Glück auf zum Barbaratag – Vom leisen Sterben des Bergmanns

„Sankt Barbara, bei Tag und Nacht fahr´ mit dem Vater in den Schacht! Steh´ du ihm bei in jeder Not! Bewahr´ ihn vor dem jähen Tod!“

Quelle: Pfarrblatt der kath. Kirchengemeinde Herdorf, (1953)

Glück auf! Eine traditionsreiche Berufsgruppe nimmt leise Abschied und verabschiedet sich von der großen Bühne. Viele Jahrhunderte hat der Bergbau unserem Land Wohlstand gebracht. Nun wartet auf diesen ehrenvollen Beruf ein leises Sterben auf Raten.

Nach Plänen der neuen Ampelregierung sollte, der für 2038 geplante Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen werden. Selbst die Bergleute in den betroffenen Revieren leisten kaum noch Widerstand und setzen ihre Hoffnung in den Strukturwandel. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die betroffenen Regionen wie z. B die Lausitz dieses verschärfte Tempo verkraften können. Natürlich muss der Kohleausstieg in den besagten Bergbauregionen sozial abgefedert werden. Dabei müssen sich die Verantwortlichen wieder mal mit einem sozialverträglichen Abbau der Arbeitsplätze beschäftigen. Genauso war es beim Ausstieg der Steinkohle an der Saar und an der Ruhr. In vielen Fällen wird ein solcher sozialverträglicher Abbau bestenfalls nur versprochen. Die Realität sieht in vielen Fällen ganz anders aus. Viele Bergleute sind bereits ins Bergfreie gefallen und Leben heute von Sozialhilfe.

Neusten repräsentativen Umfragen zufolge ist nun auch die Bevölkerung mit großer Mehrheit dafür, den Kohleausstieg so schnell wie möglich voranzutreiben. Mittlerweile vertreten mehr als 70 Prozent der Menschen die Meinung, den beschlossenen Ausstieg zu beschleunigen. Scheint so als wäre der Kohleausstieg die einfachste Maßnahme, um die Klimaziele zu erreichen. Keine Frage, dass Verbrennen von fossilen Energieträgern wie die Braun -und Steinkohle schadet dem Klima. Auch die Förderung des Erdöls schadet unserem Planeten.

Bergmannsverein Dirmingen

Unsere Heimat an der Saar wurde auf Kohle erbaut. Nachweislich hat jeder zweite Saarländer irgendeine Verbindung zum Bergbau. Generationen von Bergleuten fanden in den saarländischen Gruben einen guten Arbeitsplatz. In Spitzenzeiten arbeiteten über 60.000 Menschen in den saarländischen Bergwerken. Im Ruhrgebiet waren sogar bis zu 600.000 Menschen in den Zechen beschäftigt. Am Ende waren die Steinkohle und das Saarland fast 260 Jahre untrennbar miteinander verbunden. Die heutigen Generationen können sich kaum noch vorstellen welche Bedeutung der Bergbau für unser Land hatte. Kohle und Stahl verliehen unserem Land ihre Identität. Das Ende des Bergbaus im Saarland, am 30. Juni 2012, war für unser Land ein einschneidendes Erlebnis. Im Jahr 2018 wurde der Steinkohlebergbau in Deutschland offiziell für beendet erklärt. Der Braunkohleabbau wird jedoch bis heute fortgeführt. Derzeit wird noch in den Tagebauen von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt Braunkohle gefördert. Neusten Plänen zufolge soll nun, wie bereits erwähnt, im Jahre 2030 damit Schluss sein. Ehrlichgesagt fehlt mir die Fantasie, wie man bis zu diesem Zeitpunkt genügend regenerative erneuerbare Energien erschaffen haben soll. Meiner Meinung ist dies ein ambitioniertes Unterfangen.

Ich selbst war 18 Jahre im Saarbergbau tätig. Auch mein Ur-Großvater, mein Großvater, mein Vater arbeiteten „Unter Tage“. Wenn ich an meine Zeit „Unter Tage“ denke, erinnere ich mich an: Hitze, Staub, schwere Last, rauer Umgangston, schwer-verletzte und sogar Tote. Ich erinnere mich aber auch an: Schulterklopfen, Zuspruch, Ermutigung und Kameradschaft. Ich denke gerade am Barbaratag sollten wir Saarländer nicht nur der Schutzpatronin der Bergleute, sondern auch dem Berufsstand des Bergmannes selbst Gedenken. Immerhin haben uns Kohle und Stahl zu dem gemacht, was wir heute noch sind! In letzter Zeit beschleicht mich immer öfter das Gefühl, dass wir im Begriff sind unsere Erinnerungskultur zu vernachlässigen. Natürlich hat nicht jeder positive Erinnerungen an den Bergbau. Gerade die Menschen, die am Ende des Saarbergbaus unter den schlimmen Erderschütterungen gelitten haben, werden dem Ende des Bergbaus nicht nachweinen.

