Nie wieder ist jetzt ! – Dirmingen setzt ein Zeichen für Menschlichkeit!

Vor 90 Jahren, am 30. Januar 1933, wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler erkoren. Zuvor herrschte in unserem Land eine große kollektive Unzufriedenheit. Die heutige Zeit wird in der Öffentlichkeit immer öfter mit der „Weimarer Republik“ verglichen. Zurecht? Schon im März 1933 eröffneten die Nazis in Dachau ihr erstes Konzentrationslager. Mit dem Ermächtigungsgesetz am 24. März 1933 übertrugen die Mitglieder des Deutschen Reichstages die gesetzgebende Gewalt vollständig der neuen NS -Reichsregierung. Die demokratische Staatsordnung wurde mit diesem Beschluss praktisch aufgehoben. Einzig die Sozialdemokratische Partei Deutschlands widersetzte sich und stimmte geschlossen gegen dieses Ermächtigungsgesetz. Für mich persönlich eine Sternstunde der Sozialdemokratie und mit unter ein Grund Mitglied in dieser Partei zu werden. Der berühmte Satz „Wer hat uns verraten, Sozialdemokraten“ stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Zumindest in diesem Kontext herrscht ein gewisser Bezug zu den heutigen Zeiten. Die Ampel ist alles andere als beliebt und der Umgangston wird stetig rauer.

Uns allen fällt es zusehends schwerer das Gute von dem Bösen zu unterscheiden. Irgendwie glaubt jeder es gut zu meinen und den richtigen Ansatz zu haben. Leider kann längst nicht jeder allzu gut mit seiner Tastatur und der damit verbundenen Meinungsfreiheit umgehen. Die sozialen Netzwerke werden zum Schlachtfeld der gefrusteten Eitelkeiten. Schuld ist grundsätzlich immer die Politik. Selbst wenn irgendwo ein Reissack umfällt, findet man in der Regierung einen Schuldigen. Keine Frage, unsere Demokratie lebt von konstruktiver Kritik. Hass, Wut und Verunglimpfungen sollten jedoch tunlichst vermieden werden. Auch Kommunalpolitiker bekommen Wut, Abneigung und Hass zu spüren. Unter dem Deckmantel der Demokratie und der damit verbundenen Meinungsfreiheit werden auch Kommunalpolitiker massiv angegangen und persönlich beleidigt. Muss das sein?

Das alles macht müde, traurig und nachdenklich. Der Wind hat sich gedreht und die Zeiten werden rauer und unsicherer. So manch einem wird beim Blick in die Zukunft bange. Letztens hat mir ein befreundeter Kommunalpolitiker berichtet, dass er auch aufgrund diverser Anfeindungen nicht mehr ein Mandat anstrebt. So weit sind wir also gekommen. Na gut! Die Politik ist dazu verdammt diese Stimmung auszuhalten. Ganz anders verhält es sich jedoch mit unseren Nachbarn, Freunden, Bekannten, Mitbürgern oder Familienangehörigen. Irgendwo in Deutschland treffen sich Menschen, um über Remigration und Deportation zu beraten. Dieses Treffen hat mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weggerissen. Wie tief sind wir gesunken? Wie konnte es so weit kommen?

Natürlich ist nicht jedes Mitglied, Sympathisant oder Wähler der AFD rechtsextrem. Nein, dass wäre zu einfach. Selbst ein Verbotsverfahren wäre aus meiner Sicht ein Zeichen demokratischer Schwäche. Nein, wir müssen in die Diskussion eintreten und andere Meinungen aushalten. Die Lösung liegt im Dialog und im gemeinsamen Gespräch. Wir sollten einfach mal das Herz über den Kopf stellen.

Nun ziehen seit Wochen Millionen von Menschen in Deutschland durch die Straßen, um für mehr Demokratie und gegen Fremdenhass zu demonstrieren. Gut so! Mal wieder muss es das Volk richten! Friedliche Demonstrationen haben schon oft für eine buchstäbliche Zeitenwende gesorgt. Es ist an der Zeit aufzustehen und ein Signal zu setzen. Fremdenhass, Antisemitismus oder Asyl Neid dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz finden. Das alles hatten wir vor 90 Jahren schon einmal. Eigentlich dachte ich, dass wir diesbezüglich längst über den Berg wären. Leider droht sich die Geschichte zu wiederholen!

Das alles ist hier, bei uns, auch vor unserer Haustür. Wenn ich durch unsere Straßen spaziere und an unsere Vereine oder Organisationen denke, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Überall befinden sich gute Menschen mit Migrationshintergrund. Diese Leute tragen unsere Dorfgemeinschaft und stärken unsere Infrastruktur. Menschen mit Migrationshintergrund beleben unsere Geschäftswelt und unser Gewerbe. Das alles soll jetzt keinen Wert mehr haben? Nein, meine Damen und Herren, ohne mich! Ich mache da nicht mit!

Unser Dorf hat wie kaum ein anderes unter den schrecklichen Kriegswirren gelitten. Auch hier wurden Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder politischen Einstellung verunglimpft, gefoltert und getötet. In Dirmingen liegt seit dem 8. Mai 2022 ein Stolperstein – zur Erinnerung an den Dirminger Rudolf Wohlfart, der von den Nazis ermordet wurde. Der Sohn Rudolf Wohlfart bestätigte einmal, dass sein Vater früh Mitglied in der NSDAP gewesen sei. Doch sehr schnell hätte Wohlfart gemerkt „dass das nichts taugt.“ Irgendwann wurde Wohlfart aus augenscheinlichen Gründen deportiert, eingesperrt und schließlich getötet.

Auf dem einzigen Stolperstein in der Gemeinde Eppelborn steht:

„Hier wohnte Rudolf Wohlfart“ steht auf der kleinen Messingplatte im Bürgersteig. „Jahrgang 1902. Seit 1935 in mehreren Heilanstalten. Ermordet 28.2.1941. Aktion T4.“

Stolperstein Dirmingen – T4 steht für die erste Welle der NS-Morde an Menschen in Pflege- und Heilanstalten.

Wehret den Anfängen! So etwas wie vor 90 Jahren braucht kein Mensch. Wir brauchen ein deutliches, sichtbares Signal. Auch hier bei uns im Dorf. Warum in die Ferne schweifen ? Am Ende brauchten wir nur einige Telefonate und ein gemeinsames Treffen um einen Schulterschluss zu finden. Der Ortsrat Dirmingen wird mit Unterstützung der evangelischen Kirchengemeinde St. Wendel- Illtal und der katholischen Pfarreiengemeinschaft Eppelborn- Dirmingen eine Aktion gegen „Rechtes Gedankengut“ durchführen. Eine „bewegte Lichterkette“ von der katholischen zur evangelischen Kirche soll als sichtbares Zeichen dienen.

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