Von dem „Hof zu Dirmanges“ und einem angeblichen Kloster

Immer wieder wird in regelmäßigen Abständen davon berichtet, dass der Legende nach einmal ein Kloster in unserer Ortsmitte stand. Heute wissen wir, dass vieles gegen diese Behauptung und die damit verbundene Legende spricht. In den Archiven der Abtei Tholey und des Bistums Metz gibt es keinerlei Hinweise auf die Existenz eines Klosters. Fall geklärt? Alle Unklarheiten beseitigt?

Fakt ist, die heutigen Flurbezeichnungen „Im großen Kloster“ oder „Im Hof“ nährten jedenfalls über viele Jahrhunderte die alten Sagen und Legenden. Die beiden Flure liegen in unmittelbarer Nähe zur evangelischen Kirche und grenzen an das ehemalige Gelände der „Brauerei Schäfer“, das heute wie ein leeres Loch in der Ortsmitte gähnt. Aufgrund einiger überlieferten Indizien nährte der Volksmund immer wieder die sagenumwobenen Geschichten um die Existenz eines Klosters.  Der erste Posthalter von Dirmingen Johann Nikolaus Heintz berichtete, dass ihm als kleiner Junge erzählt wurde, dass von der evangelischen Kirche aus einer unterirdischen Gang bis hinter Heintz Haus geführt habe. Bei der Renovierung der evangelischen Kirche im Jahre 1890 habe man unter dem Altar einen Hohlraum gefunden, der wie ein Gang ausgesehen haben soll. Die gleiche Mär‘ gibt es in Bezug auf das alte historische „Schwäns-Haus“. Als das Anwesen seinerzeit abgerissen wurde, entdeckten die Arbeiter einen unterirdischen Gang, der in Richtung Tholey führte. Genau dies war der Stoff aus dem Mythen entstehen?  Heute vermuten wir, dass es sich bei diesem gefundenen „Gängen“ um ein sogenanntes „Hähloch“ handelte. Ein “Hähloch” war früher nichts anderes als ein Versteck das zur Aufbewahrung von Lebensmittel oder Wertgegenstände diente. Das eine schließt jedoch das andere nicht aus. Was ist nun dran an den Geschichten rund um ein vermeintliches Kloster? Ist die Legende am Ende nichts anderes als ein uraltes Märchen oder könnte tatsächlich irgendetwas dran sein an dieser Geschichte?

Bestätigt ist die Geschichte, dass früher auf dem Gelände der ehemaligen Schäfer Brauerei ein massiver Steinbau mit dicken Mauern und nach oben halbrunden Fenstern stand. Ältere Einwohner bestätigten, dass ihre Vorfahren ihnen erzählten, dass diese als Kind in diesen Gemäuern gespielt hätten. Was war das für ein Gebäude? Das Gebäude soll laut Volksmund starke Mauern zum Schutz vor Angreifern gehabt haben. Die Heimatforschung hat herausgefunden, dass es sich bei diesem Gebäude vermutlich um einen Hof fränkischer Könige gehandelt haben soll. Dabei darf man sich dies nicht prunkvoll und großartig vorstellen. Vielmehr dürfte es eine kleine Residenz gewesen sein, die bestenfalls zur Rast oder Übernachtung von Adligen diente. Könige dürften wahrscheinlich nie dort gewesen sein. Vielmehr dürften die Herrscher als Namensgeber und Eigentümer genannt worden sein. In alten Schriften ist von dem „Hof zu Dirmingen“ die Rede. Schon bei der ersten urkundlichen Erwähnung unseres Heimatortes im Jahr 1281 ist von dem „…Hof Dirmanges“ die Rede.

