeinde und fange bei mir an. Herr, lass Frieden und Gotteserkenntnis überall auf Erden kommen und fange bei mir an. Herr, bringe Deine Liebe und Wahrheit zu allen Menschen und fange bei mir an. Amen

Gebet eines chinesischen Christen

Aus meiner Sicht herrscht in unserer Gesellschaft eine gewissen Doppelmoral. Von Fremden fordern wir, dass sie sich schnellstens integrieren um dann anschließend selbst den Kirchenaustritt einzureichen. Allein diese Tatsache spiegelt den Stand der Dinge in unserem christlichen Abendland. Wenn wir möchten, dass Fremde unsere Traditionen und unsere Kultur annehmen, müssen wir selbst wieder lernen diese vorzuleben. Die Anzahl der Kirchenaustritte steigt stetig wobei die Gründe hierfür vielschichtig sind. Manche ziehen ihre Konsequenz aus den Missbrauchsskandalen, andere aus den zu hohen Kirchensteuern und wiederum andere sind mit dem Bodenpersonal des „Lieben Gott“ nicht zufrieden. Man kann es drehen wie man möchte, der „Liebe Gott“ trägt für diese Dinge keine Verantwortung. Der Mensch schafft sich wiedermal seine Probleme selbst. Wenn wir es nicht schaffen, den Kindern unsere Werte und unsere Kultur näher-zubringen, wird bald nicht mehr viel davon übrig sein.

Herzlich Willkommen ?

Viele Menschen tragen wieder ein Kreuz an der Halskette oder lassen sich sogar ein solches tätowieren. Das Kreuz scheint ausgerechnet in diesen schwierigen Zeiten wieder in Mode geraten zu sein. In der Schmuckbranche hingegen hat das Kreuz seit vielen Jahrzehnten einen festen Platz. Irgendwie scheint das christliche Symbol nichts von seiner Anziehungskraft verloren zu haben. Wächst mit dem Bezug zum Kreuz in diesen schwierigen Zeiten der Glaube an die eigene Kultur und das damit verbundene Christentum? Ich glaube eher nicht. Ich befürchte es handelt sich um nichts anderes als eine regelmäßig auftretende Modeerscheinung. Schade! Ich habe gelesen, dass ein Kreuz bei den Menschen ein Bedürfnis nach etwas Beständigem hervorruft. Neben seiner religiösen Bedeutung steht das Kreuz für etwas Besonders oder Geheimnisvolles. Kurioserweise fühlen sich viele Träger eines Kreuzes beschützt, ohne dass Sie dabei jedoch praktizierende Christen sind. Seltsam, verstehe einer die Menschen. Ich befürchte, dass das Tragen eines Schmuckkreuzes unserer Kirche keineswegs weiterhilft. Irgendein Fußballer hat vor ein paar Jahren damit angefangen sich vor dem Einlaufen oder nach einem Torerfolg zu bekreuzigen. Wenn alle Fußballer, die sich heute auf dem Spielfeld bekreuzigen bekennende Christen wären, würde es den beiden Kirchen deutlich besser gehen.

Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz und nicht nur mit dem Symbol, sondern auch mit den Konfessionen. Nicht genug damit, dass es immer noch eine Kluft zwischen Evangelischen und Katholischen Christen gibt. Wir evangelische Christen haben auch genug mit unserem eigenen Weg zu tun. Die Evangelischen Christen in Deutschland bezeichnen sich selbst in der Tradition der Reformation als „evangelisch“ und nicht als „protestantisch“. Dabei gibt es bei uns Evangelischen viele Varianten. Da gibt die traditionellen „lutherisch Evangelischen, die „reformierten Evangelischen“, evangelisch-frei-kirchlichen, evangelisch-methodistisch, Alt-evangelisch Taufgesinnte, unierte Evangelische Kirche oder Evangelische Freie Gemeinde. Es gibt also viele Möglichkeiten oder Kirchen, in denen man seinen Glauben leben kann. Ganz interessant finde ich die Evangelische reformierte Kirche. Kein Kreuz, keine Bilder, keine Kerzen, kurzum ganz schlicht. Die Reformierten halten sich fest an das zweite Gebot: Du sollst dir kein Bildnis machen noch irgendein Gleichnis. Darum gibt es bei den „reformierten“ kein Kreuz, keine Bilder, keine Kerzen oder andere Symbole. Eine Kirche oder ein Gottesdienstraum ist für Reformierte ein Ort wie jeder andere. Nichts zum anbeten? Kein Kreuz, keine Statur, kein Bildnis? Irgendwie ein schöner Gedanke. Ganz allein der Glaube an Gott steht im Mittelpunkt. Können wir Menschen damit umgehen? Ich sehe es an mir selbst, ich trage ein Kreuz an der Halskette und sehe auch gerne während des sonntäglichen Gottesdienstes das Kruzifix in unserer evangelischen Kirche an. Dabei hat die reformierte Kirche doch gar nicht so unrecht, oder?

