Erinnerungen an die Zeit der “Schönen Aussicht” – Blick zurück und nach vorne !

Das Naherholungsgebiet “Steinrausche” betreibt schon allein mit seinen idyllischen Wanderwegen und dem romantischen Waldgebiet Werbung für den sanften Tourismus. Dort, inmitten des Waldes, befindet sich eines der bedeutendsten geologischen Naturdenkmal des Landkreises Neunkirchen: Die „Steenrutsch“. Dieses quarzitisches Konglomerat, dessen Steinblöcke in einem Umkreis von 100,00 m liegen tritt aus den sogenannten Kuseler Schichten hervor und bildet ein festes Gestein, das im Laufe der Jahrtausende zu Felsgestein wurde. Die „Steenrutsch“ liegt im Distrikt 110 des Saarforstes Neunkirchen, am Nordwesthang des Großen Elmersberges und gehört zu den oberen Kuseler Schichten. Rund um dieses wunderbare Naturdenkmal findet der Wanderer, Spaziergänger oder Sportler ein vielfältiges Angebot zur Naherholung oder zum Sport treiben. Wir alle tragen eine gewisse Verantwortung dafür, dass das direkte Umfeld der „Steenrutsch“ ansehnlich bleibt und auch den nachfolgenden Generationen zur Erholung dient. In den letzten Jahren bereitete uns der Zustand des Naherholungsgebietes immer wieder Sorgen. Besonders die im Jahre 1978 erbauten Wassertretanlage oder das erbaute Denkmal aus dem Jahre 1955 sorgen immer wieder für Aufsehen. Auf der anderen Seite gibt es neben der „Steenrutsch“ viele andere wunderschöne Sehenswürdigkeiten wie die Marienkapelle am „Großen Elmersberg“ oder die drei Eichen oberhalb der Wassertretanlage.

In den 1960-er Jahren entwickelte sich in Deutschland ein neuer, großartiger Trend: Das Wandern. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das Wandern Teil des bürgerlichen Lebens und zum neuen Freizeitspaß für die ganze Familie. Mit der steigenden Beliebtheit wuchs die benötigte Infrastruktur. Dazu gehörten neben den Wanderwegen auch gut ausgearbeitete Wanderkarten sowie gut ausgeschilderte und befestigte Routen. Im 20. Jahrhundert wurden bundesweit viele Wandervereine gegründet. Ich erinnere mich noch heute gerne an die wunderbaren IVV-Wanderungen durch unseren Heimatort. Der Wandertrend verknüpfte das persönliche Naturerlebnis mit dem Gemeinschaftssinn. Im Laufe der Jahre versuchte man das Wandern weiter aufzuwerten und durch eine neue angepasste Infrastruktur zu verbessern. Dazu gehörten unter anderem Aussichtsplattformen oder auch Schutzhütten. Von den damals in den 1960-er und 1970-er Jahren errichteten ersten Schutzhütten konnten bis heute nur wenige erhalten bleiben. Das gleiche Schicksal ereilte die im Naherholungsgebiet am Rande des Waldparkplatzes befindliche Schutzhütte „Zur schönen Aussicht“. Der Zeitgeist nagte massiv an der liebevoll hergerichteten Hütte. Mit den Jahren wurde das Holz morsch und brüchig. Am Ende konnte man eine Gefahr für Mensch und Tier nicht mehr ausschließen.

“Steenrutsch”

Im Jahre 2020 musste die kleine, schöne, idyllische Schutzhütte von der Gemeinde abgerissen, eingeebnet und entfernt werden. Als Ortsvorsteher war die Zustimmung zu diesem Verfahren praktisch eine meiner ersten Amtshandlungen. Leider blieb mir nach der Anfrage der Gemeindespitze keine Wahl als dem Abriss der legendären Schutzhütte zuzustimmen. Durch das morsche, brüchige Holz war die Hütte an vielen Stellen völlig haltlos. In diesem Zustand konnte die „Schöne Ausschicht“ keinem Wanderer oder Spaziergänger eine echte Freude bereiten. Von der Idee die Hütte zu reparieren oder zu sanieren, mussten wir damals schnell Abstand nehmen. Es war einfach nichts mehr zu machen! Schweren Herzens mussten wir uns also von der „Schönen Aussicht“ verabschieden. Wobei, so ganz hatte die Hütte diesen Namen längst nicht mehr verdient. Von einer „schönen Aussicht“ konnte zu diesem Zeitpunkt keine Rede mehr sein. Zahlreiche Bäume verdeckten den ehemals freien und schönen Blick über das Dirminger Tal.

Schutzhütten dienten in unbebautem Gebiet und im Wald dem Schutz vor Unwetter und starkem Schneefall. Schutzhütten können bewirtschaftet oder unbewirtschaftet betrieben werden. Sie waren ein Ort der Erholung, des Austauschs und des Schutzes. Im Saarland wurden solche Hütten meistens in ehrenamtliches Engagement aufgebaut und betrieben. Während die Schutzhütten beispielsweise in den Alpen einen hohen Stellenwert genossen und oftmals sogar das Überleben der Alpinisten sicherten, wurden in unseren Gegenden Schutzhütten für den sanften Tourismus aufgebaut. Am Ende dienten solche Schutzhütten wie zum Beispiel in Dirmingen überwiegend dem gesellschaftlichen Aspekt.

