Vom Kommen und Gehen – Geschichte des Dirminger Bahnhofs

Aufbrechen – Ankommen – Abschied – Abreisen.

Auf unseren Bahnhöfen gibt es ein ständiges Kommen und Gehen. Dabei spiegelt ein Bahnhof das Leben mit all seinen Facetten wider. Während es vielerorts längst keinen Bahnhof mehr gibt, hat sich der Dirminger Bahnhof im Laufe der Jahrzehnte gehalten und stark verändert.

Der Bau wichtiger Eisenbahnlinien brachte sowohl dem Kohlenbergbau als auch die Eisenindustrie einen ungeheuren Aufschwung. Für die Infrastruktur unseres Heimatortes waren die Strecken: Neunkirchen – Saarbrücken oder Saarbrücken – Wemmetsweiler – Neunkirchen lange Zeit von besonderem Stellenwert. Die Eisenbahn brachte den wirtschaftlichen Aufschwung und den Aufbruch in eine moderne Zeit. Der Wohlstand in unserem Bundesland basiert auf der Grundlage von Kohle und Stahl. Dabei hat die Eisenbahn die Entwicklung unseres Landes maßgeblich mitgeprägt.

Seit vielen Jahren verkauft die Deutsche Bahn alte Bahnhöfe und Streckenabschnitte, um sie vor dem Verfall zu retten. Einem Bericht zufolge wurden in den vergangenen 20 Jahren mehr als 2.000 ausgediente Empfangsgebäude verkauft oder umgestaltet. Es entstanden Wohnungen, Büros, Künstlerateliers oder Kindergärten, die mit Leidenschaft saniert oder ausgebaut werden. Dies ist auf der einen Seite lobenswert. Immerhin werden, wie in Dirmingen, alte Bahnhofsgebäude sinnvoll weitergenutzt. Anderseits stagniert die Entwicklung der Bahn und gerade beim Thema Barrierefreiheit oder Pflege der Haltestelle gibt es genügend Nachholbedarf. Auch die Eingangshalle unseres Bahnhofes wurde einst verkauft und wird nun als Wohnung genutzt. Das alte Flair des historischen Bahngebäudes wurde dabei erhalten. Bereits im Jahre 1984 stand das Gebäude des Dirminger Bahnhofs mit seiner Eingangshalle und der Schalterstelle zum Verkauf an. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir als Kinder immer noch die Fahrkarten an einem Schalter kaufen mussten. Das hatte einen gewissen Charme! Gott sei Dank wurde damals ein Käufer gefunden der den Bahnhof, mit viel Liebe zum Detail, zu Wohnzwecken umbaute. Somit wurde der Baustil des Gebäudes erhalten und bleibt für die Nachwelt interessant.

Vor dem Bau der Eisenbahnstrecke durch Dirmingen wurde im Illtal lange über den Ausbau der Linie debattiert. Dabei ging es auch um die finanzielle Entschädigung des Landkreises an die jeweiligen Ortschaften. Dirmingen fühlte sich lange Zeit nicht gerecht behandelt und verlangte mehr Geld vom Kreis. Der Landrat versuchte in dieser Zeit immer wieder zu schlichten und forderte die Gemeinderäte in den Ortschaften zur unentgeltlichen Abgabe der Liegenschaften auf. Der Kreis verlangte, dass die Ortschaften zumindest moralisch dem Eisenbahnbau entgegenkommen sollten. Der Dirminger Gemeinderat verwies jedoch darauf, dass dem Ort zahlreiche Obstfelder, Wiesen und Bauland verloren gingen. Auch die Argumentation, dass Dirmingen schließlich vom Bahnbau profilieren würde, brachte zunächst nicht die gewünschte Entspannung. Der Landrat forderte die Gemeinde Dirmingen erneut zum Handeln auf und bat die bisherige Entscheidung zu überdenken. Der Gemeinderat bleib jedoch bei seinem Votum und beschlossen am 25. Mai 1895, dem Kreis das durch den Bahnbau entzogene Land nicht unentgeltlich zu überlassen. Vielmehr forderte man den Kreis erneut zu einer Zahlung auf.  Schließlich wurde eine Einigung gefunden und der Bau der Eisenbahnlinie beschlossen.

Der damit verbundene industrielle Aufschwung der heimischen Industrie mit der starken Bautätigkeit der königlichen Eisenbahndirektion Köln bezw. St. Johann – Saarbrücken machte auch an der Saar dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Arbeiten gerieten immer wieder ins Stocken. Deshalb heuerten die ausführenden Bauunternehmer immer mehr Serben, Slowaken, Kroaten und vor allen Dingen Italiener an. Die Gastarbeiter wurden meist in Baracken außerhalb der Ortschaften untergebracht. Die Geburtenregister der Standesämter bezeugen, dass damals viele italienische Kinder im Saargebiet geboren wurden. Es entstand der offizielle Beruf des Eisenbahnarbeiters oder Gleisbauers.