Auf dem richtigen Weg ?

Es hilft alles nichts, wir brauchen einen neuen Kurs. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet halt zum Berg kommen oder besser noch, wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche gehen, muss die Kirche auf die Menschen zugehen. Ich erinnere mich an die letzte Synode unseres Kirchenkreises. Während dieser Veranstaltung wurde uns das Projekt „Fresh x- Kirche. Erfrischend. Vielfältig“ vorgestellt. Fresh X ist eine neue Form von Gemeinde in unserer neuen verändernden Kultur. Die neue Form der Gemeinde wird mit Menschen gegründet und auf den Weg gebracht. Dabei handelt es sich ausschließlich um Menschen, die noch keinen Bezug zu Kirche oder einer Gemeinde haben. Fresh X steht für eine ergänzende Ausdrucksformen von Kirche. Diese geht davon aus, dass Gott überall am Werk ist, auch dort, wo Menschen keinen Bezug zu Kirche haben. Deshalb geht diese Form der Kirche dorthin wo es wehtut und Kirche keine Lobby hat. Konkret entstehen diese Gemeindeinitiativen in sozialen Brennpunkten, Jugendzentren oder generell an Orten wo sich Menschen aufhalten. Die Menschen bekommen auf eine neue Art und Weise Einblicke in das Leben von Christen. Alltägliche Begegnungen, Small Talk, geistliche Angebote, Konzerte, Arbeitsgruppen oder auch Dinge, die rein gar nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben, sollen die Kirche den Menschen näherbringen. Irgendwann entsteht somit eine andere Form von Gemeinde oder eine neue Ausdrucksform von Kirche. Diese neue Form von Gemeinde ist immer wieder selbst herausgefordert sich zu hinterfragen. Die Gemeinschaften, die auf diesem Weg entstehen, haben das Potential unserer Kirche eine neue Gestalt zu verleihen. Wenn ich mir so die sozialen Medien ansehen scheint sich unser Volk nach der Kirche zu sehnen. Ich lese: „Unsere Kultur, unsere Werte, unsere Gesetze und unser Land“. Ok, dass war jetzt doch eher sarkastisch gemeint. Aber es stimmt schon irgendwie, wir legen Wert auf unsere christlichen Werte und kennen oder leben sie selbst nicht aus. Traurig aber wahr!

Unsere Kirche muss und wird sich verändern. Ich hoffe nur, dass wir auf diesem Weg auch die Kirche im Dorf lassen. Aufgrund der Tatsache, dass es immer weniger Kirchenmitglieder gibt, werden viele Gotteshäuser nicht mehr gebraucht. Zuerst verlassen Geschäfte und Nahversorger unser Dorf und am Ende gehen auch die Kirchen. Was bleibt am Ende von unserer Dorfkultur. Nach Schätzungen der Behörden werden in den kommenden Jahren ca. 30 Prozent der Kirchengebäude nicht mehr gebraucht. Eine Kultur schafft sich ab! Viele Kirchen haben eine emotionale Bedeutung für ein Dorf. Auch in Dirmingen ist dies in beiden vorhandenen Konfessionen der Fall. Hinzu kommt, dass viele Kirchen unter Denkmalschutz stehen und die Kirchengemeinden viel Geld kosten. Wie können also die Kirchengemeinden, die Kommunen und die Bevölkerung mit dieser Entwicklung umgehen? Man stelle sich vor, dass in unserem Dorf eine der beiden Kirchen geschlossen und umgewidmet würden. Welche kulturellen Bauten gibt es dann noch in unserem Ort? Immer mehr Kirchen werden umgewidmet und erhalten eine andere Bestimmung. Dabei prägen gerade unsere Kirchen die deutsche und europäische Landschaft. Ganz oft handelt es sich um historisch bedeutsame Gebäude und Bauten. Wie können unsere Kirchen diesen Charakter behalten, wenn sie nicht mehr für einen Gottesdienst benötigt werden?

