„Lost Palaces“ sinnvoll gestalten – Von der historischen Backsteinfabrik zum Beweidungsprojekt der Naturlandstiftung Saar
„Lost Places“ sind verlassene Orte, die eine besondere Faszination auf die Menschen ausüben. In aller Regel handelt es sich um leerstehende, ungenutzte oder vergessene Gebäude oder ein Gelände. Diese Schauplätze ziehen durch ihren Verfall oder ihre Geschichte immer wieder die Menschen in ihren Bann. Die geheimnisvolle und verlassene Atmosphäre birgt viel Platz für persönliche Interpretationen. Was hat sich hier an diesem Ort vor langer Zeit abgespielt und welche Geschichte verbirgt sich dahinter? Das Gelände der ehemaligen Backsteinfabrik oder Dampfziegelei ist eigentlich kein „Lost Places“ im herkömmlichen Sinne. Viel ist nicht mehr zu sehen von der alten historischen Backsteinfabrik. Dennoch hat das Gelände mit seinem unvergleichbaren Charme einen neuen Nutzen gefunden.
Heute dient die ungenutzte Industriebrache Schafen und Ziegen als Zuhause. Mit viel Arbeit und intensiver Pflege ist im Laufe der Jahre ein wahres Naturparadies entstanden. Der Landesbetrieb für Straßenbau hat die Beweidung durch Schafe und Ziegen finanziert. Die Weidetiere helfen dabei besondere Pflanzenarten wie den Riesen-Bärenklau oder das Springkraut zu verdrängen. Das etwa zehn Hektar große Gelände der ehemaligen Backsteinfabrik ist das erste Naturschutzgebiet, der im Jahre 1976 gegründeten Naturlandstiftung Saar. Im September des Jahres 1977 schenkte die Firma Picard-Gross der Naturlandstiftung Saar das Gelände der ehemaligen Backsteinfabrik. Auf Wunsch des Schenkers sollte auf diesem Gelände ein Schutzgebiet für die einheimischen Pflanzen und Tierwelt entstehen.


In den letzten Jahren wuchs bundesweit das Interesse an verlassenen Orten. Mittlerweile gibt es Menschen, die sich mit diesen magischen Orten beschäftigen und diese „Lost Places“ sogar völlig illegal aufsuchen. Viele dieser verlassenen Orte befinden sich im Privatbesitz oder gehören der öffentlichen Hand. Dennoch machen sich viele „Lost Places-Touristen“ einen Spaß daraus diese Gebäude oder Orte aufzusuchen und zu fotografieren. Natürlich geht es, neben der Abenteuerlust, auch um ein Stück Vergangenheitsbewältigung. Zugegebenermaßen entstehen oft wunderbare Bilder, die einen gewissen Zauber mit sich bringen. Es ist der einzigartige Charme, die Verlockung, die Aura und das Geheimnisvolle, das die Menschen wieder zu diesen verlassenen Orten lockt. Es scheint, als würde die Zeit stillstehen. Auf vielen Bildern steht das Essensbesteck noch auf dem Tisch oder der Bettbezug ist noch aufgezogen. „Lost Places“, auf Deutsch „verlassene Orte“ lassen uns in Erinnerung schwelgen. Dabei handelt es sich bei vielen verlassenen Orte nicht nur um historische Gebäude, sondern auch verwilderte Gebiete, die von Menschen zurückgelassen wurden. Diese Gebiete wurden über viele Jahre hinweg der Witterung und der Natur überlassen und dem Verfall hingegeben.


In vielen Fällen ist das fehlende Interesse an dem Erhalt des Gebäudes oder des Gebietes der eigentliche Grund für den Verfall. Oftmals fehlt es an Geld für Instandhaltung, die Restaurierung oder den Gebäudeabriss. In Dirmingen hingegen wurde eine sinnvolle Nutzung für das Gelände der ehemaligen Backsteinfabrik gefunden. Nein, das Gelände der historischen Dampfziegelei in Dirmingen ist kein „Lost Places“ im herkömmlichen Sinn. Die Fabrik wurde bereits im Jahre 1961 gesprengt und bis auf die Grundmauern niedergerissen. An die eigentliche Fabrik erinnert eigentlich nichts mehr. Vor einigen Jahrzehnten fand man auf dem Gelände noch den ein oder anderen Stein, der an das Gebäude erinnerte. Einzig die Überreste des Verwaltungsgebäudes sind ein historisches Indiz für den Bestand der alten Backsteinfabrik. Dennoch stellt man sich bei einem Besuch des Geländes unwillkürlich die Frage: Was hat sich hier an diesem Ort vor über 120 Jahren abgespielt?


Grundsätzlich sollte man sich vor dem Besuch eines „Lost Places“ die Genehmigung des Eigentümers abholen. Man kann und darf nicht einfach überall rumlaufen, wo man gerade möchte. Zudem sind viele verlassene Orte nicht abgesichert und bergen große Gefahren. Bei dem Gelände der ehemaligen Backsteinfabrik ist das ähnlich. Das Terrain ist wie bereits erwähnt ein Naturschutzgebiet und sollte auch als solches wahrgenommen werden. Artenreiche Grünlandbereiche, alte Laubwälder, Buntsandsteinfelsen und mehrere Kleingewässer verleihen diesem Gebiet ein besonders Flair. Schon beim Überqueren der kleinen Illbrücke und dem Durchlaufen der alten Eisenbahnbrücke taucht der Besucher in eine andere Welt ein.


