Angekommen im Advent ?- Finden wir noch Zeit für Weihnachten?

Advent – das ist eine Zeit der Vorfreude, Vorbereitung, der Stille und natürlich auch der Erwartung. Advent heißt Ankunft: Wir erwarten die Ankunft Gottes, der sich uns als kleines Kind in der Krippe zeigt.

Der Advent bringt zahlreiche Traditionen mit sich und verzaubert uns jedes Jahr aufs Neue: Adventskalender, Adventskranz, Weihnachtsgeschichten, selbstgebackene Plätzchen, Weihnachtsmärkte, Konzerte, Lichterketten und natürlich auch Glühwein und immer wieder dieselben Lieder.

„Wir sagen euch an den lieben Advent, sehet die erste Kerze brennt“ Wir sagen euch an eine heilige Zeit, Machet dem Herrn den Weg bereit! |: Freut euch ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.

Autorin Maria Ferschl (1895–1982), die Melodie von Heinrich Rohr (1902–1997).

In der vergangenen Woche durften wir endlich wieder einen Weihnachtsbaum in unsere Ortsmitte stellen. Viele von uns ergriff sofort ein besonderes, ein warmes Gefühl. Weihnachten ist tatsächliche eine besondere Zeit. Dabei ist die Geschichte des Weihnachtsbaums gar nicht so alt wie wir denken. Erst im 19. Jahrhundert kam der Weihnachtsbaum in unser Wohnzimmer. Die Christen sehen in dem Weihnachtsbaum ein Symbol ewigen Lebens. Der Adventskalender hingegen wurde bereits im 16. Jahrhundert von Protestanten erfunden. Ziel war es den Kindern die Wartezeit auf Weihnachten zu versüßen. Irgendwann übernahmen auch Katholiken diese Tradition. Der erste Adventskalender mit Türchen zum Öffnen erschien im Jahr 1920. Heute gehört das Teil fest zum Advent. Seit Monaten sind die Supermärkte gefüllt mit Lebkuchen und Süßigkeiten. Wenn wir versuchen den Sinn von Weihnachten auf einem Weihnachtsmarkt oder einer Einkaufsmeile zu finden, werden wir kläglich scheitern. Wir alle stehen vor der Frage, wie wir angesichts der steigenden Inzidenzzahlen mit der 2-G Regel und der Maskenpflicht unbesorgt den Advent begehen und Weihnachten feiern können.

Mit dem ersten Adventssonntag beginnt nicht nur die Weihnachtszeit, sondern auch ein neues Kirchenjahr. Ja, stimmt, Advent bedeutet Ankunft. Wir alle dürften mittlerweile längst angekommen sein. Weniger in der friedvollen Adventszeit, sondern vielmehr in der harten Realität. Angesichts der immer noch anhaltenden Pandemie stellt sich die Frage, ob wir überhaupt noch die Zeit für Weihnachten und einen Neustart finden. Steht uns der Sinn nach Weihnachten oder haben wir im Moment ganz andere Sorgen? Mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass etwas weniger Lametta am Ende mehr Weihnachten mit sich bringt. Vielleicht tut es uns einmal gut einen Gang zurückzuschalten. Etwas weniger Stress, weniger Geschenke, weniger Trubel, weniger Wünsche, weniger Kitsch und weniger Glimmer. Dafür aber mehr Weihnachten. Wäre das nicht schön? Auch das diesjährige Weihnachtsfest bietet uns allen wieder mal die Chance, es endlich einmal anders zu machen. Warum nicht einmal auf den Kommers verzichten und dafür vielmehr versuchen Weihnachten zu verstehen.

