Ein Naturschutzgebiet erinnert uns an die alte Dampfziegelei
In völliger Stille, fernab von Krach, Autolärm und Stress gibt es in unserem Heimatort zahlreiche Möglichkeiten um zur Ruhe zu gelangen. Dabei sind es nicht nur unsere Naherholungsgebiete, die mit ihrem Charme locken, sondern auch unsere verschiedenen Naturschutzgebiete. Hier in der Natur kann man noch im persönlichen Einklang die Seele baumeln lassen. Im Laufe der Jahrzehnte drängte Mutter Natur mit Macht auf ihr Recht und eroberte sich das Gelände der alten Backsteinfabrik zurück. Heute kann man sich kaum noch vorstellen, was sich vor über 100 Jahren an dieser Stelle zugetragen haben muss.
Im September des Jahres 1977 bekam, die noch damals junge Einheitsgemeinde Eppelborn, eine großzügige Schenkung der Firma Picard-Gross. Insbesondere unser Ortsteil Dirmingen sollte von dieser Gabe profilieren. Auf Wunsch des Schenkers sollte auf dem Gelände der ehemaligen Dampfziegelei ein Schutzgebiet für die einheimische Pflanzen und Tierwelt entstehen. Dort, wo früher ein großes Firmengebäude stand, sagen sich heute Fuchs und Gans: “Gute Nacht“. Ein Schild, an der heute noch vorhandenen Eisenbahnbrücke, verweist auf den Bestand der ehemaligen Dampfziegelei Dirmingen und die damit verbundene Schenkung der Firma Picard-Gross.
Viele Jahre war der Weg zum Standort der ehemaligen Dampfziegelei verwildert und kaum begehbar. Vor seiner persönlichen Reise in die Vergangenheit sollte man sich gutes Schuhwerk und lange Hosen anziehen. Bis auf die Überreste des alten Bürogebäudes erinnert heute kaum noch etwas an die ehrwürdige Dampfziegelei. Einzig der Charme und eine gewisse Aura liegen bis heute über dem Gelände. Wenn man unter Eisenbahnbrücke durchgeht und seinen Weg in Richtung des Geländes der ehemaligen Dampfziegelei nimmt, wird man unwillkürlich von der Geschichte ergriffen.
Was mag sich an diesem Ort vor über 100 Jahren abgespielt haben? Das Gelände verspürt eine gewisse Magie. Unmittelbar nach der Brücke findet man die bereits erwähnten letzten Überreste des alten Bürogebäudes der Firma. Man erkennt noch gut die alten Treppenstufen und die Grundrisse des Bürogebäudes. Im Jahre 1973 musste das alte Bürogebäude aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Wenn man weiter über den Waldweg in Richtung ehemaliges Gelände geht, wird man von einer gewissen Neugier ergriffen. Wie mag es hier wohl, zu Zeiten der Produktion, ausgesehen haben? Die dominierende Ruhe raubt uns die notwendige Empathie. Man vermag sich kaum vorzustellen, welche Hektik einmal an dieser Produktionsstelle geherrscht haben muss.
Wenn man schließlich den Platz des ehemaligen Produktionsgebäudes erreicht, kann man kaum glauben, dass dort einmal eine der größten Dampfziegeleien ihrer Zeit stand. Auf dem Gelände selbst findet man kaum noch Hinweise auf den Bestand der Backsteinfabrik. Einzig die Schürfrückstände der alten Tongrube sind noch erkennbar und zeugen von einer harten Arbeit. Hin und wieder stößt man auf einen großen Stein. Ob dieser Stein wohl zu der alten Dampfziegelei gehörte? Wir wissen es nicht und werden es auch niemals erfahren.
Dirmingen war durch seine Lage am Zusammenfluss von Ill- und Alsbach, sowie durch seinen Anschluss an das Bahnnetz, immer schon ein Anziehungspunkt von Gewerbe- und Produktionsbetrieben. Im Jahre 1898 wurde die Dampfziegelei Ausgangs Dirmingen, in Richtung Wustweiler an rechten Illaue, durch Peter Samson gegründet. Bis zum Jahre 1900 leitete der Unternehmer die Geschicke der Ziegelei. Die Fabrik produzierte Ton- und Mauerziegel, die durch den betriebseigenen Bahnanschluss bequem und einfach verladen werden konnten. Im Kesselhaus sorgte eine Dampfkraftmaschine von 150 PS für mächtig viel Lärm. Mit dem Einsatz von zwei Lehmmahlwerken und mehreren Lehmpressen konnten täglich bis zu 7000 Backsteine (Ziegelsteine) hergestellt werden. Der vorhandene Ringofen hatte wahrscheinlich eine Länge von bis zu 50 Metern. Mit der Produktion waren in der Regel bis zu 45 Arbeiter beschäftigt. Dazu gehörten noch die Mitarbeiter/innen in der Verwaltung oder im Transportwesen. Mit dem 1. Weltkrieg erlebte das Unternehmen die erste große Krise. Im Jahre 1918 wurde die Ziegelei an das Stumm‘ sche Eisen und Hüttenwerk in Neunkirchen verkauft. Nach der Schließung der Dampfziegelei wurde das Produktionsgebäude im Jahre 1961 abgerissen. Die Sprengung des Schornsteins der Ziegelei erfolgte im gleichen Jahr.
Einige Zeit suchte die Gemeinde Dirmingen nach einer Lösung, um das vorhandene Gelände wieder aufzuwerten. Der Hundesportverein bekam dort die Möglichkeit geboten seiner Tätigkeit nachzugehen. Heute ist das Gebiet als Naturschutzgebiet ausgezeichnet. Dort, wo der Biber und seine Nachkommen wieder ein Zuhause gefunden haben, herrschte noch vor 100 Jahren Arbeitsstress und Produktionslärm. Damals brachte die alte Dampfziegelei viele Menschen in Lohn und Brot. Heute erinnern uns nur noch alte historische Bilder und Aufzeichnungen an die Fabrik.
Als Kind fand ich noch einige Überreste in Form von Steinen und Mauerstücken. Bei meiner letzten Visiten konnte ich jedoch nichts mehr finden. Wer weiß, wie viele Häuser in Dirmingen mit Klinker-Backsteinen der alten Dampfziegelei Dirmingen erbaut wurden. Mit dem Firmeninhaber Picard-Gross endete die Epoche der Dirminger Backsteinfabrik. Bis zuletzt handelte das Unternehmen nach der Betriebsordnung des Neunkircher Eisenwerkes. In einen Besuch, dieses historischen Geländes, sollte man nicht allzu viele Erwartungen stecken. Wie bereits mehrfach erwähnt, deuten nur noch die Restmauern des Bürogebäudes auf die Existenz er alten Dampfziegelei.
Hin und wieder sorgen Rodungsarbeiten dafür, dass man von der Straße, hinunter auf das historische Gelände blicken kann. Gerade im Herbst oder Winter kann man leicht einen Blick auf das Gelände erhaschen. Vielleicht genügt dies, um die größte Neugier zu stillen. Wie heißt es so schön auf einer Tafel an der historischen Bahnbrücke: “Bitte Störungen vermeiden”