Mittendrin und doch am Rand – Von der Hoheitsgrenze zwischen Eppelborn und Dirmingen und der „das-dat-Linie“

Obwohl unsere Heimat zu den kleinsten Bundesländern gehört, werden an der Saar die unterschiedlichsten Mundarten gesprochen. Nicht selten kam es dabei vor, dass schon von einem Dorf zum anderen völlig anders „geschwätzt“ wurde. Ein Grund darin liegt in der sogenannten „das-dat-Linie“. Diese Grenze zieht sich quer durch unser Ländchen aus von Völklingen im Südwesten nach St. Wendel im Nordosten. Während im Osten Rheinfränkisch gesprochen wird, „schwätze“ die Menschen im Westen unserer Heimat das Moselfränkische. Ganz früher war es möglich, dass man die Sprachgrenze auf Dörfer und Straßen genau festlegen konnte. Dirmingen liegt in der Mischzone dieser „das-dat-Linie“. Unsere Mundart basiert überwiegend auf dem rheinfränkische Dialekt, wobei sich hin und wieder auch Wörter aus dem moselfränkischen einschleichen. Mittlerweile ist unser Dialekt unsauber geworden und hat sich im Laufe der Jahre verändert. Das hat auch mit unserem Verhalten etwas zu tun. Wir pflegen unsere Mundart nicht mehr und verzichten bei der Erziehung unserer Kinder immer öfter auf das Weitergeben dieses Schatzes. Die „das-dat-Linie“ hat einen historischen Hintergrund und erinnert uns heute noch an die alten Grenzen des Bistums Trier und Metz.

Dirmingen, dass wie erwähnt inmitten der Mischzone der sogenannten „das-dat-Linie“ liegt, hat von jeher schon einen sehr eigenen Dialekt gepflegt. In unserem Heimatdorf sagt man z.B zu dem Leder – „Lerra“ oder zu dem Wetter „Werra“ dabei wird das Wörtchen „werra“ auch im Zusammenhang mit „scho werra“ (schon wieder) gesprochen. Außerdem spricht der Dirminger etwas breiter und unterscheidet sich gerade in der Ausdrucksform deutlich von der Eppelborner Mundart.

Ich habe mir mal die Frage gestellt, inwieweit die geographische Lage unseres Heimatortes den Werdegang unserer Dorfkultur beeinträchtigt hat.

Wappen Gemeinde Eppelborn

Die Geschichte unserer Heimatgemeinde und die damit verbundenen Ortsteile könnte vielfältiger nicht sein. Dabei spielte gerade die herrschaftliche Zugehörigkeit der einzelnen Dörfer über Jahrhunderte hinweg eine entscheidende Rolle. Im Wappen unserer Heimatgemeinde ist dies noch heute deutlich sichtbar.

Der gestümmelte Adler in Rot steht für das Herzogtum Lothringen, wozu Bubach, Calmesweiler, Eppelborn, Habach, Humes, Macherbach und Wiesbach gehörten. Die. „Wolfsangel“ war das Herrschaftszeichen des Grafen Nassau-Saarbrücken, zu dem Dirmingen und Hierscheid gehörten. Der silberne Schrägrechtbalken ist Bestandteil des Wappens der Ortsherrschaft Ippelbrunn, eines ritterlichen Adelsgeschlechts, das Eppelborn im Mittelalter zu Lehen hatte. Der politische wie auch kirchlich-kulturelle Einfluss des fürstbischöflichen Kurtrier kommt in den Farben Rot-Silber zum Ausdruck.

Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu herrschaftlichen Veränderungen. Am meisten betroffen davon waren die beiden Mittelgemeinden Eppelborn und Dirmingen. Nach dem Wiener Kongress wurden beide Ortsteile Preußen zugeteilt. Aus der im Jahre 1822 zusammengelegten Bürgermeisterei Eppelborn-Dirmingen entstand der spätere Amtsbezirk Eppelborn. Historischen Quellen zufolge kam es schon damals in der preußischen Zeit immer wieder zu Querelen zwischen Eppelborn und Dirmingen. Im Wesentlichen ging es dabei um Grenzangelegenheiten. Im Gegensatz zu dem eher guten Verhältnis zwischen Dirmingen und Berschweiler kriselte es relativ oft zwischen den beiden Ortsteilen an der Ill. Bis zum 18.Jahrhundert lag Dirmingen und auch unser Nachbarort Eppelborn im Grenzgebiet zwischen der Diözese Trier und Metz. Aus dieser beschriebenen Grenzlage entstand später die erwähnte „das-dat-Linie“.

