Am Tag als der große Regen kam – Wo stehen wir fünf Jahre nach der Katastrophe ?

Fünf Jahre nach dem großen Regen ist der Alltag wieder in unserem Heimatort eingekehrt. Dennoch, immer wenn das Radio Starkregen meldet, geht der bange Blick in Richtung Himmel. Bis heute ist bei jedem Dirminger dieses Gefühl von Ohnmacht gegen solche Naturgewalten allgegenwärtig. Bis heute, 5 Jahre später, findet man an einigen Garagentoren Sandsäcke die als Sicherheitsvorkehrungen dienen sollen.

Fünf Jahre nach den verheerenden Starkregenereignissen habe ich mir die Frage gestellt: Wo steht unser Heimatort heute und was hat sich seit dem Juni 2016 verändert. Am Nachmittag des 07. Juni 2016 wurde unser Dorf zum zweiten Mal innerhalb von nur vier Tagen von einem schrecklichen Unwetter heimgesucht. Ich kann mich noch genau an diesen Tag erinnern: Es war gegen 15:45 Uhr als ich mich in meinem Büro befand und Pressearbeit für meinen Verein verrichten wollte. Die Starkregenereignisse vom 04. Juni steckten den Menschen noch spürbar in den Knochen. Eine beispiellose Gewitterzelle zog über unser Dorf und wir alle ahnten nicht, dass die Ereignisse vom 04. Juni an diesem Tage übertroffen werden sollten. Innerhalb weniger Minuten ergoss sich ein wahrer Sturzbach vom Himmel und riss riesige Geröllmassen über Straßen und Wege in Richtung Tal. Der gesamte Ort wurde binnen Minuten komplett überflutetet. Unmengen von Schlamm und Geröll wurden mit gespült und richteten einen verheerenden Schaden an. Kaum ein Haus das nicht auf irgendeine Art und Weise betroffen schien. Die komplette Feuerwehr unserer Gemeinde, mit allen 8 Löschbezirken, sowie das THW und die Feuerwehren der angrenzenden Gemeinden wurden umgehend alarmiert. Die Helferinnen und Helfer waren zunächst völlig mit der Situation überfordert. Nur ganz langsam wurden die schlimmsten Fälle angefahren um zumindest notdürftig zu helfen.

Manchmal werde ich noch heute gefragt, wie man sich einen solchen Starkregen vorstellen kann. Wie beschreibt man am besten eine solche Naturgewalt? Am besten kann man es sich vorstellen, indem man einen Eimer Wasser ausschüttet. Es gab keine Tropfen, sondern einen einzigen Regenstrahl. Ich saß wie versteinert an meinem Fenster und konnte nicht glauben, was da draußen gerade vor sich ging. Besorgt rief ich meinen Stiefsohn und meldete ihm das Problem. Verzweifelt versuchten wir den Keller trocken zu halten. Ich bin mir noch heute nicht sicher, wie lange der Regen anhielt. Waren es 10 Minuten? Es kam uns allen wie eine Ewigkeit vor. Als alles vorbeischien ging ich auf die Straße, um mir einen Überblick zu verschaffen. Gerade diese ersten Minuten und die ersten Eindrücke werde ich niemals vergessen.

Keller und Häuser waren überflutet, Hänge abgerutscht, die Ortsmitte komplett überschwemmt und in der Thalexweilerstrasse, drohten sogar einige Häuser einzustürzen. Gott sei Dank waren keine Verletzte zu beklagen. Zwei Mal binnen weniger Tage hat die Natur eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Den Flutopfern wurde umgehend Soforthilfen zugesprochen. Spendenkonten wurden eingerichtet und Benefizveranstaltungen durchgeführt.  

Am meisten hat mich jedoch die Solidarität unter der Bevölkerung überrascht. Nachbarn, Bekannte, Freunde und Unbekannte liefen durch das Dorf und boten ihre Hilfe an. Völlig unbürokratisch wurde unterstützt und geholfen was das Zeug hielt. Ich erinnere mich daran, dass unser damaliger Ortsvorsteher Manfred Klein ohne jegliche Rücksprache Container bestellte, um den Menschen zu helfen. Die Gemeindeverwaltung erklärte sich später gottlob dazu bereit diese Kosten zu übernehmen. Völlig unbürokratisch stellten auch Baufirmen ihre Radlader, LKWs und Personal zur Verfügung. Die Mitarbeiter des Bauhofs und der Feuerwehren arbeiteten rund um die Uhr. Bis zum Abend mussten die Feuerwehren insgesamt 84 Einsätze abarbeiten. Insgesamt waren rund 170 Einsatzkräfte der Feuerwehren und 50 Helferinnen und Helfer der THW-Ortsverbände im Einsatz.

