Barbaratag 2025 – „Glück auf,…und er hat sein helles Licht in der Nacht schon angezündt“
Wir richten, eh’ wir niederfahren, Den Blick, o Gott empor zu dir.O woll uns, Herr, getreu bewahren, Laß wiederkehren uns nach hier. Schließ auf den Stollen Deiner Liebe, Den finsteren Schacht, in dem wir bauen. Schirm uns vor Ort und im Betriebe, Laß fromm und treu uns Dir vertrauen. Herr, segne Streben, Schacht und Stollen, Bewahr uns vor Flut und Brand.Herr, dem wir treu gehören wollen,Du hast die Welt in Deiner Hand. (Einfahrtsgebet der Bergleute)
In Zeiten völliger Verrohung sind Tugenden wie Hilfsbereitschaft, Kameradschaft, Solidarität, Standhaftigkeit, Verlässlichkeit und Zusammenhalt so gut wie ausgestorben. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der jeder in erster Linie nur an sich selbst denkt und den Blick auf andere zur Seite schiebt. Der 04. Dezember ist der Patronatstag der heiligen Barbara. Obwohl ich als Protestant keinen engen Bezug zur Heiligenverehrung der katholischen Kirche pflege, genießt der Barbaratag in meinem Leben eine hohe Bedeutung. Im Saarland, Nordrhein- Westfalen, Sachsen, Thüringen, Schlesien, Böhmen, Lothringen und überall dort wo Bergbau betrieben wurde, wird die heilige Barbara verehrt.
Auch heute noch, viele Jahre nach dem Ende des Bergbaus zünden viele ehemalige Bergmänner am Barbara-Tag eine Kerze an. Zahlreiche Bräuche und Sitten stehen für die Beliebtheit der heiligen Barbara. An ihrem Gedenktag werden sogenannte Barbarazweige von Apfel- oder Kirschbäumen abgeschnitten und ins Wasser gestellt; blühen sie am Weihnachtsfest, dann wird das als gutes Zeichen für die Zukunft gewertet.
Die heilige Barbara lebte im 3. Jahrhundert. Sie wurde aufgrund ihres Glaubens gefoltert und vom eigenen Vater getötet. Die heilige Barbara ist Patronin der Sterbenden und der Bergleute. Die Standhaftigkeit, mit der die Märtyrerinnen ihre Folter und ihren Tod hinnahm, ist bemerkenswert. Genau diesen Mut, die Standhaftigkeit und die Entschlossenheit lassen viele Menschen in der heutigen Zeit vermissen. Wir leben in Zeiten des Egoismus, der Schuldzuweisung, des Neids, des Hasses und des Größenwahns.

Viele Jahre nach dem Ende des Bergbaus an der Saar geht unsere Erinnerungskultur sprichwörtlich den Bach herunter. Irgendwann wird der Bergmann bestenfalls noch im Geschichtsunterricht in der Schule vorkommen. Am Ende liegt es an uns selbst diesem Trend entgegenzuwirken. Der Bergbau brachte vielen Generationen den langersehnten Wohlstand. Mein Ur-Großvater, mein Großvater, mein Vater und ich selbst arbeiteten „Unter Tage“. Der Bergbau hat mich und meine Familie ernährt und geprägt.
Ich habe „Unter Tage“ viele schmerzliche Erfahrungen gesammelt. Der Bergbau hat mich geformt und mir viele wichtige Eigenschaften nahegelegt. Mit meiner Zeit „Unter Tage“ verbinde ich: Hitze, Staub, schwere Last, rauer Umgangston, schwer-verletzte und sogar Tote. Ich erinnere mich aber auch an: Schulterklopfen, Zuspruch, Ermutigung und Kameradschaft. Ich denke gerade am Barbaratag sollten wir Saarländer nicht nur der Schutzpatronin der Bergleute, sondern auch dem Berufsstand des Bergmannes selbst Gedenken. Immerhin haben uns Kohle und Stahl zu dem gemacht, was wir heute noch sind! In letzter Zeit beschleicht mich immer öfter das Gefühl, dass wir im Begriff sind unsere Erinnerungskultur zu vernachlässigen. Ich habe „Unter Tage“ gelernt mich für den anderen zu bücken. Ich habe gelernt zu erkennen, wann ein anderer Hilfe benötigt. Ich habe „Unter Tage“ gelernt zu verzeihen und bei einem Bier den Streit zu begraben. Das alles sind Eigenschaften, die uns noch heute gut zu Gesicht stehen würden.
Loyalität, Treue, Solidarität und Kameradschaft waren für den Bergmann selbstverständlich und wurden stets großgeschrieben. Das alles geht heute Zusehens verloren. Manchmal wünschte ich mir, wir alle würden uns etwas mehr an die Bergleute und deren Mentalität erinnern. „Unter Tage“ gab es keine Feinde, dort mussten alle zusammenhalten. In der Gefahr sollte niemand alleine stehen.

Eine kleine Geschichte aus meiner Lehrzeit „Unter Tage“ auf der Anlage Duhamel: Nach einigen Stunden Arbeit gab meine Kopflampe den Geist auf. Irgendein Fehler sorgte dafür, dass ich plötzlich im Dunkeln stand. Ich versuchte verzweifelt am Knopf der Lampe zu drehen um irgendetwas zu retten. Plötzlich klopfte es auf meine Schultern. „Was ist los“, fragte mein Kumpel, „bist du im dunkel?“ Ich klopfte meine dunkle Lampe und hob ahnungslos die Schultern. Der Steiger beobachtete das Geschehen und beschloss, dass zwei Kollegen mich die zwei Kilometer bis zum Schacht begleiten sollten. Zwei Kilometer lang war ich auf das Licht meiner Kollegen angewiesen. Ich konnte mich absolut auf die beiden verlassen. Meine Kollegen wischen nicht von meiner Seite. Jede Hilfe war wie selbstverständlich ! Irgendwie hat diese harmlose Geschichte eine Art Symbolcharakter. Wir müssen wieder lernen aufeinander acht zu geben und dem anderen in der Not den Weg zu leuchten.
Glück auf !