Ein Jahr nach Beginn der Pandemie- Quo Vadis Dirmingen

Seit März des vergangenen Jahres schlagen wir uns mit den Corona- Beschränkungen herum. Dabei sind laut einer Studie die Menschen, die im ländlichen Raum leben noch im Vorteil. Im ländlichen Raum spricht man von einer hohen Lebensqualität in dem durch die Corona-Pandemie bestimmten Alltag. Stellt sich die Frage, inwieweit sich unser Dorf und unser gemeinsames Leben während der Corona-Pandemie verändert hat. Bei uns auf dem Land gibt es Natur und Freiraum, in der Stadt konzentriert sich alles auf das Haus oder die Wohnung. Tatsächlich kann das Leben im Dorf die Lebensqualität gerade in Zeiten der Pandemie verbessern. Ländliche Regionen bieten Wohn- und Kulturräume in einem naturnahen Umfeld. Eine aktive Dorfgemeinschaft ist dabei unverzichtbar. Wichtig ist allein, dass die Dorfgemeinschaft die Krise gemeinsam übersteht und daraus wächst. Genau darin liegt die Aufgabe. Seit Beginn der Pandemie gibt es Bemühungen das Miteinander zu heben. Dabei gehen viele Menschen an ihre Grenzen. Heute, ein Jahr nach Beginn der Pandemie, kann man feststellen, dass an keinem unserer Dorfbewohner die Auswirkungen der Pandemie spurlos vorübergegangen sind. Ja, wir sind müde. Wie ein angeschlagener, störrischer Boxer der nicht aufgeben möchte, wanken wir durch den Ring und versuchen immer wieder einen Treffer zu landen.

Fakt ist, dass gerade dort wo bürgerschaftliches Engagement mit kreativen Ideen gefördert wird, die Dörfer auch unter schwierigen Rahmenbedingungen mehr erreichen können. So gesehen bietet selbst die Pandemie eine echte Chance. Wir müssen prüfen wo sich neue Türen öffnen und inwieweit Alternativen angeboten werden können. Dabei ist es schon ein Vorteil, dass die Menschen in unserem Dorf selbst in Zeiten der Pandemie mehr Freiraum genießen können. Nicht wenige behaupten von sich selbst, dass sie seit der Pandemie wieder die Bewegung und den Sport entdeckt haben.

Zugegebenermaßen ist die Situation für unsere Kinder und Jugendlichen alles andere als rosig. Kitas und Schulen werden nur langsam wieder den Regelbetrieb aufnehmen und auch die Freizeit kann nicht wie gewohnt genutzt werden. Das gemeinsame Spielen, trainieren oder abhängen fehlt hinten und vorne. Auch unsere Jugendlichen haben die Zeit der Entbehrungen satt. Ein erneuter Sommer ohne Festival und Schwimmbad hätte verheerende folgen. Selbst auf dem Land muss man aufpassen, dass die Spaltung zwischen jüngeren und älteren Menschen nicht unüberbrückbar wird. Das Internet wird zur lebenswichtigen Anlaufstelle. Genau dort liegt oftmals ein Vorteil für Stadtbewohner. Ganz oft gibt es im ländlichen Raum Probleme mit dem Internet. Natürlich ist die Entwicklung unseres Dorfes durch die Corona-Pandemie gehemmt. Die erlassene Kontaktsperre schadet den Vereinen, Organisationen und den sozialen Kontakten zu Freunden und Bekannten.

Keine leichten Zeiten für unsere Dorfgemeinschaft und man muss sich wirklich Gedanken machen, wie man dem Stillstand entgegenwirken kann. Die Menschen sind mit den Kräften am Ende. Unsere Vereine haben keine Zukunftsaussichten und unser Gewerbe kämpft um die Existenz. Guter Rat ist teuer und dringend von Nöten.

Beispiel Gastronomie: Viele unserer Gastronomen kämpfen ums Überleben. Die finanziellen Unterstützungen fließen nur zäh und manch einer ist schon mit einer Antragsstellung überfordert. Die fehlende Öffnungsperspektive und das fehlende Einkommen nagt an den Nerven. Wann wird es wie weitergehen?

Beispiel Vereine: Unser großen Ballspielverein können seit Monaten nicht mehr einen organisierten Trainings- oder Spielbetrieb anbieten. Unsere kleinen Vereine, die oftmals nur ein einziges größeres Fest im Jahr anbieten können, bangen um ihre einzige Einnahmequelle.

Beispiel Organisationen: Unsere Feuerwehr ist darauf angewiesen sich weiterzubilden und Übungseinheiten durchzuführen. Aufgrund der Corona bedingten Richtlinien ist genau dies derzeit nicht möglich. Dabei wären Übungseinheiten und Fortbildungskurse nicht nur wichtig für die Wehr, sondern auch für die Bevölkerung. Eine Alternative wurde inzwischen in Onlinekursen gefunden.

