Vom „toopisch Johann“ über den “Schönen Harry” zu den Raumkosmetikerinnen – Originale aus der „Derminga Bütt“

Seit über 60 Jahren wird im Normalfall die „Derminga Faasend“, mit der traditionsreichen Kappensitzung des KKV Dirmingen, begangen. Dabei war unsere „Faasend“ in den letzten Jahrzehnten immer ein Garant für Frohsinn, Geselligkeit und närrischem Brauchtum. In diesem Jahr müssen unsere „Faasebooze“ und das närrische Publikum leider auf ihre Kappensitzung verzichten. Der böse Bazillus legt alles lahm und verhindert sogar die Durchführung der Fastnacht. Schwere Zeiten für Narren und „Faasebooze“.

Mit einem Maskenball im Hesedenz-Saal, im Mülhbach, begann alles. Nach dieser Auftaktveranstaltung war der Triumphzug des heutigen KKV Dirmingen nicht mehr aufzuhalten. Dabei dürfte es sich längst rumgesprochen haben, dass man zur Durchführung einer Kappensitzung vieles benötigt. Ohne „Gardemädcha“, „Funkemariechen“, Tänzerinnen und Tänzer, Büttenredner, Kostümbildner, Elferrat, Bühnenbauer, Techniker, Trainer, Küchenpersonal und Getränkeverkäufern ist eine Kappensitzung nicht vorstellbar. Ein Karnevalsverein, wie unser ortsansässiger KKV Dirmingen, muss bis zur Durchführung der eigenen Kappensitzung vieles leisten. Die Organisation einer fastnächtlichen Veranstaltung ist eine ernste Angelegenheit. Die Dirminger “Faasend” trägt viele Namen: Willibald Spaniol, Edmund Jochum, Toni Bick, Ernst Lutz, Benno Fries, Herrmann Hoffmann, Paul Hoffmann oder heute Frank Schlicher und Hans-Peter Hoffmann. Sie alle wären jedoch überhaupt nichts ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer auf und hinter der Bühne. Dirminger “Faasend” ist auch Zusammenhalt und Zusammenarbeit.

Zu den Höhepunkten einer jeden Kappensitzung gehört die Büttenrede. Die ursprüngliche Büttenrede hat sich bis heute verändert und umfasst zunehmend Elemente der Stand-up-Comedy. Dabei werden nicht selten sogar Gesangseinlagen eingepflegt. Die „Bütt“ selbst ist nur noch selten zu sehen. Eigentlich schade! In einer Büttenrede wurde früher das aktuelle Tagesgeschehen der Politik, der Kirche oder in unserem Falle des Dorfgeschehens, in humorvollerweise durch den Kakao gezogen. Die Büttenrede hat ihren Ursprung bereits im Mittelalter. Das sogenannte „Rügerecht“ gab einfachen Bürgern zur Fastnachtszeit die Möglichkeit, Kritik zu üben. Mit dem Rügerecht hatte das gebeutelte Volk wenigstens einmal im Jahr die Chance ungestraft Kritik an den Herrschern zu üben. Der saarländische Fastnachtsbrauchtum ist stark an den rheinischen Karneval angelegt. Von daher gibt es auch bei uns an der Saar überwiegend die Reimform und die Büttenrede im heimischen Dialekt.

Schon zu Zeiten der Kolpingsfamilie Dirmingen verfügten wir in Dirmingen über herausragende Büttenredner. Unvergessen sind die Auftritte von Willibald Spaniol und Ursula Spaniol als Vater und Sohn, Matthias Hoffmann als Eunuch, Barbara Spaniol als Teenager, Leinenbach Pit als „de toopisch Johann“, Markus Detzler und Silke Gerrard als „Hennes und Jäb“, Elfride Friedrich als Amanda, Robert Hinsberger als Feuerwehrmann, Hans-Peter Hoffmann als „Schöner Harry“ oder den noch heute aktiven Raumkosmetikerinnen um Frank Schlicher, Kevin Weiskircher, Raphael Saar oder dem KKV- Eigengewächs Lena Conrad. Man könnte die Liste aller Büttenrednerinnen und Büttenredner wahllos weiterführen. In diesem Fall dürfte das jedoch den Rahmen sprengen. Dennoch sollten einige echte Originale wie Benno Fries und Mathilde Lambert, Maria Walter und Anja Ziegler, Wilma Pulch, Grass Bertram, Marzellus Baltes und Dieter Kauth nicht unerwähnt bleiben. Zweifellos hat jede einzelne Büttenrede unsere „Derminga Faasend“ bereichert.

