Was unsere Dorfgemeinschaft von den historischen Bauerntagen in Dirmingen heute noch lernen kann!

Sommerzeit, Ferienzeit! Überall ausgelassen Stimmung und entspannte Gesichter. Der Geruch von Feuer und Schwenker liegt in der Luft und irgendwo klatschen Arschbomben ins Wasser. Sommerzeit, dass ist auch die Zeit der Dorf -und Stadtfeste. Dabei wird es den Vereinen, gerade in den letzten Jahren, schwerer gemacht ein eigenes Dorffest auf die Beine zu stellen. Auflagen, Formalitäten, Kostensteigerungen und personal Mängel stellen die Organisatoren oftmals vor große Herausforderungen. Früher gingen die Leute das Ganze noch etwas einfacher und entspannter an. Früher arbeitete die ganze Dorfgemeinschaft an der Umsetzung und Durchführung eines Dorffestes. Für die Einheimischen war es eine Ehre Verantwortung zu übernehmen. Am Festtag selbst war meistens die ganze Familie involviert und musste an verschiedenen Stellen mitarbeiten. Heute unvorstellbar ?

Die Zeit der großen Festumzüge gehört längst der Geschichte an. Viele Jahrzehnte herrschte in unserem Heimatort die Tradition, dass jährliche Dorffest mit einem Festumzug einzuleiten und zu verbinden. Die Älteren unter uns werden sich noch gerne an den großen Festumzug zu den ersten Bauerntagen im Jahre 1949 erinnern. Natürlich war auch der große Festumzug zur 700 Jahrfeier unseres Heimatortes, im Jahre 1981, für alle Beteiligte ein unvergessliches Erlebnis. Bestimmt wird sich der ein oder andere Zeitgenosse an den bisher letzten Festumzug unseres Dorfes im Jahre 2006 erinnern. Die Festumzüge gehörten früher fest zur Durchführung eines Dirminger Dorffestes. Heute hat man sich aus teils verständlichen Gründen von diesem Brauchtum verabschiedet. Schade, eigentlich!

Dirmingen und seine Festumzüge. Das waren auch tausende Stunden von ehrenamtlichem Engagement mit großen Aufopferungen. Monatelang wurden diese Festumzüge vorbereitet. Die großen Festwägen wurden detailgetreu mit viel Fleiß aufgebaut. Nicht selten waren die Organisatoren über ein Jahr mit den Vorbereitung arbeiten zu einem Festumzug beschäftigt. Dirmingen und seine Festumzüge. Das bedeutete auch Heimatgefühl, Selbstdarstellung und Stolz. Wenn es um die eigene Außendarstellung ging, ließen sich die Vereine und Organisationen immer wieder neue Attraktionen einfallen. Der Einfallsreichtum der Menschen und Vereine kannte keine Grenzen. Letztlich ging es auch darum die gemeinsame Sache in ein gutes Licht zu stellen.

Der eigentliche Startschuss zu dieser jahrzehntelangen Tradition fiel während den „Dirminger Bauertagen“ im Jahre 1949.  Dieses Fest mit seinem sagenhaften Festzug gehört bis heute zu dem kulturellen Highlight unseres Dorfes. Aus der gesamten Region strömten die Menschen damals nach Dirmingen. Die Geschichte zu diesen „Bauerntagen“ gehört ebenso dazu wie die eigentliche Durchführung des Festes:

Dirmingen wurde nach dem 30-jährigen Krieg zu einem wohlhabenden Bauerndorf. Durch seine zahlreichen Höfe, dem Mühlenbetrieb und die damit aufstrebende Infrastruktur konnte man in Dirmingen gut Leben. Neben den vielen Landwirtschaftsbetrieben gab es zahlreiche Bergmannsbauern und Kleingärtner. Die Landwirtschaft brachte Wohlstand und Zufriedenheit. Die beiden großen Weltkriege brachten diese Strukturen ins Wanken, wobei man sich in unserem Heimatort immer wieder aufrichtete und weitermachte. Natürlich wurde schon damals nicht nur gearbeitet, sondern auch nach guter saarländischer Manier „gut gess „und gefeiert. Dafür brauchten die Menschen nicht viel, um ihre Feste zu feiern. Wichtig war das alle Leute zusammenkamen und man für ein paar Stunden die Arbeit vergessen konnte.

Meistens genügte eine Festwiese mit frisch gezapften Bier, Rostwürste und Musik. Die Leute gingen zum Tanz und machten die Nacht zum Tag. Zu den traditionsreichen Dorffesten, Maibaumsetzen oder Kirmes kam das ganze Dorf zusammen und jeder musste mitmachen. Die Durchführung von Festen wurde gemeinsam und zunächst ohne Dachorganisation durchgeführt. Die Männer erledigten die Aufbauarbeiten und die Frauen kümmerten sich um das Essen. Das Miteinander wurde gepflegt und gelebt. Nicht selten wurden im Laufe eines Jahres mehrere Straßen- oder Hoffeste durchgeführt. Die Dorfgemeinschaft hatte etwas Eigenes oder etwas Familiäres. Besonders in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurde diesbezüglich das Leben gefeiert. Niemals zuvor wurden so viele Vereine gegründet wie zu dieser Zeit. Von Sportvereinen über Schützenvereinen bis hin zu Turnvereinen oder Bauernvereinen. Sogar Ziegenvereine wurden ins Leben gerufen. Das Angebot war riesengroß und unermesslich. Männergesangsvereine, Theatervereine, Obst- und Gartenbauvereine und zahlreiche kleinere Gruppen wurden gegründet. Hinzu kamen zahlreiche kirchlichen Vereine, Gruppen und Kreise. Die Menschen kamen zusammen, um gemeinsam das Leben zu genießen.