Noch am Tag danach bot sich den Menschen ein Bild des Grauens. Überall Chaos, aufgerissene Straßen, verwüstete Grundstücke, von den Wassermassen beschädigte Häuser, überflutete Gärten und verzweifelte Menschen. Für die zahlreichen Helferinnen und Helfer gab es immer noch alle Hände voll zu tun. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich gemeinsam mit Manfred Klein durch das ganze Dorf lief und wir uns an jedem Haus nach dem Wohlergehen erkundigten. Uns beide trieb die Frage um, wie und wo wir am besten und schnellsten helfen konnten. Bis zum darauffolgenden Wochenende waren wir jeden Tag von morgens bis abends unterwegs, um zu helfen. Schlamm musste weggeschippt, Keller ausgepumpt und Schrott abtransportiert werden. Die Solidarität unter der Bevölkerung war riesengroß. Jeden Abend fielen wir todmüde ins Bett. Überall im Dorf wurde großartiges geleistet. Niemand wurde im Stich gelassen und keiner war allein. Etwas ähnliches habe ich nur nochmal während der aktuellen Pandemie erlebt. Muss immer erst ein großes Unglück dafür sorgen, dass die Menschen zusammenhalten ?

Fünf Jahre später! Wo steht unser Heimatort bezüglich Starkregenvorsorge heute? Noch Jahre nach dem Unwetter waren vielerorts die Spuren der Katastrophe sichtbar. Damit sich eine solche Katastrophe wie 2016 nicht wiederholt, wurde mit Hilfe von finanziellen Mitteln zahlreiche Vorsorgemaßnahmen getroffen. Schon alleine in die Hangsicherung Thalexweilerstraße wurde völlig zurecht eine hohe Summe investiert. Einlaufbauwerke und Rücklaufbecken wurden an vielen Stellen im Dorf erbaut. Das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz führte ein Pilotprojekt zum Hochwasserschutz durch. Diese Pilotstudie wurde aufgrund der Starkregenereignisse in Eppelborn auf die Gesamtgemeinde ausgeweitet und im April 2021 der Bevölkerung vorgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger unserer Heimatgemeinde konnten sich an sogenannten „Webinaren“ beteiligen und sich gezielt über die Ergebnisse in Ihrem Ortsteil informieren. Professor Alpasian Yörük und Diplom Ingenieur Andreas Biehler (der während der Starkregenereignisse 2016 in Dirmingen lebte) von der Forschungsgruppe Wasser der HTW Saar haben gemeinsam mit Carmen Fey vom saarländischen Umweltministerium die Studie vorgestellt. Auf der Homepage der Gemeinde Eppelborn findet man auf https://www.eppelborn.de/starkregenstudie-stream-webinar/ einen sogenannten „Web Viewer“. Auf diese Weise können sich die Menschen einen Überblick über das Ergebnis der Starkregenstudie verschaffen. Diese Seite ist wärmstens zu empfehlen. Man sollte schonmal einen Blick darauf geworfen haben.

Bis heute wurden Millionen von Euros in Vorsorgeeinrichtungen und Präventionsmaßnahmen gesteckt. Ist damit alles erledigt?

Es hat mich schon überrascht, dass sich nur wenige Mitbürgerinnen und Mitbürger für die einzelnen Webinare angemeldet hatten. Fünf Jahre danach, ist inzwischen alles vergessen und sind wir aus dem Schlimmste raus ? Ein Starkregenereignis wie das von 2016 wiederholt sich verhältnismäßig selten. Bedeutet dies, dass wir uns beruhigt zurücklehnen dürfen ?

Ab und an melden sich immer noch besorgte Bürgerinnen und Bürger die dem ganzen Frieden nicht trauen möchten. Ich kann das gut verstehen. Wenn es um das eigene Hab und gut geht, bekommt man es schnell mit der Angst zu tun. Vieles wurde getan, manches muss noch geschehen. Sind wir für die Zukunft gut aufgestellt oder kann man sich überhaupt nicht vor einer solchen Naturgewalt schützen ?

Eure Meinung würde mich interessieren. Wo steht unser Heimatort Heute fünf Jahre später? Vielleicht habt ihr Lust einen Kommentar zu hinterlassen ?