Dirminger Bergmannsverein

Der Bergbau hat mich geformt und mir einige wichtige Eigenschaften nahegelegt. Loyalität, Treue, Solidarität und Kameradschaft waren für den Bergmann selbstverständlich und wurden stets großgeschrieben. Dies alles sind Eigenschaften die heute Zusehens verloren gehen.

Bergmannsgebet der Kinder für den Vater:

„Lieber Gott, ich fleh zu dir, beschütz den guten Vater mir! Dort unten in dem tiefen Schacht, gib auf seine Schritte acht! Der treue Engel sei ihm gut! Und segne alles was er tut! Und lass ihn bald zu Hause sein, den lieben guten Vater mein! Amen“

Überliefert aus der Familie des Bergmanns Heinrich Schmitz aus Obersteinebach

Am 4. Dezember gedenken also die katholischen Christen und mit ihr alle die sich dem Bergbau verbunden fühlen der christliche Märtyrerin Barbara von Nikomedien. Obwohl ihre Existenz historisch nicht belegt ist, hat sich ihre bewegende Geschichte bis heute gehalten. Der Überlieferung zufolge lebte Barbara als Tochter eines reichen Kaufmanns im 3. Jahrhundert in Nikomedien in der heutigen Türkei. Der heidnische Vater wollte Barbara gegen ihren Willen verheiraten. Die junge Frau hingegen wollte ihr Leben Christus widmen. Obwohl der Vater seine eigene Tochter foltern ließ, hielt Barbara an ihrem christlichen Glauben fest. Der Legende nach brachte ihr Vater Barbara vor Gericht und enthauptete sie schließlich eigenhändig. Bis heute gilt die heilige Barbara als Schutzpatronin der Bergleute. Der Überlieferung zufolge suchte Barbara auf ihrer Flucht vor ihrem Vater Schutz in einer Felsspalte. Der Felsen soll sich auf wundersame Weise vor ihr geöffnet haben. Auch die Überlieferung wonach Barbara in einem dunklen Turm eingesperrt und gefoltert wurde lässt auf eine Verbindung zu den Bergleuten und ihrer Arbeit unter Tage schließen. Der dunkle finstere Turm der heiligen Barbara auf der einen und der finstere dunkle Stollen der Bergleute auf der anderen Seite haben sicherlich etwas Gemeinsames.

Einfahrtsgebet:

Wir richten, eh’ wir niederfahren, Den Blick, o Gott empor zu dir. O woll uns, Herr, getreu bewahren,,Laß wiederkehren uns nach hier. Schließ auf den Stollen Deiner Liebe, Den finsteren Schacht, in dem wir bauen. Schirm uns vor Ort und im Betriebe, Laß fromm und treu uns Dir vertrauen.

Herr, segne Streben, Schacht und Stollen, Bewahr uns vor Flut und Brand. Herr, dem wir treu gehören wollen, Du hast die Welt in Deiner Hand.

Sei’s drum, der Bergbau hat meiner Familie vieles gegeben. Am Ende bleibt jedoch ein ungutes Gefühl. Ich glaube wir pflegen keine gute Erinnerungskultur und werden irgendwann den Bergmann vergessen. Die kommenden Generationen werden von dem Beruf des Bergmanns bestenfalls noch im Geschichtsunterricht erfahren. Es liegt auch an uns selbst dagegen einzuwirken. Lasst uns den Bergbau nicht vergessen! Alles im Leben hat seine Zeit und angesichts des drohenden Klimawandels hat ein Umdenken durchaus seine Berechtigung. Die Bergleute in Sachsen, Nordrhein-Westfalen und der Lausitz wissen längst was ihnen bevorsteht. Nun geht es darum diesen Strukturwandel fair und ehrlich zu gestalten. Das sind wir diesem ehrenvollen Berufsstand des Bergmanns mehr als schuldig.

Manchmal schließt sich ein Kreis auf sonderbare Weise. In den 1990-er Jahren war ich fast 10 Jahre Vorsitzende der IGBCE- Ortsgruppe Dirmingen-Berschweiler. Nach meinem Berufswechsel im Jahr 2000 musste ich dieses Amt niederlegen. Noch vor dem zweiten Weltkrieg existierte in Dirmingen ein Bergmannsverein. Nach dem Krieg ging dieser Verein über in den Sterbe- und Unterstützerverein Dirmingen. Seit August bin ich Vorsitzender dieses größten Vereins unseres Heimatortes. Irgendwie kommt alles immer wieder zurück und dreht sich im Kreis.

Ich wünsche allen ehemaligen Bergleuten und allen Freunden einen besinnlichen Barbaratag und uns allen das Gedenken an den Bergbau.

Glück auf!

O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. In den Gefahren wollt uns bewahren. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. Sei uns Erretter bei schlagend Wetter. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. Wollst uns erhalten, wenn Felsen spalten. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara. O, St. Barbara, o, St. Barbara, aller Knappen Beschützerin. In den letzten Streiten steh’ uns zur Seite. Schütze uns, schütze uns, St. Barbara.

Traditionelles Knappenlied
Glück auf !

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