Sophie Scholl: “Die Sonne scheint noch”

Sophie Scholl.

Widerstandskämpferin, Heldin, Idol, Vorbild, wer war diese junge Frau?

Das Schicksal jungen Sophie Scholl fasziniert mich ungemein. Obwohl das Bücherlesen so gar nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, habe schon zwei Bücher über das Leben der jungen Widerstandskämpferin gelesen. Die Mitglieder der „Weißen Rose“ werden heute Helden, Legenden, Halbgöttern oder Märtyrern hochbeschworen. Sophie Scholl gilt als Ikone des Widerstandes. Dabei war Sie beim ihrem Kampf gegen den Nationalsozialismus längst nicht auf sich alleine gestellt. Bevor die Geschwister Scholl in den organisierten Wiederstand gingen, waren beide von der nationalsozialistischen Idee begeistert. Erst später wurden Hans und Sophie Scholl zu erbitterten Kritikern und Feinden des NS-Regimes. In den letzten Jahren ist ein regelrechter Fankult um die junge Frau entstanden. Warum? Wer war Sophie Scholl?

Was fasziniert mich an den Geschwistern Scholl und den Mitgliedern der „Weißen Rose“? War es ihr absolutes Eintreten gegen jede Form von Unrecht und Gewalt? War es ihr Idealismus oder ihr Glaube? Wenn man sich mit dem Leben der jungen Sophie Scholl beschäftigen möchte, wird man mit Dokus, Büchern oder Informationen praktisch zugeschüttet. Man sagt Sie wäre eine ernste, entschlossene und nachdenkliche junge Frau mit einem tiefen Glauben gewesen. Ich habe nicht das Recht diese junge Frau zu beschreiben. Leider kannten wir uns nicht und es wäre unangemessen mir ein Urteil oder Bild von ihr zu machen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich auf vorliegende Fakten und meine Gedanken zu beschränken.

Sophie Scholl. Am meisten fasziniert ihr Mut, die Entschlossenheit und das tiefe Selbstvertrauen es richtig zu machen. Was muss diese junge Frau für einen starken Glauben gehabt haben. Als die Geschwister Scholl gemeinsam mit Christoph Probst am 22. Februar 1943 durch den NS-Henker Johann Reichhart enthauptet wurden, nahmen nur die wenigsten im Land davon Kenntnis.  Der Henker sagt einmal, dass er noch nie jemanden so tapfer sterben gesehen hat, wie Sophie Scholl. Woher nahm diese junge Frau ihre Kraft.

Es wird berichtet, dass Sie während der Festnahme, den vielen Verhören bis hin zu ihrer Hinrichtung ganz ruhig gewesen sein soll. Dabei wusste Sophie schon sehr früh, dass sie mit der Todesstrafe rechnen musste. Hans und Sophie verband eine tiefe Geschwisterliebe. Beide versuchten gegenseitig den anderen zu schützen. Hans wollte schon unmittelbar nach der Verhaftung die ganze Schuld auf sich nehmen. Sophie ließ das nicht zu und setzte somit bewusst ihr junges Leben aufs Spiel. Mutig stellte sich Sophie Scholl den Nazi- Schergen entgegen. In ihrem Verhör und auch während der Gerichtsverhandlung stand die junge Frau zu ihren Werten und entgegnete unbeirrt ihre Meinung.

Ich hätte die Mitglieder der “Weißen Rose” so gerne einmal kennengelernt. Diese Welt braucht mehr Menschen wie Sophie und Hans Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell oder Willi Graf. Menschen, die für ihre Ideale und ihre Werte einstehen und dabei auch das eigene Leben riskieren. Menschen, die sich für andere einsetzen, aufstehen und ohne Angst gegen das Mächtige geradestehen.

Sowohl Hans Scholl als auch der verhörende Gestapo-Kommissar Robert Mohr versuchten, zumindest das Leben von Sophie Scholl zu retten.  Der NS -Mann Mohr hatte Sophie Scholl während der Vernehmung zweimal die Chance gegeben, der Höchststrafe zu entkommen. Sophie Scholl hätte die Verantwortung für die Flugblätter von sich weisen können und sich von der Überzeugung des Bruders distanzieren müssen. Hans Scholl hatte behauptet, die Schriften ganz allein produziert und verbreitet zu haben. Doch Sophie Scholl ließ sich darauf nicht ein. Sie nahm alle Schuld auf sich und versuchte wiederum, den Bruder zu entlasten. Sophie Scholl sagte: „Sie täuschen sich, ich würde alles genau noch einmal so machen, denn nicht ich, sondern Sie haben die falsche Weltanschauung.“ (Sophie Scholl in ihrem Verhör)

„Ich bin nach wie vor der Meinung, das Beste getan zu haben, was ich gerade jetzt für mein Volk tun konnte. Ich bereue deshalb meine Handlungsweise nicht und will die Folgen, die mir aus meiner Handlungsweise erwachsen, auf mich nehmen.“

Sophie Scholl‘s Antwort auf die Abschlussfrage des Verhörs

War es falscher Stolz oder einfach nur reiner Wahnsinn? Am Ende bleibt diese junge Frau ein Brief mit sieben Siegeln. Sie war der Inbegriff der Zivilcourage und die Stimme der verstummten deutschen Jugend. Während ihr Bruder Hans Scholl ein eher ruhiger, in sich kehrender Freiheitskämpfer war, zog Sophie Scholl ihre Kraft aus ihrem tiefen Glauben. In meinem vorliegenden Buch wird Sie wie folgt beschrieben; „Sophie war still, nachdenklich und in sich gekehrt, aber auch sportlich und sehr eigenständig. Sie verfügte über ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und stand hundertprozentig zu einer Sache, die sie als richtig empfand. Sie liebte die Natur, spielte leidenschaftlich gern Klavier, Blockflöte und Gitarre und Sie war eine begeisterte Tänzerin und talentierte Zeichnerin.

