„Faasend“ ist auch ein Stück eigene Identität

Wo ist das Taschentuch ?

Genau da war es wieder, dieses komische Gefühl! Eine Mischung aus Stolz, Glück und Ehre. Als „Dorf-Patriot“ bin ich für solche emotionalen Geschichten ohnehin leicht empfänglich. Kaum wurde das große Finale der diesjährigen Kappensitzung eingeläutet, ging die Suche nach den weißen Taschentüchern auch schon los. Letztlich war es egal ob es ein Taschentuch oder einfach nur ein letzter Fetzen eines weißen irgendwas war, Hauptsache man ist dabei und kann mitmachen. Auch die „Fremden“ im Saal wussten längst was die Stunde geschlagen hat und ergaben sich stimmungsvoll ihrem Schicksal.

Das alte Lied“ Wir läwe gäre an der Saar“ der Gruppe RASTLOS gehört längst zum festen Repertoire der „Derminga Faasend“. Das Lied, aus der Feder von „Mac Gabler“, gehört einfach dazu und wird eigentlich immer auf irgendwelchen festlichen Veranstaltungen in Dirmingen gespielt. An der „Faasend“ wird das Lied traditionell zum Finale der Kappensitzungen angestimmt. Da passt es ja wie Faust aufs Auge, dass während der Kappensitzung, der Meister selbst das Gitarrenspiel pflegt und das Lied anstimmt. Spätestens bei diesem altbekannten RASTLOS -Hit gibt es in der Halle kein halten mehr. Die Leute erwarten praktisch dieses Lied.

Aus meiner Sicht war das Ganze in diesem Jahr jedoch noch einen Tick emotionaler. Die Gruppe „Katzengrau“ um „Mac“ Gabler, H-J Pack und „Hennes“ Johann, stimmten unmittelbar vor dem erwarteten „Tralala“ die eigentliche Dorf- Hymne „Derminga Dörfche“ an. Für mich persönlich war dies ein besonderer Moment.

Ich sah in die Gesichter vieler junger und älterer Menschen und erkannte ein Stück Heimat. Für mich wurde deutlich: „Faasend“ hat auch etwas mit eigener Identität zu tun. Da sangen Sie nun alle auswendig und lauthals die Strophen der Derminger Hymne. Ohne Absprache und ohne irgendwelche Vorbereitungen. Jeder Dirminger kennt dieses Lied und verbindet damit auch ein Stück eigene Geschichte. Die Strophen des Liedes sind längst nicht mehr aktuell. Der Meister selbst müsste mal wieder zur Feder greifen und den Text aktualisieren. Oder etwa nicht? Darf man eine Hymne einfach so verändern?

Ich sah also in die Gesichter junger Menschen die ich seit Kindesbeinen kenne und älterer Dorfbewohner die ihr Leben schon immer in unserem Dorf verbrachten haben. Alle sangen gemeinsam dieses schöne Lied. Ein Stück Magie? Für mich irgendwie schon. Auf der anderen Seite ist es jedoch keine große Überraschung. Der Fastnachtsbrauchtum hat ohnehin viel mit Identität und eigener Kultur zu tun. Auch die Dorfkultur spielt zur „Faasend“ eine gewichtige Rolle. Jedes Dorf hat seine eigene Tradition und seine ureigene Art und Weise Feste zu feiern. Gerade zur Fastnacht wird dies deutlich. Obwohl ich bekennender „Dorf-Patriot“ bin, habe ich gelernt mit Wörter wie: Heimat und Stolz vorsichtig umzugehen. Niemand kann etwas für seine Herkunft. Entweder man hat Glück oder Pech. Was aber spricht gegen Heimatliebe?