An Weihnachten feiern fast zwei Milliarden Christen auf der Welt die Geburt von Jesus Christus. Dabei findet man in der Bibel kein Indiz, der auf das Datum 24. Dezember hinweist. Eigentlich ist das genaue Geburtsdatum von Jesus Christus nicht bekannt. Ist das ganze Weihnachtsfest also alles nur Lug und Trug? Es gibt viele Versuche den angesetzten Termin des Weihnachtsfestes zu begründen. Die sympathischste These liegt darin, dass am 25. März der Jungfrau Maria die Geburt ihres Sohnes durch den Engel Gabriel verkündet wurde. Wenn Jesus also genau neun Monate später zur Welt kam, fällt das Datum seiner Geburt auf den 25. Dezember. Naja, letztendlich ist auch das eine Glaubensfrage.

Ich glaube, also bin ich? Wie sagte einst der Liedermacher Wolf Biermann: “….eines hab ich längst begriffen, es ist ganz egal an was der Mensch glaubt, Hauptsache ist, dass er glaubt“.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet die zweite Kerze brennt! So nehmet euch eins um das andere an, Wie euch der Herr an uns getan.|: Freut euch ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.:

Autorin Maria Ferschl (1895–1982), die Melodie von Heinrich Rohr (1902–1997).

Viele Menschen feiern Weihnachten, obwohl sie eigentlich keine gläubigen Christen sind. Obwohl das Fest christliche Wurzeln hat, sehen viele Menschen darin eher einen kulturelles als ein religiöses Fest. Am heiligen Abend finden sich jedoch alle in der Kirche wieder. Diejenigen die der Institution Kirche bereits den Rücken gekehrt haben und diejenigen die immer noch an die Botschaft glauben. Alle möchten ein schönes, harmonisches Weihnachtsfest genießen.

Dass in diesem Jahr Weihnachtsmärkte ausfallen und Familien um das gemeinsame Feiern bangen müssen, drückt natürlich die vorweihnachtliche Stimmung. Erneut zerstört der böse Bazillus unser Weihnachtsgefühl. Unser Weihnachtsmarkt fiel auch in diesem Jahr erneut der Pandemie zum Opfer. Wie soll da ein Weihnachtsgefühl aufkommen? Die meisten Familien versuchen dennoch zu retten was zu retten ist. Kerzen brennen, Kinder basteln Sterne und backen Plätzchen und Großeltern freuen sich auf die Familie. Hoffentlich warten die Alten nicht vergebens. Ich glaube, dass die Pandemie dem Fest mehr schaden bringt, als wir uns alle das derzeit vorstellen können.

Eine gewisse Doppelmoral breitet sich in unserem Land aus. Mit dem Advent werden vielerorts Spendenmarathons ins Leben gerufen. Wir erkaufen uns ein gutes Gewissen und Spenden was das Zeug hält. Mit welchem Recht lassen wir jedoch zu, dass an der Grenze zwischen Belarus und Polen Familien und kleine Kinder bei minusgraden auf dem kalten Boden übernachten müssen. Ist das unser Verständnis von Nächstenliebe ? Niemand kann sich seinen Geburtsort aussuchen. Es ist durchaus ein Privileg in Europa geboren zu sein. Warum verweigern wir anderen ein sicheres Zuhause ? Doppelmoral macht sich wieder mal auch in unserer Politik breit. Ganz gleich welche Partei, wenn es um die Pandemie geht, übernimmt niemand gerne die Verantwortung. Jeder schiebt die Schuld dem anderen zu und wäscht seine Hände in Unschuld. In unserem größten Bundesland zeigt man gerne mit dem Finger auf die Fehler der Ampel. Während diese ihre Arbeit noch gar nicht aufgenommen hat, schöpft man die eigenen Möglichkeiten überhaupt nicht aus und lässt zu, dass 50 000 Menschen das Rheinderby in Köln verfolgen. Bezüglich der Pandemie hat sich bisher keine Partei mit Ruhm bekleckert. Ja, ich glaube, dass auch diese Doppelmoral unsere Gesellschaft spaltet.