Wer hört noch genau hin ?

Die Evangelische Kirche empfiehlt Gemeinden in einer aktuellen Studie, offen über den Fortbestand des Sonntaggottesdienstes nachzudenken. Völlig überraschend ist dieser Vorstoß keineswegs. Der sonntägliche 10:00 Uhr Gottesdienst stößt immer weniger auf Interesse. Schaffen wir mit diesem Gedanken auch unsere eigene Identität ab? Ich erinnere mich an meine Kinderzeit. Mein Vater nahm mich in regelmäßigen Abständen immer wieder zum Sonntaggottesdienst mit. Später erlebte ich viele schöne Stunden im Kindergottesdienst. Heute rufen solche Veranstaltungen kaum noch Jubelstürme bei den Kids hervor. Man bekommt immer das, was man verdient. Besser gesagt: Die Kinder zeigen uns praktisch auf, was wir Sie lernen: Desinteresse am Glauben und an der Kirche!

Für viele Menschen ist der traditionelle Sonntagsgottesdienst nicht mehr attraktiv. Angesichts schwindender personeller und finanzieller Ressourcen wird flächendeckend über den Fortbestand dieser Gottesdienstform diskutiert. Etwa 740.000 Menschen besuchen nach Angaben der EKD im Schnitt in Deutschland jeden Sonntag einen evangelischen Gottesdienst. Das entspricht etwa drei Prozent der Evangelischen Christen in Deutschland. Diese Quote hält sich seit Jahrzehnten auf diesem Niveau und wird bei der katholischen Kirche nur unwesentlich besser oder schlechter sein. Müssen die Menschen also zukünftig beim sonntagsmorgenfrühstück auf das Glockengeläut der Dorfkirche verzichten? In unserer Kirche wächst die Bedeutung anlassbezogener und besonderer Gottesdienste. Fakt ist: Wir müssen es den Menschen leichter machen, einen Gottesdienst zu besuchen. Gottesdienste müssen kürzer, spannender und attraktiver gemacht werden.

Sollte man nun also den Sonntagsmorgengottesdienst abschaffen oder ändern? Irgendwie gehört diese Form des christlichen Glaubens auch zu unserer Dorfkultur. Was ist also zu tun? Wir müssen den Finger auf den Puls der Zeit legen und Dinge verändern. Wenn wir die Kirche im Dorf lassen möchten, müssen wir neue Wege gehen. Wir müssen uns den Menschen anpassen und attraktive Angebote machen.  Der Zustand der Kirchen in unserem Land ist besorgniserregend aber keineswegs hoffnungslos. Wir müssen nur die Zeichen der Zeit erkennen, aufstehen und uns bewegen. Letztens habe ich gelesen, dass unsere evangelische Kirche im Saarland eine stärkere Kooperation mit der Landesregierung anstrebt. Dabei soll geprüft werden, inwieweit eine Zusammenarbeit in ländlichen Regionen Sinn macht. In erster Linie wird hier auch an die gemeinsame Nutzung von Gebäuden gedacht. Aus Sicht der Kirche wird es zukünftig nicht mehr gelingen, alle freiwerdenden Pfarrerstellen wiederzubesetzen. Die evangelische Kirche will deshalb in Zukunft noch stärker Ehrenamtler in die Seelsorge und den Gemeindedienst einbinden.

Es herrscht Leere in den Gotteshäusern dieses Landes. Die Zahl der ungenutzten Kirchen in Deutschland steigt stetig. Die Entscheidung über Umnutzung, Verkauf oder Abriss erfordert Fingerspitzengefühl. Ganz oft hängen gerade an Dorfkirchen große Emotionen. Wenn Kirchen nicht mehr für den Gottesdienst gebraucht werden, erhalten viele ein zweites Leben in einer neuen Funktion. Immer mehr evangelische Gemeinden in Deutschland müssen sich mit der Zukunft ihrer Kirchengebäude beschäftigen. Aufgrund der Tatsache, dass es immer weniger Mitglieder gibt, bleibt manchmal nur die Entscheidung einer Entwidmung, also die Aufgabe als sakrales Gebäude. Nach Ansicht von Experten wird das Problem ungenutzter und leerstehender Kirchen in den kommenden Jahrzehnten größer werden. Viele Kirchen wirken auf Menschen identitätsstiftend. Das gilt auch für diejenigen Zeitgenossen, die sonst wenig mit der Kirche zu tun haben. Dabei prägen viele Kirchen Gleichzeitig das Erscheinungsbild von Städten und Dörfern.

