Alte Liebe rostet nicht – „Wir sind vom FCS blau, schwarz ist unser Dress“ – Meine Sicht der Dinge auf unseren Fußball
„Liebe kennt keine Liga“ und bekanntlich „rostet alte Liebe nicht“. Der „Pokal hat seine eigenen Gesetze“ wobei „das runde immer ins Eckige muss“ und dies der Fortuna aus Düsseldorf am Ende nicht oft genug gelang. Genug Floskeln fürs Phrasenschwein. Der DFB-Viertelfinal-Krimi des 1. FC Saarbrücken gegen den Bundesligisten Fortuna Düsseldorf hat mich schlichtweg umgehauen. Beim entscheidenden Elfmeter riss es mich von der Couch wobei ich anschließend mit dem Knie am Wohnzimmertisch hängenblieb und ins Stolpern geriet. Unfassbar dieser FCS!
Dabei dachte ich längst, dass ich aus dem gröbsten raus wäre. Aber so ist das wohl im Leben: Alte Liebe rostet nicht! Mit dem „Blau- Schwarzen von der Saar verbindet mich bis heute eine gemeinsame Vergangenheit. Viele Jahre war ich inniger FCS -Fan und pilgerte durch die Republik, um die Spiele des FC anzusehen. In den Jahren 1989 bis 1993 haben wir kaum ein Spiel verpasst. Als Mitglied der FCS Stammtischrunde Dirmingen, einem offiziellen Fanclub in meinem Heimatort, lebte ich diesen Verein und investierte viel Freizeit in dieses Hobby. Trainingsbesuche, Auswärtsfahrten und Veranstaltungen. Es gab keinen Tag ohne des FCS! Irgendwann erlosch das Feuer wobei ich immer betonte, dass mich noch heute vieles mit dem Verein verbindet. Ich schäme mich nicht meiner Geschichte und bekenne offen, dass der FCS mir noch heute sehr am Herzen liegt. Mit den Jahren wird man halt ruhiger und man verlegt seine Interessen.
Ich muss zugeben, dass ich nicht an einen Sieg der „Blau-Schwarzen“ gegen die Fortuna aus Düsseldorf geglaubt habe. Damit habe ich echt nicht gerechnet und umso größer war die freudige Überraschung. Wenn auch während des Spielverlaufs ein wenig glücklich, so wäre sogar noch ein Sieg in der Verlängerung möglich gewesen. Am Ende hatte der FC den Batz im Tor und dieser Teufelskerl schien einfach unüberwindbar. Wunderbar! Ich habe mich riesig gefreut für den FC Saarbrücken und drücke nun die Daumen das der Verein über genügend Losglück verfügt und einen „machbaren“ Gegner bekommt. Der FCS im Halbfinale – unglaublich! Die Bayern wären z.B so ein Traumlos. Die Münchner haben derzeit viel mit sich selbst zu tun und kämen uns gerade recht. Spaß beiseite, natürlich wäre der FC Bayern das schlimmsten was passieren könnte. An diesem Verein kommt in der Regel kaum jemand vorbei und auch der FCS hätte es zumindest nicht leicht.
Ich war viele Jahre in der Fanszene unterwegs und kann behaupten, dass ich diesbezüglich meine Erfahrungen gesammelt habe. Natürlich haben auch mich die Vorkommnisse von Hoffenheim beschäftigt. Dabei muss ich zugeben, dass mich die Münchner überrascht und meinen Respekt verdient haben. Das Verhalten der Führungsetage, der Trainerbank und auch der Spieler des Rekordmeisters war vorbildlich. Genauso muss man sich nach einer solchen Aktion verhalten. Solche Hassbanner haben in einem Stadion nichts zu suchen. Der Mensch Dietmar Hopp hat meine ganze Solidarität. Niemand sollte derart diffamiert werden. Der Mäzen des TSG Hoffenheim hat seine Verdienste um die Region und hat viele karitative Dinge ins Leben gerufen. Genau deshalb hat der Mensch Dietmar Hopp so etwas nicht verdient. Eigentlich hat überhaupt kein Mensch so etwas verdient.
Auf der anderen Seite erkenne ich eine gewisse Doppelmoral. Jetzt, nachdem der FC Bayern München selbst betroffen ist, muss etwas geschehen und Fußball Deutschland muss sich wehren. Ich frage mich wo die Verantwortlichen des FC Bayern waren als Monate zuvor in Dortmund, Gladbach oder Köln solche Banner ausgerollt wurden. Getroffene Hunde bellen halt am lautesten. Ich habe die Befürchtung, dass der DFB es mit seinem Verhalten noch schlimmer macht. Den Ultras geht es am Ende eigentlich überhaupt nicht um Dietmar Hopp. Der Hoffenheim-Mäzen steht eigentlich nur als Feindbild für das angespannte Verhältnis zischen UEFA, DFB und der Fanszene. Seit Jahren wird viel zu wenig gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie unternommen. Jetzt wo ein Mäzen zu Unrecht kritisiert wird, droht man mit den härtesten Strafen. Wichtig wäre, dass der DFB eine Linie fährt und nicht ständig sein Wort frisst. Die Kollektivstrafen gegen die Fanszene von Borussia Dortmund sind zwar nachvollziehbar aber auf der anderen Seite auch schwer vermittelbar.