Ich persönlich freue mich auf Weihnachten. Ich liebe dieses Fest mit all seinen Traditionen und mit all dem Kitsch. Dabei habe ich jedoch schon vor der Pandemie festgestellt, dass die Menschen das Fest immer mehr aus ihrem Herzen verbannen und vielmehr Wert auf andere Dinge legen. Dabei könnte Weihnachten uns allen guttun und helfen Hoffnung zu schöpfen. Haben wir angesichts der vielen Krisen und Probleme eigentlich noch Lust Weihnachten zu feiern? Brauchen wir noch Lametta, Adventskranz, Weihnachtskugeln oder kommt uns mittlerweile „Last Christmas“ aus den Ohren raus?

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet die dritte Kerze brennt! Nun trag eurer Güte hellen Schein Weit in die dunkle Welt hinein. |: Freut euch ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.:

Autorin Maria Ferschl (1895–1982), die Melodie von Heinrich Rohr (1902–1997).

Der Konsum hält uns fest in seinen eisigen Krallen und die Pandemie fördert diesen Zustand. Lieferanten haben Hochkonjunktur und nehmen dem Christkind so manche Arbeit ab. Tausende von Geschenken werden gekauft und niemals angerührt und landen im Schrank. Die Verschwendung hat gerade zum Weihnachtsfest Hochkonjunktur. Kaum einer möchte erkennen, dass weniger, mehr sein kann.

Jedes Jahr, wenn die Weihnachtszeit anbricht und wir alle ein Stückweit sensibler werden, kehren die Erinnerungen an unsere Kindheit zurück. Jeder von uns trägt seine Kindheitserinnerungen tief im Herzen. Ich habe in der Adventszeit immer gerne unsere Kinder beobachtet und ihre steigende Nervosität genossen. Geht es euch auch so?  Zu oft vergessen wir, dass der eigentliche Zauber im Kleinen liegt. Viele von uns erleben in dieser Zeit ihr vielleicht schlimmstes Weihnachtsfest und müssen den Verlust eines lieben Menschen verschmerzen. Gerade in den letzten Wochen sind viele liebe Menschen von uns gegangen. Auf die Hinterbliebenen wartet ein bitteres Weihnachtsfest.

Weihnachten ist ein wenig wie Nachhause kommen. Wir alle machen uns auf den Weg zu mehr Ruhe, Gelassenheit und der inneren Heimkehr. Ist das so? Wie viele von uns befinden sich gerade in der besinnlichen Zeit auf der Suche nach Weihnachten? Warum beginnen wir nicht mal damit uns zu fragen, was wir für andere tun können? Warum stecken wir unsere eigene Erwartung so hoch und setzen uns somit selbst unter Druck? Haben wir den eigentlichen Sinn von Weihnachten überhaupt verstanden? Wir brauchen mehr Zeit zum Träumen und auch zum Verrücktspielen. Aus Träumen wachsen Flügel und der Mut schlägt Brücken. Die Angst lähmt und hält uns in ihrem Bann gefangen. Manchmal würde uns allen ein wenig mehr kindliche Naivität guttun.

Gerade während der Pandemie merken wir, wie verletzlich wir eigentlich sind und wie schnell ein Leben enden kann. Mitten in unsere Verunsicherungen und Angst platzt der Advent mit seiner Botschaft. Die Härte der Pandemie wird ausgerechnet in einer Zeit deutlich, in der wir alle viel sensibler und empfindsamer sind. Wie also wirken wir diesem Tristes entgegen und wo finden wir unsere Adventsstimmung. Ich hätte da einen Vorschlag zu unterbreiten: Versuchen wir es doch noch einmal mit Weihnachten, vielleicht werden unsere Erwartungen erfüllt.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet die vierte Kerze brennt. Gott selber wird kommen. Er zögert nicht. Auf, auf ihr Herzen und werdet licht! |: Freut euch ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.

Autorin Maria Ferschl (1895–1982), die Melodie von Heinrich Rohr (1902–1997).

Ich wünsche euch allen eine schöne Adventszeit !

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