Es gibt tausende verschiedene Karnevalsvereine. Jeder Verein hat seine Farben, sein Wappen, seine Geschichte und seine Traditionen. Alleine in unserer Region gibt es fast in jedem Ort einen Karnevalsverein z. B die „HuKV“, „IG „Blau-Weiss“ Steinbach, „IG Berschweiler“, „Die Pulverblättcher“, „Mir genn us net“, die „Ischele“, „dat gibt’s nur ämo“ oder halt die „Faasebooze“ vom KKV Dirmingen. Jeder Verein lebt seine Tradition und trägt seine Farben. Das Brauchtum wird ein Teil der eigenen Identität. Den Dirminger Elferrat erkennt man z.B an den gelben Sakkos und die Dirminger Garde daran, dass sie ohnehin die „BESTE“ ist.

Schon Friedrich der Große sagte: „Ein jeder solle nach seiner Façon selig werden“. Man könnte es auch mit einem Kölner Sprichwort halten : „De Haupsaach es, et Hätz es jot.“

Zur eigenen Identität gehört auch die Musik. Fastnacht ohne Musik ist keine Fastnacht. Ohne Musik kann man nicht tanzen und losgelöst feiern. Die Karnevals-Hochburgen in Köln, Düsseldorf oder Mainz haben uns längst vorgemacht wie man erfolgreich heimat-bezogene Karnevalsmusik produziert. Wenn man sich mal die Texte der bekannten „Bläck Föös“, „Höhner“ oder „Brings“ anhört, dann stellt man fest, dass dies immer etwas mit eigener Identität und Heimatliebe zu tun hat. Als bekannteste Beispiele dienen: “Kölsche Jung“, „Stammbaum“,„Pirate“, „Liebe deine Stadt“, „Viva Colonia“ oder der Evergreen „Du best de Stadt“

Wo wir wieder beim Thema sind! Gerade das letztgenannte Lied wird überwiegend gerne zur Fastnacht gespielt und spiegelt, wie kaum ein anderes, die Heimatliebe wieder. Was kann daran falsch sein? Wenn man sich mal eine Textpassage aus dem Lied genauer ansieht, wird man beim lesen feststellen, dass man die Textzeilen beliebig in jeden Dialekt übersetzen könnte. Wichtig ist, was das Lied zu sagen hat. Die Massage ist am Ende ganz einfach: Das ist meine Stadt (mein Dorf) und hier leben meine Leute und meine Freunde. Dies gilt es gerade zur „Faasend“ zu feiern.

Viel Spaß dabei und „Hoppla Hopp“.

Du…(BES DIE STADT)
Du bes die Stadt op die mir all he ston
Du häs et uns als Pänz schon anjedon
Du häs e herrlich Laache em Jeseech
Du bes die Frau die Rotz un Wasser kriesch
Jrau ding Hoor, un su bunt die Kleid
Du häs Knies en d’r Bud, doch de Näjele rut
Jrell jeschmink, un de Fott jet breit
E Jlöck, dat dir dat all jot steit
Du bes die Stadt…

Aufgrund der Tatsache, dass in Dirmingen der rheinfränkische Dialekt „geschwätzt“ wird, müsste jeder in der Lage sein den Text zu übersetzen. Für alle Gäste hier jedoch die Übersetzung einer kleinen Textpassage ins Hochdeutsche:

„Du bist die Stadt am Rhein dem rauen Strom,
du bist verliebt in deinen stolzen Dom,
du bist eine Jungfrau und ein altes Weib,
Du bist unsere Mutter und du bleibst ewig schön“.

Das Lied ist eine Liebeserklärung der Kölner an ihre Stadt. Wir „Derminga“ halten es dagegen lieber mit:

Derminga Dörfche

„Man hat et faschd mette ins Saarland gebaut an Ill und Alsbach entlang, Ein Dorf, dessen Schöhnheit natürlicher Art, met em Kurort vergleiche ma kann. Ob Finkenrech, Denkmal, ob Steinrutschgebiet, Erholung on Ruhe ma fend, E Park mem e Golfplatz es aach noch do for  Mamme on Babbe on Kend.“

Em Derminga Dörfche do senn mir dehemm, hier liebt ma es Läwe, hat selten die Flemm. On brauch ma ach manchmo e Schluck Alkohol, bei uus an der Ill fühlt jeder sich wohl.“