Schweigende Zeitzeugen unserer Geschichte – Von historischen Grenzsteinen im Dirminger Wald
Nur wer seine Grenzen kennt, weiß, wann er sie überschreitet. (Rupert Schützbach (*1933),
Früher spielten wir viel im Freien. Wir trafen uns auf der Straße, im Wald oder auf der Wiese zum Rollenspiel. Gemeinsam gingen wir auf Entdeckungsreise und lernten spielend unsere Heimat kennen. Unsere Straße oder unser Wald war ein Ort, an dem wir uns frei fühlten und Spiele erfunden haben. Dabei spielte es keine Rolle, ob es regnete, kalt war oder ob die Sonne schien.
Beim Kinderspiel nutzten wir die großen klotz-förmigen Steine als Hürde oder als Versteck. Dabei war es uns völlig egal warum diese Steine mitten im Wald standen. Erst viele Jahre später erfuhr ich von der Bedeutung dieser historischen Grenzsteine, im Dirminger Wald.
Die Grenzsteine sind Teil unserer Geschichte und inzwischen über 270 Jahre alt!
Täglich passieren Spaziergänger und Wanderer die historischen Steine ohne ihnen dabei Beachtung zu schenken. Die großen Grenzsteine sind längst in die Natur und unsere gewohnte Umgebung übergegangen. Kaum einer fragt noch nach der Herkunft oder der Bedeutung dieser Grenzsteine. Sie stehen einfach da und standen irgendwie schon immer an Ort und Stelle.
Woher kommen diese Grenzsteine und wer hat sie aufgestellt? Als Heimatforscher habe ich mich natürlich längst mit diesen Steinen befasst und bin seitdem fasziniert von diesem echten Stück Dirminger Geschichte.
Im nördlichen Teil unseres Heimatortes befinden sich, in der Nähe des Freizeitzentrums Finkenrech, diese historischen Grenzsteine. Auch im Naherholungsgebiet Steinrausch findet man noch einige wenige Exemplare dieser Steine. Die Steine sind aus lokalem verkieselten Sandstein angefertigt und bilden eine sogenannte Grenzlinie. Die Steine stammen aus der Zeit des Fürstentum Nassau-Saarbrücken. In die Grenzsteine wurde die sogenannte „Wolfsangel“ eingemeißelt, Diese „Wolfsangel“ finden wir außerdem im Wappen unseres Heimatortes Dirmingen. Die Z-förmige Wolfsangel und die Buchstaben NS auf den Grenzsteinen stehen für Nassau-Saarbrücken. Das Rautenwappen steht für das bekannte Regentenhaus Wittelsbach. Das ursprüngliche französische Drei-Lilien-Wappen wurde nach 1787 umgearbeitet. Damit die Steine nicht heimlich von der anderen Seite aus dem Weg geräumt wurden, hat man sie damals nummeriert. Die Inschriften lassen erkennen, dass die Grenzsteine im Jahre 1767 gesetzt wurden. Die Bezeichnung KW stammt aus dem frühen 19.Jahrhundert und bedeutet königlicher Wald.
Manchmal wünschte ich mir, diese historischen Steine könnten sprechen und von der Geschichte unserer Heimat berichten. Die Grenzsteine haben Krieg und Zerstörung überstanden und sind bis heute schweigende Zeitzeugen unserer Geschichte.
Über viele Jahrhunderte hinweg verschoben sich immer wieder die Grenzen mitteleuropäischer Fürstentümer. Ganz oft wechselten sogar ganze Gebiete und Regionen ihre Herrschaft. Die Grenzsteine dienten dazu die eigenen Gebiete von den Nachbarn abzugrenzen. Ortsfremde erkannten somit sofort auf welchem Terrain sie sich gerade befanden. Bereits im Jahre 1738 wurde, im „Frieden von Wien“, dem vertriebenen Polenkönig Stanislaus Lescynski das Herzogtum Lothringen zugesprochen.
In diesem Herzogtum befand sich auch unser Amt Schaumburg mit der Baronie Eppelborn und den an Dirmingen grenzenden Dörfern Sotzweiler und Thalexweiler. Als der Polenkönig Lescynski 1766 verstarb, wurde Lothringen zu einer französischen Provinz. Die Grenze zwischen Dirmingen, Eppelborn Thalexweiler und Sotzweiler wurde damit zur Staatsgrenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und dem Königreich Frankreich. Die historischen Grenzsteine im Dirminger Wald erinnern uns also heute noch an die Herrschaftsgrenzen des 18. Jahrhunderts. Im Jahre 1787 wurde das Oberamt Schaumburg, im Zuge einer Grenzregulierung zwischen Pfalz-Zweibrücken und Frankreich, den Pfälzern zugesprochen.
Die historischen Grenzsteine symbolisieren noch heute die Gemarkungsgrenzen von Dirmingen.
Bei einer Wanderung des „Grenzstein-Wanderweges“ auf Finkenrech, kann man vieles über die historischen stummen Zeitzeugen erfahren.