Ich finde die ganze Thematik hat eine gewisse Doppelmoral. Wir werden unsere eigene Identität nicht damit halten können, wenn wir die eigenen Kirchen schließen. Wir können nicht Wasser predigen und Wein trinken. Was können wir also tun? Einfach so weitermachen bis nichts mehr geht? Manchmal muss es wehtun bevor es gut werden kann. Ich glaube die beiden Kirchen in unserem Land sind längst noch nicht am Ziel angekommen. Weitere schmerzhafte Einwirkungen werden folgen. Der Mensch wird erst dann wach, wenn es ihn selbst betrifft oder wenn er in Gefahr schwebt. Scheint als wäre die Gefahr im christlichen Abendland noch nicht groß genug.

Prost auf die Reformation !

Am Reformationstag dem 31. Oktober erinnern Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation durch den Thesenanschlag von Martin Luther. Mit seiner Kritik hat Luther die Kirche verändert. Veränderungen sind gut, aus Veränderungen wird Geschichte geschrieben. Der Reformationstag ist kein bundesweiter Feiertag. Die evangelischen Kirchen feiern diese Tag jedoch mit Festgottesdiensten. Der diesjährige Reformationstag steht unter dem Motto „Reformation neu feiern“. Die Begeisterung für dieses Fest hält sich bundesweit in Grenzen. Vielmehr schielen wir wiederum auf andere Brauchtümer. Anstatt unseren Kindern die eigenen Werte und Sitten beizubringen lehren wir sie lieber das Fürchten. Ich bin da keineswegs besser als die anderen und habe meine Kinder auch immer erlaubt „Halloween“ zu feiern. Warum? Ich denke in erster Linie aus Bequemlichkeit.  Das Wort „Halloween“ jedenfalls geht auf das Wort „All Hallows‘ Eve“ zurück. Gemeint ist praktisch der Tag vor Allerheiligen. Früher wurde „Halloween“ nur in katholisch gebliebenen Gebieten der britischen Inseln gefeiert. Heute ist der „Boom“ um „Halloween“ kaum noch aufzuhalten. Der Sage nach war Jack O´ Latern durch eine List aus der Hölle entkommen, als er aber in den Himmel kam, war die Tür dort für ihn verschlossen. Jack war verdammt, ewig zwischen Hölle und Himmel zu wandern. Er war unterwegs mit einer Kerze in einer ausgehöhlten Rübe. Daher kommt der Brauch, Fratzen-Kürbisse auszuschneiden und zu beleuchten.

Eine gewisse Doppelmoral erleben wir also auch am Reformationstag oder zu „Halloween“. Wir nehmen uns das Recht heraus fremde Feiertage mehr zu feiern als die eigenen. Kann man so machen, muss man aber nicht so machen! Wie können wir dieser irrwitzigen bösen Phantasiewelt entkommen. Neulich habe ich im Netz einen interessanten Bibelvers gefunden. Kurioserweise steht diese, man glaubt es nicht, unter Psalm 31,10 und lautet: „HERR, sei mir gnädig, denn mir ist angst! Mein Auge ist trübe geworden vor Gram, matt meine Seele und mein Leib.“ Das witzige an diesem Bibelvers ist der Zusatz: „Ich habe etwas gegen Angst. -Gott“ Wenn Glauben so einfach wäre, würde uns vieles leichter fallen. Ich wünsche mir für die Kirchen in unserem Land den Mut sich der eigenen Vergangenheit zu stellen und den Mut Veränderungen anzustreben. 

Auf Wiedersehen ?

Im Jahre 1529 schreib Martin Luther das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“. Dieses Kirchenlied ist für den Protestantismus von großer Symbolkraft und gilt bis heute als so etwas ähnliches wie die Hymne der Reformation. Mit etwas Fantasie hat der Text auch heute noch kaum an Bedeutung verloren:

Eine feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen., Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind mit Ernst er’s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.

Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren; es streit’ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muss er behalten.

Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt, tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht’: ein Wörtlein kann ihn fällen.

Ein feste Burg ist unser Gott – Martin Luther im Jahre 1529

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