Nach dem zweiten Weltkrieg lag unser Land und natürlich auch unser Dorf in Trümmern. Die Besatzungsmächte machten es den Neugründungen oder einer Fortführung eines Vereins nicht leicht. Harte Genehmigungsverfahren oder die Festsetzung eines Vorstandes hemmten das Vereinsleben an der Saar. Es wurden sogenannte Omni-Vereine gegründet die als Dachgemeinschaft die großen Vereine leiteten und führten. Nur langsam setzte sich die Normalität ein und die Menschen nahmen wieder Stück für Stück die eigene Verantwortung in die Hand.

Am 14.Mai 1949 veranstaltete der damalige Verkehrsverein der Kulturgemeinschaft Dirmingen, einem Vorläufer des heutigen eingetragenen Vereins, eine Versammlung. Diese Mitgliederversammlung war meldepflichtig und musste damals von den Besatzungsmächten genehmigt werden. Im Mittelpunkt dieser Versammlung stand die Gründung einer neuen Sparte „Verkehr- und Verschönerung“. Diese Sparte legte den Grundstein für den späteren Heimat- und Verkehrsverein. In erster Linie ging es den damaligen Verantwortlichen darum, die durch die Kriegswirren in Dirmingen entstandenen Schäden zu beheben und unser Dorf nachhaltig zu verschönern. Die Verbreitung der Hauptstraße und die Beseitigung zurückgebliebener Ruinen lagen der neuen Sparte ebenfalls am Herzen. Dirmingen gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zu einer der meist-geschädigten Landgemeinden. Es gab also allerhand zu tun. In der angesetzten Versammlung wurde also folgender Zweck beschossen:“ Zweck des Vereins ist die Hebung und Förderung der verkehrlichen, sportlichen und landwirtschaftlichen Belange, sowie aller der Gemeinde dienenden Interessen bei engster Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen und Organisationen sowie der Gemeindeverwaltung“. Aus meiner Sicht hat sich das Interesse und der Zweck des damals gegründeten Vereins bis heute nur unwesentlich verändert. Einzig die sportlichen und verkehrstechnischen Belange fanden später keine Berücksichtigung mehr. Im Jahre 1953 löste sich die Sparte aus der Kulturgemeinschaft Dirmingen und wurde in „Heimat- und Verkehrsverein Dirmingen umbenannt.

In der damals eingeräumten Mitgliederversammlung beschloss der neu gegründete Verein noch im Jahre 1949 ein großes Erntedankfest und im Jahre 1950 eine Handwerksausstellung durchzuführen. Die vorgesehene Erntedankfeier wurde unter dem Motto: „Bauerntage in Dirmingen“ beworben. Im Jahre 1949 wurde somit eines der größten Dorffeste unseres Heimatortes organisiert und durchgeführt. Diese ersten „Dirminger Bauerntage“ waren legendär und haben sich über viele Jahrzehnte bis heute in das Gedächtnis der Dirminger verankert. Die Hingabe und Einsatzbereitschaft der Dorfgemeinschaft zu diesem Fest war grandios und kaum zu überbieten. An drei Festtagen wurde beeindruckendes auf die Beine gestellt. Im ganzen Landkreis Ottweiler feierte man damals diese “Dirminger Bauerntage” als echtes Markenzeichen.

Die Bauerntage wurden in der Zeit vom 14.bis zum 19.09.1949 durchgeführt. Als Protektor dieses Volksfestes fungierte der damalige Landwirtschaftsminister Dr. Franz Singer. Alle örtlichen Bauern und der Obst- und Gartenbauverein beteiligten sich an diesem Fest. Neben einer Obst- und Gemüseausstellung und zahlreichen Tanzveranstaltungen wurde ein großer Festzug am Festsonntag organisiert. Dieser Festumzug sucht bis heute seinesgleichen. Aus allen Nachbargemeinden wurden prachtvolle Festwagen geschickt. Auch die Kreisstadt Ottweiler und die Kreissparkasse Ottweiler nahmen an diesem Umzug teil. Vor dem Anwesen Höll wurde eigens eine Tribüne für geladene Gäste aufgebaut. Eine Jury beurteilte die zahlreichen Festzugsteilnehmer und prämierte diese anschließend. Bei wunderbarem Wetter fanden sogenannte Erntebällen in den Sälen der alteingesessenen Gaststätten Schneider, Heintz-John, und Hessedenz statt. Montags erfolgte der Viehauftrieb der Landwirte im Landkreis Ottweiler zur Prämierung. Mit einem bunten Bauernball endeten die ersten Bauerntage in Dirmingen.

