Werbung in eigener Sache – Von der ersten Reklame bis zur Vermarktung des Dirminger Gewerbes
Schon in der Antike wurde versucht den eigenen Handel mit Werbung an den Mann oder die Frau zu bringen. Seitdem verstehen es die Menschen auf unterschiedliche Art und Weise ihre Produkte anzupreisen und zu verkaufen. Allerdings wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts die Werbung als fester Bestandteil des öffentlichen Lebens anerkannt. Maßgeblich verantwortlich für diese Entwicklung dürften die großen amerikanischen Konzerne wie z. B Coca-Cola gewesen sein. Seit über 65 Jahren gibt es nun auch im Fernsehen die Werbung. Heute kann man kaum noch einen Film genießen, ohne sich über die Werbeunterbrechung aufzuregen. Ganz früher sprach man von einer „Reklame“ heute spricht man von „Werbung“. Tatsächlich wurden die ersten Werbeagenturen Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet. Damals wurden professionelle Werbeanzeigen an Litfaßsäule angebracht. Später wurden potenzielle Kunden über Zeitungen, Zeitschriften und Plakate angesprochen. In unserem 21. Jahrhundert hingegen spricht man von Marketing. Die Kunden werden über Flyer, Fernsehwerbung, Großfläche, Internet und besonders in den sozialen Medien mit Werbung zugeschmissen. Die digitale Kommunikation tritt immer stärker in Erscheinung. Die Werbung hat sich über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt. Wer etwas auf sich hält, macht Werbung in eigener Sache. Allein auf die Qualität seiner Produkte zu setzen ist fahrlässig und kann böse enden. Das alles hat natürlich viel mit dem Konkurrenzdruck zu tun.
In Zeiten von Google und Amazon haben es kleine Geschäftsleute schwer ihre Produkte an den Kunden zu bringen. Von Chancengleichheit kann keine Rede sein. Letztendlich tragen wir alle dafür eine gewisse Mitverantwortung. Im Grunde ist es wesentlich leichter etwas zu bestellen und liefern zu lassen, als es vor Ort zu kaufen und abzuholen. Das örtliche Gewerbe kann kaum noch mit den Großkonzernen mithalten. Als Konsequenz schließen immer mehr kleine Geschäfte und Läden in den Dörfern und Gemeinden. Wir befinden uns auf einem gefährlichen Weg und müssen aufpassen, wohin die Reise geht.
Ich persönlich versuche so viel wie möglich in unserem Dorf einzukaufen. Natürlich gelingt mir dies nicht in allen Bereichen. Gerade in der Lebensmittelbranche sind unsere Möglichkeiten doch stark begrenzt. Der neue Verkaufsautomat und die Hoffnung auf den Neubau eines Nahversorgers lassen Grund zur Hoffnung. Fakt ist, wenn wir das eigene Gewerbe vor Ort nicht stärken ist es schlecht um die Infrastruktur unseres Heimatortes bestellt. Die Pandemie hat diese Entwicklung gefördert. Während große Konzerne geöffnet blieben und über ihre Internetpräsenz auch noch Liefermöglichkeiten anboten, mussten unsere kleine Geschäfte vor Ort schließen. Viele kleine Läden, Geschäfte und Unternehmen wurden während der Pandemie an ihre Grenzen gebracht und haben noch heute Probleme sich zu erholen.
Früher waren die Menschen noch auf die Nahversorgung vor Ort angewiesen. Gerade im ländlichen Raum versuchte man verstärkt die vorhandene Infrastruktur durch das eigene Gewerbe aufzuwerten. Es gab eine Zeit, in der man alles was man benötigte im Dorf kaufen konnte. Gerade nach dem zweiten Weltkrieg boomten der Handel und das damit verbundene Gewerbe.