Beispiel Gewerbe: Unsere Läden, Firmen und Gewerbetreibende kämpfen ums Überleben. Mit viel Innovation wurden mittlerweile Möglichkeiten gefunden, um den Kopf geradeso über Wasser zu halten. Zermürbend ist die Tatsache, dass die großen Unternehmen mehr dürfen als die kleinen im Dorf.

Beispiel Dorfentwicklung: Das Dorf sehnt sich seit langem nach einem Nahversorger. Die Pandemie hemmt das Verfahren und verlangsamt die amtlichen Maßnahmen. In Zeiten der Pandemie werden kaum Bauvorhaben umgesetzt oder Bauflächen erworben. Unsere Dorfmitte befindet sich in der Warteschleife.

Beispiel Dorfkultur: Der einstige Stolz unseres Heimatortes liegt in Scherben. Nichts geht mehr ! Gerade das was uns auszeichnete und von anderen Dörfern unterschied, bietet nur wenig Perspektive. Keine „Faasend“, kein Dorffest und auch keine Dorfturniere. Die Hoffnung liegt im Spätsommer oder im Herbst. Vielleicht geht an der „Kerb“ oder am Weihnachtsmarkt etwas ? Wir werden es erleben.

Unser Dorf befindet sich in einem „Lockdown-Koma“. Wir versinken in einem tiefen Loch des kollektiven Burnouts und halten doch stoisch an jeder kleinen Hoffnung fest. Sind das nur Durchhalteparolen oder steckt die Wahrheit im Detail? Tatsächlich kann diese Pandemie am Ende einen Nutzen tragen. Im Dorf ist es leichter zusammenzurücken und die Kräfte zu bündeln. Wir müssen nur die Kraft finden aufeinander zuzugehen und Hände zu reichen. Die Voraussetzungen sind vorhanden und wir haben viele Chancen gestärkt auf dieser Pandemie hervorzukommen.

Beispiel Engagement: In letzter Zeit häufen sich Anfragen von Menschen, die gerne helfen möchten und nach Möglichkeiten suchen. Dies beginnt bei einer Tätigkeit in unserer Nachbarschaftshilfegruppe und endet darin den Müll anderer zu sammeln und zu entsorgen. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen durchaus bereit sind anzupacken. Irgendwie scheint das Interesse an unserer Heimat seit Beginn der Pandemie gewachsen zu sein. Ja, sogar die Identifikation mit unserem Dorf ist größer geworden. Die Leute bekennen offen, dass sie gerne hier leben. Dies kann die Grundlage für eine gute Zukunft nach der Pandemie sein. Wenn wir jetzt erkennen was wir an der Heimat haben, wird unser gemeinsames Miteinander davon profitieren.

Beispiel „Natur erleben“: Der sanfte Tourismus boomt. Die Menschen wollen raus und endlich ihre Freiheit genießen. Unsere Naherholungsgebiete und Wälder sind überlaufen. Ganz oft werden die hygienebedingten Richtlinien nicht eingehalten. Wer möchte es den Leuten, bei allem Verständnis, verübeln ? In unserer Natur kann man die Seele baumeln lassen und Abstand zu den täglichen Horrormeldungen gewinnen.

Vielleicht müssen wir aus dieser Not eine Tugend machen. Zugegeben, viele Strukturen waren in den letzten Jahren festgefahren und befanden sich in einer Sackgasse. Vielleicht haben wir in Zeiten der Pandemie die Kraft das Unvorstellbare zu ändern und neue Wege zu beschreiten. Kann sein, dass uns diese Zeit aufzeigt, dass wir uns von festgefahrenen Strukturen lösen müssen. Auch darin kann eine echte Chance liegen. Wir müssen es nur wagen auszusprechen und aufzugreifen.

Ein Jahr nach Beginn der Pandemie ist alles träge, schwer und traurig. Wenn wir jedoch jetzt das Moment nutzen, werden wir stärker als zuvor wiederkommen. Der Weg aus der Pandemie ist steinig, weit und voller Entbehrungen. Wenn wir ihn aber gemeinsam beschreiten und aufeinander schauen werden wir gemeinsam neu anfangen können. Fragen über Fragen: Bringen Schnelltests und Impfungen die erwünschte Erlösung oder geraten wir mit Mutanten und Varianten in eine „neverending Story“? Wie es am Ende auch sein mag, der Weg aus dieser Krise gelingt nur im gemeinsamen Miteinander und mit viel Zuversicht, Innovation und Mut. Machen wir uns auf den Weg……….

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