Stellt sich die Frage, wie diese Grenzen entstanden. Irgendwo müssen schließlich Grenzen gezogen werden. Dabei spielen jedoch mehrere Faktoren eine Rolle. Ein Grund liegt in der alten Grenzregion der galloromanischen Verwaltungsbezirke der Civitates.  Zum einen lag in unserer Grenzregion der Einflussbereich der Mediomatriker, zu dem Dirmingen gehörte und ihren Verwaltungssitz in Metz hatten und anderseits der Treverer, die in Trier beheimatet waren. Das Grenzgebiet, die sogenannte „das-dat-Linie“ hat also unter anderem einen religiösen Hintergrund basierend auf den herrschaftlichen Territorien der alten Kelten. Dirmingen wurde bereits recht früh der Diozöse Metz zugeordnet. Eppelborn hingegen gehörte zur Diozöse Trier.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden neue Pfarreien gegründet und schließlich auch verschoben. Die Historiker sind sich sicher, dass es schon immer zwischen Metz und Trier eine gewisse Konkurrenz existierte. Seit dem Jahre 634 gehört die in Tholey befindliche Abtei zum Bistum Trier. Wie schon einmal an dieser Stelle beschrieben deutet nichts darauf hin, dass unser Glaube von Tholey nach Dirmingen kam. Im Jahre 871 gründete der Bischof des Bistums Metz im Bliestal verschiedene Abteien und Stifte.  Dabei wurde auch in Ottweiler ein Stift gegründet. Zu diesem Stift Neumünster gehörte die Kirche Illingen und die dazugehörige Kapelle in Schiffweiler. Zu diesem aufstrebenden Bistum Metz gehörte die Pfarrei Dirmingen und auch das Gebiet Ottweiler, Illingen und Schiffweiler. Die Grenze zischen der Diözese Trier und Metz verlief praktisch zwischen Dirmingen und Eppelborn. Davor gehörte das Illtal vom späten 13. Jahrhundert bis zum frühen 14. Jahrhunderte zum Herzogtum Lothringen.

Wappen von Buseck

Im Jahre 1575 führte Graf Philipp III die Reformation nach lutherischem Bekenntnis in Dirmingen ein. Die Einführung der Reformation führte mit Sicherheit zu weiteren Spannungen zwischen den beiden Nachbargemeinden Dirmingen und Eppelborn. Dies wird in einem Rechtsstreit deutlich. Der Prozess zog sich viele Jahrzehnte hin und endete 1629 mit einem Vergleich. Danach gerieten die evangelischen Gemeinden in der Grafschaft Saarwerden in harte Bedrängnis durch die von Lothringen unterstützte Gegenreformation.

Im Jahre 1767 wurde anlässlich eines Herrschaftswechsels die damalige Hoheitsgrenze zwischen Frankreich und der Grafschaft Nassau-Saarbrücken mit den heute noch vorhandenen historischen Grenzsteinen markiert. Während Eppelborn zu Lothringen gehörte und dem Königreich Frankreich zugeteilt wurde, gehörte Dirmingen weiterhin zur Grafschaft Nassau-Saarbrücken. Weitere Änderungen in den Herrschaftsverhältnissen führten dazu, dass auch die Grenzsteine verändert werden mussten. So wurde u.a das Raute-Wappen als Hoheitszeichen von Pfalz-Zweibrücken eingemeißelt.Im Naherholungsgebiet Steinrausche findet man unter zahlreichen Grenzsteinen auch sogenannte Dreibanngrenzstein aus dem Jahre 1767. Diese Steine markieren die einstigen Grenzen zwischen Dirmingen und Hierscheid sowie Eppelborn und Thalexweiler. Die Grenzen zu Wiesbach und Humes wurden zudem gesondert markiert.

Der letzt Fürst von Nassau

Während der Gebietsverwaltungsreform 1974 verfolgten Dirmingen und Berschwieler aus alter territorialer Verbundenheit eigene Interessen. Der damalige Gemeinderat Dirmingen beschloss am 08.Juni 1973, unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Hermann Bock, eine gesonderte Lösung. Eine Zuordnung unseres Heimatdorfes zu der neuen Einheitsgemeinde Eppelborn sollte nur dann entsprochen werden, wenn diese neue Gemeinde einem neuen Landkreis Region Saar Nord-Ost zugeordnet würde. Dem Dirminger Gemeinderat fehlte der Bezug zu dem neuen Landkreis Saarlouis. Aus Sicht unseres damaligen Gemeinderates sollten jahrhundertelange Verbindungen wie z.b zwischen Dirmingen und Berschweiler beachtet werden. Sollte dem Dirminger Wunsch nicht entsprochen werden, favorisierte unsere Gemeinde eine Eingliederung zu der Gemeinde Illingen oder zu der Gemeinde Marpingen mit dem Nachbarort Berschweiler. Die neue Einheitsgemeinde Marpingen hingegen wurden relativ schnell gegründet. Interessanterweise beantragte auch der Ortsteil Berschweiler, dass Dirmingen der Gemeinde Marpingen zugeordnet werden sollte. Als Argumente wurden, keineswegs überraschend, die gleichen wie bei der Gemeinde Dirmingen aufgelistet.

Das Verhältnis zwischen Eppelborn und Dirmingen ist seit jeher ein Besonders. Heute scheinen die gröbsten Grabenkämpfe überwunden zu sein. Die Gemeinde Eppelborn verfügt über 17 000 Einwohner. Eppelborn liegt im Zentrum des Saarlandes und verfügt im Ortsteil Habach über den geometrischen Mittelpunkt unseres Heimatlandes.

Aus zwei rivalisierenden Gemeinden wurde eine Zweckgemeinschaft die dann in eine zukunftsfähige Gemeinde mündete. Mein Blick zurück sollte informieren und keineswegs dazu beitragen, dass ähnliche Grabenkämpfe wieder aufkochen.

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