Als junge Widerstandskämpferin und Mitglied der »Weißen Rose« wurde Sophie Scholl zum Mythos und Synonym des Widerstands. Besonders Ihr unerschrockener Mut beeindruckt bis heute. Das alles habe ich gelesen, ja fast in mich eingezogen. Eine Zeitlang war ich verrückt nach neuen Informationen und beteiligte mich voller Inbrunst an dem ganzen „Scholl- Hype“. Vielleicht war Sophie Scholl ganz anders und ich habe mir ein völlig falsches Bild angeeignet. Offensichtlich hatte Sophie keine Angst vor dem Tod. Der Glaube dieses jungen Mädchens muss unerschütterlich gewesen sein.

Beeindruckend ist auch die Geschichte in der Stunde vor ihrem Tod. Sophies Schwester Inge Aicher-Scholl erinnert in ihrem Buch an das letzte Familientreffen und die letzte Begegnung im Todestrakt. Nur etwa zehn Minuten blieben den Eltern Robert und Magdalena Scholl an diesem Nachmittag des 22. Februars 1943 gegen 16:00 Uhr.  Inge Aicher Scholl schilderten von einer “wundersame Bereitschaft, mit der sich Sophie von ihrem Leben löste”, und ihr “strahlendes Lächeln, als schaue sie in die Sonne”. Nach dem Abschied von den Eltern ging Sie mit ihrem Bruder ganz furchtlos, gelassen und von einem tiefen Enthusiasmus erfüllt zu ihrer Hinrichtung.

Woher zog Sophie Scholl diese Kraft? Wenige Stunden vor ihrer Hinrichtung schrieb Sophie Scholl in ihr Tagebuch:  »So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich soll gehen. Aber was liegt an unserem Leben, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt werden« Wenige Stunden später war Sie tot. Sophie Scholl wurde als erstes hingerichtet. Ihre letzten Worte waren: “Die Sonne scheint noch.”

“Die Sonne scheint noch”. Diese letzten Worte wirken auf mich wie ein Vermächtnis. Wenn man sich mit der Geschichte der jungen Frau beschäftigt, kommt man zwangsläufig nicht daran vorbei eine Menge in diesen Satz zu interpretieren.

“Die Sonne scheint noch”. Was wollte Sie damit sagen? War es nur eine Feststellung oder ein Mutmacher? Für mich persönlich hat dieser Satz so viel Hoffnung, Glaube und Zuversicht. Vielleicht wollte Sie sagen: „Noch ist es nicht vorbei, gebt nicht auf und wehrt euch, die Sonne scheint immer noch“ Was sie aber tatsächlich mit diesem Satz meinte, kann niemand beantworten. Vielleicht war es wirklich nur ein völlig unbedeutender Satz der schlicht dahingesagt wurde. Schließlich muss der Hinrichtungstag ein schöner Wintertag gewesen sein.

Hans Scholls letzten Worte unter dem Fallbeil waren: „Freiheit“- Genau dieses Wort hatte auch Sophie Scholl während der Gerichtsverhandlung auf ihre Anklageschrift gekritzelt. Es ist Sophie Scholls aller letzte Botschaft. Mit Bleistift steht dort in kunstvollen Schwüngen geschrieben: “Freiheit.”

Aus meiner Sicht war Sophie Scholl keine Superheldin und längst auch keine Nationalheldin. Bestimmt wollte Sie auch kein Idol, Vorbild oder Märtyrerin werden. Sie wollte Leben, tanzen, lachen und lieben. Sophie Scholl war Mensch. Ich stelle mir Sophie Scholl als gradlinig, ehrlich und fest im Glauben vor.

Im letzten Jahr machte mir meine Frau ein besonders Geschenk. Sie hat mir von einer regionalen Malerin eine Zeichnung von Sophie Scholl anfertigen lassen. Mit Bildrechten ist es ja immer so eine Sache und ich wollte nicht schon wieder Lehrgeld zahlen. Auf der anderen Seite wollte ich unbedingt etwas persönliches besitzen, dass ich mit meiner Bewunderung verknüpfen kann. Seitdem hängt ein Gemälde von Sophie Scholl in meinem Arbeitszimmer. Ergänzt wird die Zeichnung durch mein persönliches Lieblingszitat der jungen Freiheitskämpferin.

Nein, ich hege keinen Fankult. Ich bewundere lediglich einen großartigen Menschen. Immer wenn ich das Bild ansehe, bestärkt mich diese Gemälde in meinem Tun, Wirken und Glauben. Das Bild macht mir Mut. Oder besser noch, wie Sophie Scholl einst sagte: „Steh zu den Dingen, an die du glaubst. Auch, wenn du alleine dort stehst”

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