Bei der Vielfalt der Nationalitäten mit ihren unterschiedlichen Mentalitäten kam es immer wieder zu Streitigkeiten, Schlägereien und Messerstechereien. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass ich mich bezüglich dieser Aussage streng an die historischen Niederschriften halte. Die eigene Nationalität entscheidet ganz bestimmt nicht darüber, ob man ein guter oder schlechter Mensch ist. Jedenfalls stiegen die Gewaltdelikte und auch zwischen den Gastarbeitern und der Bevölkerung gab es immer wieder Spannungen. Unmittelbar vor der Fertigstellung der Bahnlinie wurde ein Dirminger Bürger Opfer eines Überfalls. Beim Versuch, sich vor den mit Messern bewaffneten Fremden in Sicherheit zu bringen, sei er gegenüber der Apotheke vor der geschlossenen Haustür von „Böckels“ Wohnhaus von seinen Verfolgern niedergestochen worden.

Im Jahre 1896 standen die Bahnhofsgebäude von Dirmingen und Illingen im Rohbau. Die Arbeiten hatten Schwung aufgenommen und befanden sich in der Endphase. Die Gebäude wurden damals aus Ziegelsteinen errichtet und erhielten Diensträume und Dienstwohnungen für die Mitarbeiter. Durch den Bahnbau veränderte sich die Ortsbilder der jeweiligen Ortschaften. Häuser wurden abgebrochen, neue Straßen errichtet, Brücken gebaut und Wege eingerichtet, Bäche mussten begradigt oder verlegt werden. Schließlich wurde die Eröffnung der Teilstrecke Wemmetsweiler-Lebach auf Samstag, 15. Mai 1897 terminiert.

Es begann die Blütezeit der Bahn. Über ein halbes Jahrhundert war der Personen- und Güterverkehr dominierend. Mit der Erfindung des Automobils, im Jahre 1894, entstand ganz langsam ein weiterer Gigant der modernen Technik. Es dauerte noch einige Jahre, bis diese neue Erfindung mit der Bahn konkurrieren konnte.  Nachdem sich aber immer mehr Menschen ein Auto leisten konnten, ging der Trend „weg“ von der Schiene hin zur Straße.

Im zweiten Weltkrieg musste Dirmingen zahlreiche Bombenangriffe hinnehmen. Der Dirminger Bahnhof war dabei oft das Ziel der Bomben. Die Alliierten wollten damals die strategisch wichtige Bahnlinie der Nationalsozialisten schwächen und zerstören. Außerdem stand am Dirminger Bahnhof eine Zeitlang ein „Flak“ (Flugabwehrkanone) der deutschen Wehrmacht.

Im Laufe der Jahre wurden immer mehr Sanierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen getroffen. Auch der Dirminger Bahnhof litt unter dem Wandel der Zeit. Aus den ehemals 8 vorhandenen Gleisen wurden von Jahr zu Jahr immer weniger. Heute führt nur noch eine Gleise durch den Dirminger Bahnhof. Aber immerhin haben wir noch einen Bahnhof! Nun ist es an der Zeit, dass weitere Sanierungsarbeiten folgen. Das Thema Barrierefreiheit und Modernisierung spielt dabei eine gewaltige Rolle.

Mitte dieses Jahres sollen weitreichende Modernisierungsarbeiten an der Haltestelle Dirmingen vollzogen werden. Am dem 21. Juni 2021 soll es am Dirminger Bahnhof losgehen. Die Deutsche Bahn Station und Service informiert in einem Schreiben: “ Die Maßnahme umfasst den Umbau des barrierefreien Außenbahnsteiges incl. Blindenleitsystem und Aufhöhung sowie der Rückbau der Überlänge. Die Ausstattung auf dem Bahnsteig wird ebenfalls erneuert. Die Umbauarbeiten enden voraussichtlich Ende des Jahres 2021. Diese erfolgen in mehreren unterschiedlichen Bauphasen. Für die verschiedenen Bauphasen werden die entsprechenden Zugpausen genutzt. In der zweiten Bauphase ab dem 19. Juli 2021 bis Anfang August ist jedoch eine durchgehende Gleissperre erforderlich. In dieser Bauphase soll der Rück und Neubau des Bahnsteigs erfolgen“. Im Rahmen dieser Arbeiten soll auch ein provisorischer Behelfsbahnsteig entstehen. Dieser ist ab dem 03.August bis zum 10. September 2021 für die reisenden nutzbar. Im Anschluss daran sollen die abschließenden Restarbeiten bis zum Jahresende vorgenommen werden. Die Arbeiten sind teilweise mit erhöhten Lärmemissionen, Umwegen und Sperrungen verbunden. Die Bahn bemüht sich aber die Störungen so gering wie möglich zu halten.

Der Dirminger Bahnhof verändert also wieder mal sein Erscheinungsbild. Gut, dass man die Zeichen der Zeit erkannt hat und die richtigen Maßnahmen ergreift. Immerhin ist die Nutzung der Bahn bei den Bürgerinnen und Bürgern immer noch sehr beliebt. Mittlerweile übernahm ein anderes Unternehmen den Fuhrbetrieb der durch Dirmingen laufenden Bahnlinie.

Fakt ist : Dirmingen hat einen Bahnhof und eine gute Verbindung. Das ist gut so !

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