Der „Schöne Harry“ gehört definitiv zu den absoluten Kultfiguren der „Derminga Faasend. Im Jahre 2012 endete die Ära des “Derminga Originals”.  Der „schönen Harry“ alias Hans-Peter Hoffmann nahm seinen Hut und kehrte nach insgesamt 37 Jahren der „Bütt“ den Rücken. Eine echte Gallionsfigur der “Derminga” Fastnacht dankte ab und verließ die Bühne. Die närrische Karriere von Hans-Peter Hoffmann als Büttenredner begann bereits im Alter von 15 Jahren im „Hesedenz-Saal“ als „Büttel vom Dienst”. Die Rolle des „Büttels“ füllte Hans-Peter Hoffmann auch nach dem Umzug der Dirminger Kappensitzung in die Borwieshalle, im Jahr 1976, aus. Im Jahre 1979 trat Hoffmann als „Schütze Bumm“ auf und begeisterte das närrische Publikum. Im Jahre 1980 wurde die Kultfigur des „Schönen Harry“ geboren. Hans-Peter Hoffmann hatte mit dem „schönen Harry“ endlich seine optimale Figur gefunden. Im Laufe der Jahre perfektionierte Hoffmann seinen „Harry“ und erschuf damit ein echtes Stück Dirminger Geschichte. Seine Schlagfertigkeit und der Spaß an der eignen Verwandlung machten die „Kultfigur“ sehr schnell über die Grenzen hinaus bekannt. Das Publikum durfte am Leben und an den Problemen des „Harrys“ teilhaben und wurde dabei in bester Art und Weise unterhalten. Schon bald durfte der „schönen Harry“ auf den großen Karnevalsbühnen unserer Region auftreten. Auch die Saarbrücker Prunksitzung „Mir sen net so“ engagierten unseren „Harry“. Über Jahrzehnte hinweg begann die Büttenrede des „schönen Harry“ mit dem Zitat: “Oh bin ich graad nomol so läärisch“. Allein dieser Satz genügte, um das närrische Volk zum Toben zu bringen. Hans-Peter Hoffmann wusste genau, dass er den Erfolg des „Schönen Harry“ ausschließlich seinem Publikum zu verdanken hatte. Die über 34 Jahre langanhaltende Popularität ist nicht nur ein Markenzeichen, sondern Ausdruck großer Sympathiebekundungen. Es waren die vielen „Harry-Fans“, die ihn immer wieder zu spontanen extravaganten, kabarettistischen Einlagen antrieben. Neben seinen Büttenreden begeisterte Hoffmann in zahlreichen Shownummern wie z.B „Die Affen sind los“, die „Olympia-Riege“ und viele Playbacknummern, von denen das universelle Opernpaar Ludmilla “Fitschegòges“ und Pedro Lazzegalli bis heute unvergessen bleiben. Einen legendären Auftritt hatte Hans-Peter mit seinem Freund Frank Schlicher als Travestiekünstler „Mary und Gordy“.

Der “Schöne Harry”

Die Büttenreden blieben jedoch bis heute das Herzstück des Karnevalisten. Im Jahre 2003 wurde auf Initiative von Hans-Peter Hoffmann der KKV Dirmingen „Faasebooze“ gegründet. An der Seite seines Spezies Frank Schlicher, der für die Organisation der Kappensitzung Verantwortung trägt, leitet Hoffmann heute als Elferratspräsident die Kappensitzungen des KKV.

Sollten euch weitere Dirminger Büttenredner einfallen, könnt ihr diese gerne im Kommentarfeld hinterlassen. Hoppla hopp !!!

Raumkosmetikerinnen

2 Kommentare

  • kleinfrank

    Super Matthias, vielen herzlichen Dank.

  • Matthias Hoffmann

    Hallo Frank, gerne füge ich der Liste der Büttenredner einen weiteren Akteur zu: Mein Sohn Andreas, der mit gerade mal 8Jahren ein glänzendes Debut hatte und danach noch 3mal mit großem Erfolg. in die Bütt gestiegen ist. Alle Vorträge waren in Vers-Form und von mir verfasst……und doodruf, doodruf, da bin ich richtig stolz.

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