Das von FC Bayern-Chef Rummenigge kommentierte: „…. hässliche Gesicht des Fußballs“ gibt es nicht erst seit der Causa Hopp. Im aktuellen Sportstudio habe ich mir das Interview mit unserem DFB-Präsidenten Fritz Keller angesehen. Ich schätze unseren Präsidenten sehr und halte große Stücke auf diesen Mann. Dennoch sollte auch er sich sensibilisieren. Doppelmoral darf sich nicht verbreiten. Gleiches recht für alle! Hetze, Hass, Rassismus, Antisemitismus und Homophobie haben in unseren Stadien nichts zu suchen. Wenn Fritz Keller nun von „Fanatikern“ und „Wahnsinnigen“ spricht muss er darauf achten, dass er die Kluft nicht noch mehr trennt. Tatsächlich brauchen wir seit vielen Jahren mehr Miteinander. Nun wird sich der ein oder andere die Frage stellen, wie soll das mit diesen Chaoten funktionieren? Das Ganze ist vergleichbar mit dem Verhältnis eines Vaters und seinem rebellischen Sohn. Gespräche und aufeinander zugehen bringen letztlich mehr als Strafen und Sanktionen.
Grundsätzlich haben wir es mit einem gesamtpolitischen Problem zu tun. Das hat auch der Freiburger Trainer Christian Streich, der für seine offene Art bekannt ist, unlängst erkannt. Christian Streich sagt:
„Die Entwicklung in den letzten zwei Jahren in Europa und in diesem Land in den letzten zehn Monaten, was passiert ist, gesamtpolitisch, in punkto Hetze, in punkto Anschläge auf Politiker, auf jüdische Einrichtungen und jetzt auf eine türkische Shisha-Bar. Das ist gefährlich. Jeder, der sich ein bisschen auskennt, braucht nur die Geschichte der Weimarer Republik zu studieren, um dann zu wissen, wo es hingehen kann. Diese Hetze gegen Menschen ist nicht hinnehmbar. Ich kann ihnen keine Lösung sagen. Aber ich kann ihnen sagen: Die Menschen in diesem Land lieben den Fußball. Und der Fußball hat eine wichtige Funktion. Ich stehe zu einhundert Prozent dahinter, dass, wenn es so weitergeht, ein Spiel beendet wird.“
Christian Streich (Trainer SC Freiburg)
Laut Streich befinden wir uns also auf einem schlimmen Weg und er hat Recht! Auch außerhalb vom Fußball hat sich der Umgangston verschärft.
Dennoch finde ich es gerade jetzt sehr wichtig den Dialog zu suchen und sich nicht in gegenseitige Vorwürfe zu verzetteln. Die Ultras in den Stadien fühlen sich ebenfalls falsch verstanden. Wenn man sich mit der der Szene beschäftigt, weiß man das es den Ultras um „konservative Fußballwerte“ geht. Mit dem ausgerollten „Hurensohn – Plakat“ solidarisierten sich die Bayern Ultras mit den Anhängern von Borussia Dortmund. In den Farben getrennt und in der Sache vereint. Dabei diente dieses provokative Banner allein als Mittel zur Aufmerksamkeit. Natürlich kann man über diese Form des Protestes diskutieren, wobei ich persönlich von dieser Aktion Abstand nehme und sie verurteile. Kollektivstrafen sind das Hauptthema. Dabei stellt sich die Frage: Wie können sich die Fans Gehör verschaffen? Findet ein Dialog zwischen DFB und Fanszene statt? Natürlich gibt es in vielen Vereinen Fanbeauftragte und Fanveranstaltungen. Genügt das aus? Die Causa Hopp gilt unter den Ultras als Angriff auf die Fankultur. Aus Sicht der Ultras hat der DFB für eine einzige Person sein Versprechen gebrochen. Auf der anderen Seite bleiben Rassismus, Sexismus und Antisemitismus weiterhin Randdelikte. Man muss diese Meinung der Ultras nicht teilen, man sollte sie jedoch kennen und ernstnehmen!
Auch der FC Saarbrücken hat sich mit einer Banneraktion zu Wort gemeldet. Während Viertelfinalspiels gegen Fortuna Düsseldorf konnte man auf den FC-Rängen folgendes Banner lesen:“ „Zig Tote in Katar, der FCB ist trotzdem da! Ein Mäzen heult los, die Bayern mutieren zum Trauerkloß!“. Die FCS Anhänger kritisierten damit eine gewisse Doppelmoral des FC Bayern München. Auf der einen Seite der vermeintliche Umgang der Bayern mit den Schmähungen gegen Milliardär Hopp und anderseits das jahrelange Geschäftsverhältnis zu Katar. Die Bayern verkündeten bereits im November 2018 einen fünfjährigen Sponsorendeal mit der Fluglinie Qatar Airways. Außerdem reisen die Münchner seit einigen Jahren im Winter ins Trainingslager in die katarische Hauptstadt Doha. Katar gilt bei den Fußballern nicht gerade als Traumland. Die Kritik an der WM-Vergabe 2022 ist riesengroß. Immerhin sollen unter schlimmen Bedingungen bereits über 1000 Arbeiter auf Baustellen gestorben sein. Mit den Menschenrechten nimmt es Katar bekanntlich nicht so streng. Ob es sich hierbei um eine Doppelmoral des FC Bayern handelt sei einmal dahingestellt. Fakt ist jedoch: Es besteht auch hier Rede-bedarf!
Solidarität unter Fußball-Fans kann auch wunderbar sein. Ein großartiges Beispiel konnten wir während der Viertelfinalbegegnung des FCS und Fortuna Düsseldorf erleben. Die Fortuna Fans rollten ein Banner aus auf dem Stand: „Der FCS muss in den Park“. Stimmt !