Bei näherer Untersuchung der Bezeichnung „Hof zu Dirmingen“ kommt man auch der Wahrheit über das angebliche Kloster auf die Spur. Dirmingen lag damals mit Sicherheit an der äußersten Westgrenze eines großen fränkischen Gaues, der bis Pirmasens reichte und wahrscheinlich als erwähnter Hof mit Gerichtsstätte vom fränkischen König eingerichtet wurde. Vermutlich wurde dieser Hof von geistlichen oder Mönchen betrieben. Zur Zeit der Franken war es nicht unüblich, dass Mönche dafür eingesetzt wurden, Dörfer bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Wie bereits erwähnt, gehe ich davon aus, dass es sich im Falle unseres Heimatortes um Zisterzienser handelte. Der Orden der Zisterzienser stand unter dem Schutz des fränkischen Königs. Die Mönche waren dazu beauftragt den Menschen die Landwirtschaft näher zu bringen. Aus meiner Sicht der Dinge spricht vieles dafür, dass diese Mönche auch für den Bau unserer evangelischen Kirche verantwortlich waren. Der Baustil mit den sogenannten Zisterzienser-Hörnern spricht eindeutig für diese These. Im 14. Jahrhundert wird in historischen Urkunden darüber berichtet, dass in unserem Dorf zwei Bruderschaften existierten. Neben der Bruderschaft St. Katharina gab es nachweislich die Bruderschaft St. Michael. Heute wissen wir, dass unsere evangelische Kirche kurz nach ihrem Bau einmal der heiligen St. Katharina geweiht wurde. Aus dem 14. Jahrhundert existieren historische Niederschriften die erstmals erwähnt, dass es sich bei den Bewohnern des „Hofes von Dirminga“ nicht mehr um Mönche handelt. Auffallend ist, dass schon damals in den Urkunden „Dorf und Hof“ genannt wurden. Wenn man also nun den Faden weiterspinnt, könnte man aus den vorliegenden Indizien schließen, dass Dirmingen ein germanisch-fränkischer Hof war, dessen Entwicklung von Mönchen vorangetrieben wurde. Im „Hof zu Dirmingen“ fand man Residenzräume und eine Kirche. Der Nachbarort Berschweiler könnte, wie in der Erwähnungsurkunde berichtet, ein Vorort gewesen sein.

Kloster oder königlicher Hof von Dirmingen, wo liegt die Wahrheit und was ist dran an diesen mythischen Geschichten? Die Existenz eines Klosters möchte ich für meine Begriffe ausschließen. Vielmehr gehe ich davon aus, dass sich der Volksmund mal wieder seinen eigenen Reim auf die Sache gemacht hat. Die Existenz eines fränkischen Hofes hingegen darf man laut mehrerer historischen Urkunden bestätigen. Was aber mit den Berichten über vermeintliche Stollen und Gräben? Laut Volksmund soll sich früher auch im „Renderberg“ mehrere Stollen befunden haben. Dies waren, wie bereits berichtet, alte Gewölberäume, die der Aufbewahrung von Lebensmittel dienten. Die Stollen dürften auf die Bevölkerung wie unterirdische Gänge gewirkt haben. Die Menschen haben um den vermeintlichen Hof und den vielen Stollen, die wie unterirdische Gänge aussahen, ihre Legenden geknüpft. Unterirdische Gänge, Mönche, altes Gemäuer, die Nähe zu Tholey, dass alles bildete den Stoff aus dem Legenden entstehen. Am Ende dürften einige Generationen tatsächlich an die Mär‘ eines Klosters, mit einem unterirdischen Gang nach Tholey geglaubt haben. Nur so dürften die alten Flurbezeichnungen entstanden sein. Wenn man sich abschließend vor Augen führt, dass die christlichen und kirchlichen Strömungen in unser Dorf vermutlich aus dem Bistum Metz und der dazugehörigen Filialkirche Illingen ausgingen und nicht von Tholey, dass schon damals zu Trier gehörte, kommt man leicht zu dem Schluss, dass ein unterirdischer Gang nach Tholey wenig Sinn gemacht hätte und außerdem wohl kaum zu realisieren gewesen wäre.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert