Von den historischen „Dirminger Bauerntagen“ zum kulturellen Wandel unserer Zeit

Dirmingen wurde nach dem 30-jährigen Krieg zu einem wohlhabenden Bauerndorf. Durch seine zahlreichen Höfe, dem Mühlenbetrieb und die damit aufstrebende Infrastruktur konnte man in Dirmingen gut Leben. Neben den vielen Landwirtschaftsbetrieben gab es zahlreiche Bergmannsbauern und Kleingärtner. Die Landwirtschaft brachte Wohlstand und Zufriedenheit. Die beiden großen Weltkriege brachten diese Strukturen ins Wanken wobei man sich in Dirmingen immer wieder aufrichtete und weitermachte. Natürlich wurde schon damals nicht nur gearbeitet, sondern auch nach guter saarländischer Manier „gut gess „und gefeiert. Dafür brauchten die Menschen nicht viel um ihre Feste zu feiern. Wichtig war das alle Leute zusammenkamen und man für ein paar Stunden die Arbeit vergessen konnte.

Meistens genügte eine Festwiese mit frisch gezapften Bier, Rostwürste und Musik. Die Leute gingen zum Tanz und machten die Nacht zum Tag. Zu den traditionsreichen Dorffesten, Maibaumsetzen oder Kirmes kam das ganze Dorf zusammen und jeder musste mitmachen. Die Durchführung von Festen wurde gemeinsam und zunächst ohne Dachorganisation durchgeführt. Die Männer erledigten die Aufbauarbeiten und die Frauen kümmerten sich um das Essen. Das Miteinander wurde gepflegt und gelebt. Die Dorfgemeinschaft hatte etwas familiäres. Besonders in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurde diesbezüglich das Leben gefeiert. Niemals zuvor wurden so viele Vereine gegründet wie zu dieser Zeit. Von Sportvereinen über Schützenvereinen bis hin zu Turnvereinen oder Bauernvereinen. Sogar Ziegenvereine wurden ins Leben gerufen. Das Angebot war riesengroß und unermesslich. Männergesangsvereine, Theatervereine, Obst- und Gartenbauvereine und zahlreiche kleinere Gruppen wurden gegründet. Hinzu kamen zahlreiche kirchlichen Vereine, Gruppen und Kreise. Die Menschen kamen zusammen, um gemeinsam das Leben zu genießen.

Nach dem zweiten Weltkrieg lag unser Land und natürlich auch unser Dorf in Trümmern. Die Besatzungsmächte machten es den Neugründungen oder einer Fortführung eines Vereins nicht leicht. Harte Genehmigungsverfahren oder die Festsetzung eines Vorstandes hemmten das Vereinsleben an der Saar. Es wurden sogenannte Omni-Vereine gegründet die als Dachgemeinschaft die großen Vereine leiteten und führten. Nur langsam setzte sich die Normalität ein und die Menschen nahmen wieder Stück für Stück die eigene Verantwortung in die Hand.

Am 14.Mai 1949 veranstaltete der damalige Verkehrsverein der Kulturgemeinschaft Dirmingen, einem Vorläufer des heutigen eingetragenen Vereins, eine Versammlung. Diese Mitgliederversammlung war meldepflichtig und musste damals von den Besatzungsmächten genehmigt werden. Im Mittelpunkt dieser Versammlung stand die Gründung einer neuen Sparte „Verkehr- und Verschönerung“. Diese Sparte legte den Grundstein für den späteren Heimat- und Verkehrsverein. In erster Linie ging es den damaligen Verantwortlichen darum, die durch die Kriegswirren in Dirmingen entstandenen Schäden zu beheben und unser Dorf nachhaltig zu verschönern. Die Verbreitung der Hauptstraße und die Beseitigung zurückgebliebener Ruinen lagen der neuen Sparte ebenfalls am Herzen. Dirmingen gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zu einer der meist-geschädigten Landgemeinden. Es gab also allerhand zu tun. In der angesetzten Versammlung wurde also folgender Zweck beschossen:“ Zweck des Vereins ist die Hebung und Förderung der verkehrlichen, sportlichen und landwirtschaftlichen Belangen, sowie aller der Gemeinde dienenden Interessen bei engster Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen und Organisationen sowie der Gemeindeverwaltung“. Aus meiner Sicht hat sich das Interesse und der Zweck des damals gegründeten Vereins bis heute nur unwesentlich verändert. Einzig die sportlichen und verkehrstechnischen Belange fanden später keine Berücksichtigung mehr. Im Jahre 1953 löste sich die Sparte aus der Kulturgemeinschaft Dirmingen und wurde in „Heimat- und Verkehrsverein Dirmingen umbenannt.

In der damals eingeräumten Mitgliederversammlung beschloss der neugegründete Verein noch im Jahre 1949 ein großes Erntedankfest und im Jahre 1950 eine Handwerksausstellung durchzuführen. Die vorgesehene Erntedankfeier wurde unter dem Motto: „Bauerntage in Dirmingen“ beworben. Im Jahre 1949 wurde somit eines der größten Dorffeste unseres Heimatortes organisiert und durchgeführt. Diese ersten „Dirminger Bauerntage“ waren legendär und haben sich über viele Jahrzehnte bis heute in das Gedächtnis der Dirminger verankert. Die Hingabe und Einsatzbereitschaft der Dorfgemeinschaft zu diesem Fest war grandios und kaum zu überbieten. An drei Festtagen wurde beeindruckendes auf die Beine gestellt. Im ganzen Landkreis Ottweiler feierte man damals diese „Dirminger Bauerntage“ als echtes Markenzeichen.

Die Bauerntage wurden in der Zeit vom 14.bis zum 19.09.1949 durchgeführt. Als Protektor dieses Volksfestes fungierte der damalige Landwirtschaftsminister Dr. Franz Singer. Alle örtlichen Bauern und der Obst- und Gartenbauverein beteiligten sich an diesem Fest. Neben einer Obst- und Gemüseausstellung und zahlreichen Tanzveranstaltungen wurde ein großer Festzug am Festsonntag organisiert. Dieser Festumzug sucht bis heute seinesgleichen. Aus allen Nachbargemeinden wurden prachtvolle Festwagen geschickt. Auch die Kreisstadt Ottweiler und die Kreissparkasse Ottweiler nahmen an diesem Umzug teil. Vor dem Anwesen Höll wurde eigens eine Tribüne für geladene Gäste aufgebaut. Eine Jury beurteilte die zahlreichen Festzugsteilnehmer und prämierte diese anschließend. Bei wunderbarem Wetter fanden sogenannte Erntebällen in den Sälen der alteingesessenen Gaststätten Schneider, Heintz-John, und Hessedenz statt. Montags erfolgte der Viehauftrieb der Landwirte im Landkreis Ottweiler zur Prämierung. Mit einem bunten Bauernball endeten die ersten Bauerntage in Dirmingen.

Vom 13- 15. September 1952 wurden die zweiten Dirminger Bauerntage durchgeführt. Das Programm ähnelte sehr stark der ersten Veranstaltung. Zusätzlich wurden damals eine Kreisstutenschau und eine Nutzvieh-Prämierung durchgeführt. Im Rahmen dieser zweiten Bauerntage stand auch das Thema Flurbereinigungen auf der Agenda. Der damalige Verein „Verkehr und Verschönerung“ setzte sich enorm für eine dringend notwendige Flurbereinigung in Dirmingen ein. Im Jahre 1953 wurde ein entsprechender Umlagebeschluss für die Gemarkung Dirmingen verabschiedet. Aus meiner Sicht basiert das spätere Dirminger Volksfest auf der Grundlage dieser historischen Bauerntage in Dirmingen. Nie zuvor gelang es unserer Dorfgemeinschaft eine größere Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Natürlich wurden mit den Jahren immer größere Maßstäbe gesetzt. Gerne denken wir an die 700- Jahrfeier Dirmingens oder die vielen wunderbaren Volksfeste die zunächst vom Vereinsring und später von unserem Kulturverein Dirmingen organisiert wurden.

Während man heute bei der Planung eines großen Dorffestes immer größer werdende Hürden nehmen muss, war früher so manches einfacher. In der Dorfgemeinschaft war man irgendwie dazu „verpflichtet“ mitzumachen und anzupacken. Das war einfach so und wurde auch von jedem mitgetragen. Die Frauen kümmerten sich um das Essen und die Männer verrichteten die Auf- und Abbauarbeiten. Dienstleistungen wurden zudem von allen Dorfbewohnern übernommen. Dieser gute Brauch hat sich eigentlich recht lange gehalten. Ich kann mich an meine Kinderzeit in den 1970-gern erinnern. Auch da war es so, dass die Männer das Festzelt aufbauten und sich alle zum gemeinsamen Mittagessen einfanden. Heute ist das ganze etwas schwieriger zu handhaben wobei sich der Kulturverein Dirmingen beste Mühe gibt und sehr viel für unser Dorf leistet. Die Zeiten haben sich geändert und somit auch unsere Einstellung. Große Dorffeste sind längst nicht mehr in Mode. Heute plant man große Events und Konzerte. Mit einem Festumzug bekommt man schon lange nicht mehr die Leute auf die Straße. Schade !

Auf der Jagd nach den schönsten Momenten und den tollsten Erlebnissen gehören Volksfeste längst nicht mehr zu dem Highlight. Jedoch bestätigen wie immer Ausnahmen die Regel. Das „Park- und Strandfest“ im vergangenen Jahr hatte zumindest einen Hauch von den alten längst vergessenen Dorffesten. Bleibt zu wünschen, dass wir alle wieder versuchen „Back tot he Roots“ zu gehen. Dabei liegt es jedoch keineswegs nur an den ausrichtenden Vereinen. Nein ! Wir alle sind in der Verantwortung unsere Feste zu unterstützen. Beim „Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt“ funktioniert das schon mal ganz gut.

In Dirmingen verfügen wir also über zwei kulturell ausgerichtete Vereine. Auf der einen Seite der „Heimat-und Verkehrsverein Dirmingen“ der wahrlich große Verdienste mit sich trägt und auf der anderen Seite der Kulturverein Dirmingen der gerade die letzten 20 Jahre eindrucksvoll geprägt hat. Was trennt diese beiden Vereine voneinander? Natürlich hat jeder Verein so einiges erreicht und kann zurecht stolz auf seine Errungenschaften sein. Mittlerweile ist die Altersstruktur beim „Heimat-und Verkehrsverein“ steigend wobei man längst nicht mehr in der Lage alles zu leisten. Dabei mangelt es den Verantwortlichen des Heimat- und Verkehrsvereins keineswegs an Ideen. Angesichts der aktuellen Situation wäre es längst an der Zeit die Kräfte zu bündeln. Die erworbenen Erkenntnisse und Erfahrungen dürfen den jüngeren Generationen niemals verloren gehen. Stellt sich die Frage: Wie stellen wir es an ? Grundsätzlich verfügt unser Dorf bezüglich kultureller Angelegenheit über ein großes Potential. Es wäre an der Zeit diese zu vereinen und zu fördern. Wer macht den ersten Schritt und wie soll das aussehen?

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