Es dürfte um das Jahr 1983 gewesen sein. Damals machten sich ein paar Männer auf, um am Waldesrand auf dem Dirminger Hundsberg unmittelbar neben dem Denkmal eine Schutzhütte zu errichten. Die Dirminger Fritz Fell und Horst Schäfer gehörten zu den Männern der ersten Stunde. Gemeinsam mit einigen Weggefährten übernahmen sie Verantwortung für den Bau der Schutzhütte. Leider ist es mir nicht gelungen alle Namen der engagierten Männer zusammenzukratzen. Der zuständige Förster des Waldgebietes rund um die „Steenrutsch“ stellte dem motivierten Männerkreis das Holz für den Hüttenbau zur Verfügung.  Das Holz wurde in einem Sägewerk in Freisen zurechtgeschnitten und zubereitet. Im Laufe der Zeit bereitete die schöne Hütte vielen Menschen eine große Freude. Durch die „Schöne Aussicht“ wurde die Fläche zwischen dem Denkmal und dem Waldparkplatz massiv aufgewertet. Inspiriert von der „Schönen Aussicht“ entstanden viele weitere Ideen zur Aufwertung des Areals. So entstand unter anderem auch „Klein-Finkenrech“ oder eine weitere kleine Erholungshütte in der Nähe der Parkfläche.

Der rührige Dirminger Franz Masella kümmerte sich jahrelang in ehrenamtliches Engagement um die Schutzhütte. In liebevoller Kleinarbeit pflegte der Rentner das Bauwerk und wertete das Kleinod Stück für Stück weiter auf. Täglich kehrten Wanderer und Spaziergänger an der „Schönen Aussicht“ ein und genossen in lustiger Runde das ein oder andere „Schäfer Bier“. Mit der Zeit kamen immer mehr Leute aus dem Dorf einfach so zur „Schönen Aussicht“ um dort ihre Freizeit zu genießen. Man saß zusammen am Tisch, trank ein paar Bier, Wein oder einfach nur Wasser und ließ den Alltag Revue passieren. Die „Schöne Aussicht“ wurde zu einem kommunikativen Ort, an dem die Menschen sich trafen und austauschten. In der Hütte befanden sich zahlreiche Wanderteller, Urkunden, Bilder, Kupferstiche und viele lustige Aufkleber. Vor der Hütte wurde im Laufe der Jahre neue Sitzgelegenheiten aufgestellt. Der Beliebtheitsgrad der „Schönen Aussicht“ wuchs stetig und man war ständig bemüht neue Idee rund um das Anwesen zu knüpfen. Dazu gehörten „Dämmerschoppen“, „Frühschoppen“ oder einfach nur Kaffee und Kuchen- Nachmittage.

Nachdem Franz Masella verstarb, ging es mit dem Zustand der Hütte rapide bergab. In Kürze wurde leider niemand mehr gefunden, der sich um die “Schöne Aussicht” kümmern wollte. Den Namen „Schönen Aussicht“ hatte die kultige Hütte zu diesem Zeitpunkt leider auch schon verloren. Im Zuge eines Waldfests wurde das Areal noch einmal aufwendig hergerichtet und aufgewertet. Leider konnte dieser Zustand nicht lange gehalten werden.

Wer ist verantwortlich für den aktuellen nur mäßigen Zustand des Naherholungsgebietes? Natürlich haben wir es in den letzten Jahren mit einer gewissen gesellschaftlichen Verrohung zu tun. Auf der anderen Seite könnten auch von den zuständigen Behörden einige Handgriffe mehr gemacht werden. Die Lösung liegt wieder mal allein im Miteinander. Selbstverständlich sehe ich auch unsere Gemeindeverwaltung und den Landkreis in der Verantwortung. So wie es ist, kann es nicht bleiben! So ist es einfach keine Werbung für unseren Heimatort und auch nicht für unsere Gemeinde. Um das Naherholungsgebiet „Steenrutsch“ zu erhalten, müssen wir uns mehr sensibilisieren und aufhören mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Die „Schöne Aussicht“ ist Geschichte. Ein Neubau würde auch nur dann Sinn ergeben, wenn man das alte Flair, die ursprünglichen Voraussetzungen und auch das diesbezügliche Ehrenamtliche Engagement wieder herstellen könnte. Es gibt auch viele andere Möglichkeiten das Naherholungsgebiet weiter aufzuwerten. Innovation ist gefragt ! Ich persönlich würde mich schon mal über eine weitgehende Beschilderung und Wegweisung zur „Steenrutsch“ freuen. Wenn wir unser Naturdenkmal in den Blickpunkt des sanften Tourismus stellen möchten, müssen wir den Leuten auch zeigen, wie sie dort hingelangen. Der Ortsrat Dirmingen möchte sich demnächst mit dem Thema „Steenrutschgebiet“ auseinandersetzen. Dabei soll auch das Areal um das alte Denkmal eine gewichtige Rolle spielen. Wie gehen wir mit diesem in die Jahre gekommenen Kulturgut um ? Guter Rat ist teuer! Egal, wir müssen dranbleiben !