Als der dreißigjährige Krieg unsere Heimat verwüstete

Der 30-jährige Krieg gehörte zu den blutigsten Ereignissen unseres Heimatlandes. Was als Religionskonflikt zwischen Protestanten und Katholiken begann, endete in einer Katastrophe. Begonnen hatte alles mit dem Aufstand des protestantischen Adelsbundes gegen die gewaltsame Rekatholisierung durch die habsburgischen Landesherren. Nach dem sogenannten Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 begann einer der schrecklichsten Kriege Europas. Am Ende war der dreißigjährige Krieg nicht nur ein Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken, sondern auch zwischen den europäischen Großmächten. Das Gemetzel dauerte ganze 30 Jahre lang. Das Schlachten fand kein Ende und erlebte in der sogenannten „Magdeburger Bluthochzeit“ ihren Höhepunkt.

Die Auswirkungen des dreißigjährigen Krieges werden auch bei der Anschauung unserer Dorfchronik deutlich. Die konfessionellen Reibereien in unserem Heimatort wurden durch die Kriegswirren verstärkt. Im Jahr 1575 führte Graf Philipp III. die Reformation, nach lutherischem Bekenntnis, in unserem Heimatort ein. Als der Dreißigjährige Krieg, im Jahre 1618 ausbrach, war die heutige Saargegend zunächst kaum davon berührt. Dionyius Aulenhäuser war damals Pfarrer von Dirmingen. Im Jahre 1620 wurde sein Namensvetter Michael Aulenhäuser zum Pfarrer unseres Dorfes erkoren. Wie mögen die Menschen unseres Heimatortes die damaligen Kriegswirren aufgenommen haben. Im Jahre 1624 erschienen erstmals Soldaten an der Saar. Langsam bekam auch das Saargebiet die Auswirkungen dieses furchtbaren Krieges zu spüren. Konfessionell gesehen waren die ersten Kriegswirren gerade für die kleinen protestantischen Territorien an der Saar, eine direkte Gefährdung. So musste sich zum Beispiel die Reichsherrschaft Illingen ab dem Jahr 1626 wieder dem Katholizismus zuwenden.

Im Jahre 1634 existierten in Dirmingen eine Kirche, ein Pfarrhaus und insgesamt 54 Häuser. Darunter waren sechs „baufällige Häuser wegen Armuth“. Die Zeiten waren schwierig. Die saarländischen Wälder wurden zur Herstellung von Holzkohle genutzt. Die Menschen lebten von der Landwirtschaft oder einem erlernten Handwerk. Unsere heutigen Nachnamen wie Schmidt, Wagner, Kiefer oder Müller stammen gerade aus dieser Zeit. Pfarrer Georg Zedinger, aus Saarbrücken, wurde im Jahre 1634 Pfarrer unseres Dorfes. Bis zum Jahre 1643 blieb Zedinger Pfarrer unseres Heimatortes. Laut unseren Unterlagenblieb die Pfarrstelle bis zum Jahre 1664 vakant. Die Tatsache, dass unser Dorf solange keinen Pfarrer hatte, ist wohl den katastrophalen Zuständen geschuldet. Mit Laurentius Aurager bekam unser Dorf, im Jahre 1664, wieder einen eigenen Pfarrer. Als der Geistliche in unser Dorf kam, lag unsere Heimat immer noch in Trümmern.