In Dirmingen fand man alles was das Herz begehrte: Schäfer- Bier, Wurstwaren vom Höll, Tabak vom Zigaretten- Walter und sogar Backsteine aus der eigenen Fabrik. Unserem Dorf ging es gut und dies bekam auch das eigene Gewerbe durch den Zuspruch des Kunden zu spüren. Der Wohlstand der Menschen in unserem Dorf war eng mit der vorhandenen Infrastruktur und dem damit vorhandenen Gewerbe verbunden. Die Haare konnte man sich in den vielen verschiedenen Friseursalons schneiden lassen und am Wochenende traf man sich in einer Gaststätte, in Charly’s Disco oder im Dirminger Kino bei „Kammersch“ zur Erholung. Es gab mehrere Bäckereien, Metzger und verschiedene Kolonialwarenläden. Das Handwerk war mit Elektrofachbetrieben, Schreinereien, Dachdecker-und Klempnerbetrieben sowie Stahlbau- und Gipserbetrieben bestens vertreten. Wenn man selbst Werken wollte, konnte man in verschiedenen Fachhäusern Baustoffe und Eisen -und Malermaterial bekommen. In Dirmingen fand man was das Herz begehrte, sogar einen Bus- und Taxibetrieb und eine Fahrschule. Wenn man sich neu einkleiden wollte, besuchte man den vorhandenen Einzelwarenhandel und wenn man sich kränklich fühlte, bekam man von dem Arzt seiner Wahl ein Medikament verschrieben, dass man anschließend in der Dirminger Apotheke abholen konnte. Sogar sein eigenes Fahrzeug konnte man sich in Dirmingen kaufen und zur Not auch reparieren und volltanken lassen.
Unsere Gewerbetreibenden gingen mit viel Innovation und guten Geschäftsideen zu Werke. Geworben wurde schon damals mit großen, gut aufgesetzten Werbeanzeigen und mit flotten Sprüchen. Eine Auswahl gefällig?
„Himmliche Kräfte, eherner Fleiß, von der Saat bis zur Stunde schufen den herrlichen Trunk -Schäfer Bräu- Dirmingen“
„Pferdegeschirre und Kuhkummete (Zuggeschirr) erhalten Sie zu günstigen Preisen bei Karl Kaiser, Sattler und Polsterer Dirmingen“
„Höll’s Wurstwaren und Delikatessenkonserven sind bekannt und beliebt“
"Gipser und Verputzarbeiten erledigt rasch und fatz d’Gipser- Matz, Matthias Kitzinger, Schulstrasse
"Kaufhaus Otto-Bruch- Manufaktur, Kurz-, Weitz- und Wollwaren, Küchengeräte und Drogen“
"Der Dirminger Backstein in altbekannter Qualität auch wieder als Wohnbaustein zu erhalten – Ziegelwerk Fa. Gaston Picard“
„Willst du eine Zigarette rauchen, musst du schnell zum Walter laufen“ Rauch und Tabakwaren Walter Seibert, Illinger Strasse
Mit dem ortansässigen Gewerbe erlebten auch zahlreiche Vereine in unserem Dorf einen Aufschwung. Die Werbung rückte gerade in den 50-ger und 60-ger Jahren verstärkt in den Vordergrund. Dabei setzte das heimische Gewerbe verstärkt auf Werbeanzeigen in Jubiläumsheften oder Vereinsplakaten und Flyern. Zudem wurde mit der Zeit immer mehr auf Bandenwerbung und Großplakate gesetzt. Auch unsere Sportvereine nutzten zur Ankündigung ihrer Heimspiele, die mit Werbung des ortsansässigen Gewerbes unterlegten, Plakate. Die Werbung erreichte einen hohen Stellenwert. Das durch die Werbung eingegangene Geld eröffnete den Vereinen neue Möglichkeiten und Chancen.
Bis heute hat Werbung eine große Bedeutung. Dabei hat sich lediglich die Art und Weise verändert. Gerade in Zeiten der Pandemie sollten wir auch ohne Werbung an das ortsansässige Gewerbe denken. Wichtig ist, dass wir es auch tun und nicht immerzu davon reden. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt, so nah?
Persönliche Anmerkung: Ich habe mich lange Zeit vor diesem Blogeintrag gedrückt. Man kann es ohnehin nie jedem recht machen und ganz bestimmt habe ich in diesem Blogeintrag irgendein Geschäft vergessen und nicht erwähnt. Ich hoffe jedoch, dass die eigentliche Message dieses Blogs angekommen ist und wir gemeinsam unser Gewerbe unterstützen.