Ganz im Geiste des Turnvater Jahns ? – Turnen und Leichtathletik beim TV 04 Dirmingen
Im Jahre 1904 wurde der TV 04 Dirmingen ins Leben gerufen. Bei der Vereinsgründung, am 06. März 1904, ging es den Mitgliedern einzig und allein um die körperliche Ertüchtigung. Jahre zuvor hatte der bekannte Turnvater Jahn die Turngeräte Reck und Barren ins Bewusstsein der Menschen gebracht. Mit den neu erschaffenen Grundlagen erlebte das Turnen besonders gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen wahren Aufschwung.
Zur Gründungsversammlung in das Gasthaus Kammer waren damals 20 junge Männer erschienen. Jakob Gabler wurde zum ersten Vorsitzenden des Vereins gewählt. Gemäß den Idealen von Turnvater Jahn setzte der Verein zunächst ausschließlich auf körperliche Ertüchtigung, Geselligkeit und überraschenderweise auch auf das Theaterspielen. Bereits im Jahr 1911 strebte der junge Verein den Bau eines eigenen Turnplatzes an. Kurze Zeit später wollte der Verein die Errichtung einer Sporthalle in Dirmingen umsetzen. Beide Vorhaben scheiterten an den finanziellen Möglichkeiten.
Die Gemeinde Dirmingen stellte den ehemaligen Exerzierplatz auf Kirschborn in der Nähe der heutigen Wassertretanlage zur Verfügung. Dieser Platz war jedoch relativ weit entfernt von der Dorfmitte. Zum Übungsbetrieb nutzte der Verein deshalb den Brühl, den heutigen Brühlpark und eine Fläche im Hap (Flut Hapenuff). Neben dem Turnen wurde auch Leichtathletik, Schlagball, Faustball und Schleuderball gespielt. Im Jahr 1912 bekam der Verein die Ausrichtung eines Kreisturn- und Spielfestes zugesprochen. Mit dieser ersten großen Veranstaltung rückte der junge Verein erstmals in den Blickfang der Öffentlichkeit. Während dieser Veranstaltung wurde die neue Vereinsfahne feierlich eingewiehen.
Der Erste Weltkrieg beendete die Entwicklung des Vereins. Das Vereinsleben kam zum Erliegen. Von 88, männlichen Mitgliedern, wurden 57 zu den Waffen gerufen. Nach dem Ersten Weltkrieg erholte sich der Verein überraschenderweise sehr schnell und verfügte im Jahre 1918 wieder über fast 100 Mitglieder. Der Stellenwert eines Vereins war damals viel höher angesiedelt als in den heutigen Tagen. Die Menschen suchten im Vereinsleben Heimat und Abwechslung.
Wie auch in vielen anderen Turnvereinen, existierte beim TV 04 Dirmingen eine sogenannte vaterländliche Gesinnung. Der TV 04 Dirmingen war naturgemäß ein Kind seiner Zeit, wobei man diese Entwicklung keineswegs mit dem folgenden Nationalsozialismus in Verbindung bringen sollte. Tatsächlich dürfte die patriotische Einstellung vieler Turnvereine jedoch dem aufkommenden Bestreben der Nationalsozialisten in die Hände gespielt haben. Grundsätzlich gilt: Gute und Schlechte Leute gab es schon damals in jedem Verein. Bis heute ist die Aufarbeitung der NS-Geschehnisse, im Zusammenhang mit der Rolle der Turnbewegung ein wichtiges Anliegen des Deutschen Turnerbundes. Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte hat viel mit der Rolle des Turnvater Jahns zu tun. Friedrich Ludwig Jahn gründete am 13. November 1810 den geheimen Deutschen Bund zur Befreiung und Einigung Deutschlands. Diese Gemeinschaft stand ausschließlich Männern „deutscher Abstammung“ offen. Dabei waren Juden, selbst wenn sie zum Christentum konvertiert waren, von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Ich persönlich glaube nicht, dass die Geschichte des Turnvaters maßgebliche Einwirkungen auf die Entwicklung unseres Turnvereins hatte. Vielmehr suchten die Menschen in unserem Dorf eine passende Alternative ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Eine Mitgliedschaft im Turnverein zog Geselligkeit und körperliche Fitness mit sich.