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Im Jahre 1635 fegte der dreißigjährige Krieg über das heutige Saargebiet und die damit verbundenen nassauischen Landschaften hinweg. Die Zivilbevölkerung geriet immer mehr in Gefahr. Die Kämpfe zwischen protestantischen schwedisch-französischen und katholischen kaiserlichen Truppen wurden immer erbarmungsloser. Am 30. September 1635 wurde St. Johann und wenige Tage später Saarbrücken von den kaiserlichen Soldaten erobert. In Saarbrücken tobte der Krieg besonders fürchterlich. Im Jahre 1637 lebten nur noch 70 Menschen in der völlig zerstörten Stadt. Die Soldateska trieben auf fürchterliche Weise ihr Unwesen. Höfe wurden niedergebrannt, Felder verwüstet, das Vieh geschlachtet, Menschen verjagt, gefoltert, geschändet oder getötet. Diejenigen die nicht umgebracht wurden, starben an Hunger oder Seuchen oder Krankheit. Am Ende ging es jedoch längst nicht mehr um den Kampf zwischen Protestanten und Katholiken. Viele Söldner kämpften wechselnd auf beiden Seiten und orientierten sich an denjenigen die mehr Sold zahlten. Unvorstellbare Szenen müssen sich damals abgespielt haben. Überall lagen erschlagene, gefolterte, vergewaltigte Menschen, die nicht begraben wurden und einfach vor sich hin verwesten. Ausgebrannte Städte, verwüstete Dörfer, kahle Äcker und verbrannte Erde. Unter den Adligen sagte man damals: „Wer da noch lebte, lebte nicht mehr lange“. Europa lag in Trümmern. Heute wissen wir jedoch, dass die oft zitierte Entvölkerung in den Dörfern in vielen Fällen nur eine vorübergehende Erscheinung war. Viele Dorfbewohner waren vor den anrückenden Soldaten in die befestigten Städte oder in die Wälder geflüchtet und kehrten zu einem späteren Zeitpunkt zurück. Nachweislich starben die meisten Menschen nicht durch Soldaten, sondern an Typhus, Pest oder Hunger. Am 07.Dezember 1635 beschrieb der gräfliche Rentmeister Klicker in einem Bericht an den kaiserlichen Kommissar die Lage und den Zustand im gräflichen Land:

„In dem Städtlein Ottweiler, darin die Vorstadt mehrenteils abgebrannt, befinden sich nicht mehr als zehn gesunde Bürger und sieben Kranke, die übrigen sämtlich nebst dem größten Teil der Untertanen vom Land an der Pest und anderen infizierenden Schwachheiten verstorben und die übrigen noch täglich lägerhaft werden, daher alle Häuser mit der Schwachheit angesteckt. Auch hat kein einziger Bürger Brot und das Geringste an Früchten im Vorrat, sondern sie müssen sich nun eine geraume Zeit hero von bishero insoliert (einquartiert) gewesen Fürstenbergischen Soldaten, denen sie außerhalb dreschen und beitragen helfen, ernähren. Die Dorfschaften, so zu diesem Amt gehörig, sind bis auf fünf Dörfer, darinnen aber die Untertanen fast gänzlich hinweggestorben, abgebrannt und in dem ganzen Amt keine Frucht noch Fütterung mehr vorhanden. Was man haben will, muss man mit Gefahr in den Lothringischen und Trierischen Ämter Schaumberg und St. Wendel abholen. Exweiler, Schiffweiler, Stennweiler, Mainzweiler, Hirzweiler, Wemmetsweiler, Neumünster und Steinbach sind durch den trierischen Gubernator Cherfontaine ganz in Asche gelegt. In Ober -und Niederleinxweiler , Berschweiler und Dirmingen stehen nur noch etliche Häuser. In Fürth leben noch zwei Untertanen, Dörrenbach ist ausgestorben bis auf zwei kleine Mädchen. Welschbach ist ganz ausgestorben, Wiebelskirchen ist bis auf vier Untertanen ausgestorben, Neunkirchen und Spiesen sind mehr als halber abgebrannt. In diesen beiden Orten leben nicht mehr als vier Untertanen, Wellesweiler ist fast ganz ausgestorben und teils verbrannt.“

Bericht Rentmeister Klicker im Jahre 1635

Es sind die Berichte der Zeitzeugen, die uns die damaligen Zustände vor Augen führen. In dem Dirminger und Berschweiler Renovatur Protocollum aus dem Jahre 1741 erfahren wir Details über den damaligen Zustand unseres Heimatortes Dirmingen. Am 26. November 1641, sieben Jahre vor Ende des 30-jährigen Krieges schreib Graf Johann von Saarbrücken an den Kaiser:

„Was zuvor unerhörtes Elend über das arme Volk ergangen, kann ich nicht denken, dass mir nicht dafür graue. Denn ich selbsten in Stätt, Flecken und Dörfern kommen, da man nicht ein Haus gefunden, darin nicht vor Hunger verschmachtete tote Körper gelegen. Ja, ich hab gesehen, dass die Leute vor Hunger nicht allein allerhand unnatürliche Speisen und sich untereinander selbst gefressen, sondern rasend worden, wie die unvernünftigen Tier die Sprach verloren.“

Bericht Graf Johann von Saarbrücken im Jahre 1641

Diese persönlichen Eindrücke des Graf Johann von Saarbrücken auf seiner Reise durch das Saargebiet, spiegelten die Zustände in den Dörfern. Krieg, Hungersnot, Pest und Elend verwandelten das Land in eine Hölle. Der 30-jährige Krieg wurde schließlich durch den „Westfälischen Frieden“ von Münster und Osnabrück im Jahre 1648 beendet. Die Dörfer im Saargebiet brauchten noch sehr lange bis sie sich von den fürchterlichen Kriegswirren erholt hatten.  

In Dirmingen lebten am Ende des 30-jährigen Krieges, im Jahre 1648, noch ca. 10 Menschen. Das Leben kam nur langsam wieder zurück in die Dörfer. In unserem Nachbarort Eppelborn lebte nach dem Krieg nur noch eine Frau. Nach dem Jahre 1648 kamen Siedler aus allen Richtungen. Aus der Schweiz wanderten die ersten Katholiken in das heutige Saargebiet ein. Um 1650 bestanden in Dirmingen nur noch sechs Haushalte die insgesamt sieben Pferde hielten. Nach der Meier-Aufstellung, von 1720, gab es in Dirmingen schon wieder 23 Haushalte. Die ersten Eintragungen, im ältesten Kirchenbuch der evangelischen Kirchengemeinde Dirmingen, aus dem Jahre 1664 berichten von vier Kindern die getauft wurden. In diesem ersten Kirchenbuch finden wir in der Zeit von 1664 bis 1670 insgesamt 34 Taufeintragungen und 15 Beerdigungen. Dies zeugt nicht gerade von einer schnellen Wiederbevölkerung.

Graf Gustav Adolf von Nassau-Saarbrücken, der 1659 die Regentschaft übernahm, war bemühte das Land wiederaufzubauen. Das Saarland war durch die katastrophalen Kriegsfolgen schwer gezeichnet. Gegen die Reunionspolitik von König Ludwig XIV. von Frankreich konnte der Graf keinen nennenswerten Widerstand leisten. Im Jahr 1662 weigerte sich der Graf den vom französischen König geforderten Lehenseid zu leisten. Die genauen Opferzahlen, die der Dreißigjährige Krieg forderte, lassen sich nicht mehr ermitteln. Angenommen wird, dass die Verluste auf dem Land etwas höher als in den Städten ausfielen. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass etwa 40 % der Landbevölkerung, innerhalb der Kriegszeit, ihr Leben verlor. In den Städten wird der Verlust an Menschen etwas niedriger geschätzt. Nach dem Krieg fühlten sich die Dörfer verstärkt ihren Herrschaftshäusern verbunden. Die Menschen suchten nach Sicherheit und hofften auf eine friedliche Zukunft. Der eigene Bezug zu den Herrschaftshäusern wurde stärker gepflegt. Dirmingen war „nassau-saarbrückisch“, Die Reichsherrschaft Illingen „kerpisch“, Meierei Hüttigweiler “kurtrierisch“. Die Herrschaft Eppelborn „buseckisch“, das Oberamt Schaumburg „lothringisch“ und später „pfalz -zweibrückisch“.

Nach dem dreißigjährigen Krieg wurden weitere schreckliche Kriege geführt. Immer wieder musste die Bevölkerung unter den Kriegswirren leiden. Das schreckliche Ausmaß des dreißigjährigen Krieges wurde jedoch nicht mehr übertroffen.

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