Keine Frage, dass historische Gelände ist zu einem besonderen Ort für den Naturschutz geworden. Wir hören das Zirpen und Summen von Insekten und das Rauschen der Blätter im Wind. Seltene Pflanzenarten haben hier ein neues Zuhause gefunden. Schafe und Ziege sorgen für die wertvolle Beweidung des Geländes und halten die Magerwiese und den alten Steinbruch offen. Verschiedene Amphibienarten fühlen sich in dem bestehenden Gewässer sehr wohl. Hinter dem ehemaligen Fabrikgelände befindet sich ein beeindruckender Buntsandsteinfelsen. Besonders für Reptilien ist diese Felswand von großer Bedeutung.
In Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 100 Menschen in der alten Backsteinfabrik, um überwiegend Ton- und Mauerziegel herzustellen. Der Beruf des Ziegelbrenners hat in Dirmingen eine gewisse Tradition. Bereits im Jahre 1840 befand sich in Dirmingen, in der heutigen Straße „Auf Bauerhaus“, eine kleine Ziegelei. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Betrieb dieser ersten Ziegelei eingestellt. Somit dürfte sich auch die Frage nach dem Straßennamen „Ziegelhütte“ erklärt haben.


Dirmingen war durch seine Lage am Zusammenfluss von Ill- und Alsbach, sowie durch seinen Anschluss an das Bahnnetz, immer schon ein Anziehungspunkt von Gewerbe- und Produktionsbetrieben. Im Jahre 1898 wurde die Dampfziegelei Ausgangs Dirmingen, in Richtung Wustweiler an rechten Illaue, durch Peter Samson gegründet. Bis zum Jahre 1900 leitete der Unternehmer die Geschicke der Ziegelei. Die Fabrik produzierte Ton- und Mauerziegel, die durch den betriebseigenen Bahnanschluss bequem und einfach verladen werden konnten. Im Kesselhaus sorgte eine Dampfkraftmaschine von 150 PS für mächtig viel Lärm. Mit dem Einsatz von zwei Lehmmahlwerken und mehreren Lehmpressen konnten täglich bis zu 7000 Backsteine (Ziegelsteine) hergestellt werden. Der vorhandene Ringofen hatte wahrscheinlich eine Länge von bis zu 50 Metern. Mit der Produktion waren in der Regel bis zu 45 Arbeiter beschäftigt. Dazu gehörten noch die Mitarbeiter/innen in der Verwaltung oder im Transportwesen. Mit dem 1. Weltkrieg erlebte das Unternehmen die erste große Krise. Im Jahre 1918 wurde die Ziegelei an das Stumm‘ sche Eisen und Hüttenwerk in Neunkirchen verkauft.
Im Jahre 1961 wurde die ehemalige Dampfziegelei gesprengt und abgerissen. Das Produktionsgebäude, der um das Jahr 1900 erbauten Dampfziegelei, wurde also weit vor meiner Geburt dem Erdboden gleichgemacht. Mit eigenen Augen habe ich die Fabrik niemals gesehen. Mein Vater erzählte mir viel über die alte Backsteinfabrik und nahm mich als kleiner Junge mit zu diesem „Lost Places“. Während meiner Kinderzeit konnte man noch einige steinige Überreste der Fabrik finden. Wer weiß, wie viele Häuser in Dirmingen mit Klinker-Backsteinen der alten Dampfziegelei Dirmingen erbaut wurden? Wenn man den Ort aufsucht und seine Augen schließt fühlt man die besondere Magie des Geländes. Was mag sich an diesem Ort zugetragen haben? Bestimmt mussten die Männer eine schwere Arbeit verrichten. Wurden an dieser Stelle auch Menschen verletzt oder kamen sogar welche zu Tode? Wie mag es hier wohl, zu Zeiten der Produktion, genau ausgesehen haben? Nach dem Abbruch lag das historische Gelände lange Zeit brach. Eine Zeitlang wurde das Gelände zur neuen Heimstätte des Hundesportvereins Dirmingen (heute Illtal).


Früher brachte die alte Dampfziegelei viele Menschen in Arbeit, Lohn und Brot. Heute erinnern nur noch alte, historische Bilder und Aufnahmen an das Fabrikgebäude. Die Menschen, die diese Fabrik noch mit eigenen Augen gesehen haben, sind zumindest in die Jahre gekommen. Ein letztes Mauerwerk des alten im Jahre 1973 aus Sicherheitsgründen vorhanden Verwaltungsgebäudes und ein paar Grundrisse sind noch zu erkennen. Das war’s! Ansonsten erinnert nichts mehr an die alte Dampfziegelei. Ehrlich gesagt ist das Gelände auch für „Lost Places- Anhänger“ eher langweilig. Ich möchte auch niemanden ermutigen, dass alte Gelände unserer Backsteinfabrik aufzusuchen. Nicht zuletzt handelt es sich wie bereits erwähnt um ein Naturschutzgebiet. Ein Schild, an der sanierungsbedürftigen Eisenbahnbrücke, verweist auf die ehemalige Dampfziegelei Dirmingen und die damit verbundene Schenkung der Firma Picard-Gross an die Naturlandstiftung Saar. Die Schenkungstafel an der Bahnbrücke beinhaltet einen wichtigen Hinweis:
“Bitte Störungen vermeiden”


Ich finde das sehr spannend über meine ehemalige Heimat das zu erfahren! Hoffe ihr macht weiter!
Für euere Areit ein dickes Dankeschön!