Vom 13- 15. September 1952 wurden die zweiten Dirminger Bauerntage durchgeführt. Das Programm ähnelte sehr stark der ersten Veranstaltung. Zusätzlich wurden damals eine Kreisstutenschau und eine Nutzvieh-Prämierung durchgeführt. Im Rahmen dieser zweiten Bauerntage stand auch das Thema Flurbereinigungen auf der Agenda. Der damalige Verein „Verkehr und Verschönerung“ setzte sich enorm für eine dringend notwendige Flurbereinigung in Dirmingen ein. Im Jahre 1953 wurde ein entsprechender Umlagebeschluss für die Gemarkung Dirmingen verabschiedet. Aus meiner Sicht basiert das spätere Dirminger Volksfest auf der Grundlage dieser historischen Bauerntage in Dirmingen. Nie zuvor gelang es unserer Dorfgemeinschaft eine größere Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Natürlich wurden mit den Jahren immer größere Maßstäbe gesetzt. Gerne denken wir an die 700- Jahrfeier Dirmingens oder die vielen wunderbaren Volksfeste, die zunächst vom Vereinsring und später von unserem Kulturverein Dirmingen organisiert wurden. Das alles ist längst vorbei und gehört zu unserer Geschichte. Was aber können wir von den historischen Bauerntagen in Dirmingen lernen?

Ich denke in erster Linie sollte es wieder mehr um Beharrlichkeit, Zusammenhalt und Idealismus gehen. Die Hürden zur Durchführung eines Dorffestes wurden in den letzten Jahren zugegebenermaßen immer höher. Früher waren die Menschen praktisch dazu verdammt sich in der Dorfgemeinschaft einzuordnen und mitzumachen. Das ist heute nicht mehr möglich und unvorstellbar. Früher war jeder Dorfbewohner praktisch dazu „verpflichtet“ mitzumachen und anzupacken. Das war einfach so und wurde auch von jedem mitgetragen. Die Frauen kümmerten sich um das Essen und die Männer verrichteten die Auf- und Abbauarbeiten. Dienstleistungen wurden zudem von allen Dorfbewohnern übernommen. Dieser gute Brauch hat sich recht lange gehalten. Ich kann mich an meine Kinderzeit in den 1970-gern erinnern. Auch da war es so, dass die Männer das Festzelt aufbauten und sich alle zum gemeinsamen Mittagessen einfanden. Heute ist das ganze etwas schwieriger zu handhaben, wobei sich der Kulturverein Dirmingen beste Mühe gibt und sehr viel für unser Dorf leistet. Die Zeiten haben sich geändert und somit auch unsere Einstellung. Große Dorffeste sind längst nicht mehr in Mode. Heute besucht man viel lieber große Events oder Konzerten. Mit einem Festumzug bekommt man schon lange nicht mehr die Leute auf die Straße. Was aber können wir von den Festen der Alten lernen und wie gehen wir mit dem Erbe um? Die Antwort liegt im gegenseitigen Miteinander und in unserer individuellen Einstellung. Mittlerweile tun sich schon unsere Vereine und Organisationen schwer eine aktive Teilnahme an unserem Dorffest verbindlich zuzusagen. Warum ist das so ? Natürlich haben die Vereine sehr viel mit sich selbst und mit ihrem jährlichen Vereinsleben zu tun, Wie aber werden wir unserer Verantwortung gerecht ?

Schließlich ist es am Ende auch DEIN Dorf und jeder kann etwas zum gemeinsamen Erfolg beitragen. Genau das wurde früher mehr beherzigt und umgesetzt. Im Jahre 2024 plant unser Kulturverein sein nächster Park und Strandfest. Wenn es uns gelingt, dieses Fest zu einem gemeinsamen Mitmachfest zu gestalten, wird ein Schuh daraus. Wir müssen es nur wollen und wieder mehr Zusammenhalt pflegen. Dazu gehört vor allen Dingen Idealismus und Heimatliebe. Die letzten festlichen Aktivitäten haben gezeigt zu was die Menschen in unserem Dorf fähig sind. Dennoch gibt es da noch genügend Luft nach oben. Wenn man will, dass in diesem Dorf etwas passiert, muss man bereit sein anzupacken, vorzugehen und mitzumachen. Für die Menschen, die unsere historischen Bauerntage im Jahre 1949 durchführten, war das eine Selbstverständlichkeit. Schließlich ging es um die Heimat und die damit verbundene wichtige Dorfgemeinschaft. Man braucht sich gegenseitig und wusste das Miteinander zu schätzen. Wir müssen wieder lernen, dass aus dem Zusammenhalt und dem örtlichen Zusammenleben eine funktionierende Dorfgemeinschaft wachsen und gedeihen kann. Wir brauchen Mut, Risikobereitschaft, Idealismus und Einsatzwillen. So schlecht ist es nicht bestellt um unser Dörfchen. Die Zeichen stehen gut! Es kann gelingen! Freuen wir uns auf das Park- und Strandfest im Jahre 2024!

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