Am 3. Juli 1921 beteiligte sich der TVD am Gauturnfest in St. Wendel. Die Vereinsmitglieder nutzten diese Veranstaltung um die vor der Beschlagnahme der Besatzungsmächte gerettet Vereinsfahne zu präsentieren. Der französischen Besatzungsmacht war diese Präsentation und die damit verbundene Aufwertung der väterländlichen Gesinnung ein Dorn im Auge. Schon in den 1920-er Jahren verfügte der Verein über eine gute Leichtathletikgruppe. Dabei stand insbesondere die Laufdisziplin im Vordergrund. Mitglieder des Vereins durften Bliesgau- und Saarlandmeisterschaften feiern. Dabei wurden Landesbestzeiten und neue Rekorde aufgestellt. Am 17. Juli 1921 veranstaltete der TVD ein Kreisturn- und Spielfest im Brühl, dem heutigen Brühlpark. In den Jahren von 1926 – 1936 nahm der Verein mit großem Erfolg an regionalen Turnfesten teil. Dabei wurden durch aktive Turner mehrere Landes- und Gaumeisterschaften errungen. Der Landesrekord von Hermann Wagner sen. über 1500 m in nur 4:00,5 Minuten wurde erst 1950 gebrochen.
Im Jahre 1925 nahm der Turnverein einen erneuten Anlauf, um einen eigenen Turnplatz zu errichten. Dabei erklärte sich jedes Vereinsmitglied dazu bereit, 40 Reichsmark zu spenden. Zum Vergleich: Um 40 Reichsmark aufzubringen, musste ein Bergmann damals etwa eine Woche arbeiten! Diese Geste der Mitglieder spricht für sich und zeigt die Verbindung und Solidarität zu dem eigenen Verein. Der Turnverein erwarb mit diesem Geld ein Grundstück auf dem Belker. Im April 1927 erfolgte der erste Spatenstich. Durch eine große Eigenleistung der Mitglieder wurde der neue Turnplatz auf dem Belker, dem heutigen Sportplatz, fertiggestellt. Vom 10. bis 12. August 1929 wurde durch die Ausrichtung eines Gauturnfestes die neue Sportanlage eingeweiht. Damals konnte noch niemand ahnen, dass diese Sportstätte einmal die Heimat des SV Dirmingen würde. Das Gauturnfest sorgte jedenfalls für großes Aufsehen. In ganz Dirmingen wurde ausgiebig mit einem Festzug und mehreren Festbällen gefeiert.
Im Jahre 1929 wurde die Abteilung Handball gegründet. Während den veränderten politischen Verhältnissen und den damit verbundenen Kriegswirren des zweiten Weltkrieges musste der vereinseigene Turnplatz auf dem Belker an die Gemeinde verkauft werden. Erneut litt der Verein unter den politischen Verhältnissen. Mitglieder wurden an die Front gerufen und kamen nicht wieder Nachhause. Im Jahre 1940 existierte der Verein praktisch nicht mehr.
Am 29. Dezember 1945 wurde eine neue Verordnung über die Umbildung der Sportvereine im Saargebiet verabschiedet. Jedes Dorf durfte lediglich einen Verein bilden, der alle Sportarten integrierte. Diese Vereine wurden Omni-Sportvereine genannt. Die gleiche Reglung wurde damals auch für kulturelle Vereine getroffen. Bereits 1946 wurden erstmals wieder Handballspiele angesetzt. Ein neues Vereinsgesetz vom 13.07.1950 ermöglichte die Neugründung des Turnverein Dirmingen. In der Gründungsversammlung, in Kammer-Wirtschaft, wurde Karl Hell zum Vorsitzenden gewählt. Der Verein teilte sich in die Sparten Turnen, Leichtathletik und Handball auf. In den 1950-er Jahren wurden auf dem Belker die Illtalkampfspiele durchgeführt. Dabei konnte ein Mitglied des Vereins die DTB Meisterschaft im Jugend Fünfkampf-Meisterschaft erringen. Diese Turnveranstaltung leitete praktisch das Ende einer Ära ein.
In den folgenden Jahren gerieten das Turnen und auch die Leichtathletik immer mehr ins Hintertreffen. Im Bereich des Breitensports wuden jedoch neue Wege eingeschlagen. Es entstanden zunächst das Hausfrauenturnen, das Kinderturnen und später eine Gymnastikgruppe. Neben dem Handball wurden auch erfolgreich Prellball und Völkerball gespielt. Das Turnen spielt also bis heute eine gewichtige Rolle beim TVD. Gut für den Verein, gut für das Dorf !
Und dann, gibt es da noch den Handball. Aber dass, …ist eine andere Geschichte.
Infos über den TV 04 Dirmingen findet man auf http://www.tv04dirmingen.de/
Quelle: Vereinschronik TV 04 Dirmingen und eigene Recherche