Der 31. Oktober – “Spaß mit der Angst” oder Mut zur Reformation ?

Der Herbst zieht durch unser Land und die Tage werden kürzer. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es nach dem Auszug unserer “Kerb” Schlag auf Schlag geht. Mit Riesenschritten geht es plötzlich in Richtung Jahresende. Nach der “Kerb” nimmt die dunkele Jahreszeit so richtig Schwung auf: es folgt “Halloween” zeitgleich mit dem Reformationstag, danach reitet St. Martin durch unser Dorf und schließlich neigt sich auch unser Kirchenjahr mit “Allerheiligen”, Volkstrauertag oder dem Ewigkeitssonntag dem Ende zu. Am 1. Adventswochenende findet schon der “Mittelalterliche Weihnachtsmarkt” statt und dann, steht schon bald Weihnachten vor der Tür. Der Herbst bringt uns neben seiner Farbenvielfalt auch die Zeit des Nachdenkens, der Besinnung und der Angst.

Der 31. Oktober spaltet seit einigen Jahrzehnten nicht nur mein persönliches Weltbild. Ich gebe zu, dass ich so meine Probleme mit Halloween habe! Nein, ich möchte es keinem verbieten und halte mich an die Devise:“ Leben und leben lassen“ oder frei übersetzt: Feiern und feiern lassen! Ich persönlich feiere anstatt Halloween viel lieber Reformationstag. Was aber hat der Reformationstag mit Halloween zu tun? Eigentlich Nichts, oder sagen wir, fast nichts. Das einzige, was diese beiden Festtage verbindet, ist der 31. Oktober als feststehender Termin sowie die Tatsache, dass beides keine bundesweiten Feiertage sind. Der Reformationstag ist in der Evangelischen Kirche der Gedenktag zu Ehren Martin Luthers großer Kirchenreform vor 500 Jahren. Schon Martin Luther vertrat die Ansicht, dass “Angstmachen” sogenanntes Teufelswerk ist und nicht funktionieren kann. Luther erkannte schon recht früh: „Gott will keine verängstigten Menschen”. Die Methoden der damaligen katholischen Kirche basierten auf Drohungen, Verbreitung von Angst und Vorverurteilungen. Im Mittelalter werden die Menschen mit Dämonen, Hexen und dem Teufel bedroht. Scheinbar trägt diese Methode bis heute Wirkung !

Am 31. Oktober wird in unserem Land neben dem protestantischen Reformationstag auch Halloween gefeiert. Für viele Menschen, nicht nur Kinder, ist Halloween inzwischen zu einem besonderen Festtag geworden. Vielerorts werden Grusel-Partys organisiert und sogar in den Kitas und Schulen macht man sich einen Spaß mit der Angst. Halloween geht auf eine uralte keltische Tradition zurück und entstammt nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet, aus den vereinigten Staaten. Der Name bezieht sich auf den Abend vor Allerheiligen (All Hallows’ Eve), an dem die Toten dem Volksmund zufolge zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt wandeln. Mit den vielen irischen Einwanderern gelangte das Brauchtum in die USA und von dort wieder zurück nach Europa.

Steht Halloween tatsächlich in Konkurrenz zum Reformationstag? Es gab eine Zeit, in der auch die katholische Kirche so ihre Probleme mit dem „Import-Feiertag“ Halloween hatte. Die Verbundenheit zu Allerheiligen war vielen Katholiken ein Dorn im Auge. Angeheizt wird der Hype zu Halloween durch eine Überlieferung aus dem streng katholischen irischen Volksmund. Einer Sage zufolge war der Gauner Jack O´ Latern durch eine List aus der Hölle entkommen und landete vor dem Himmelstor. Die Himmelspforte war jedoch für ihn verschlossen. Jack war verdammt, ewig zwischen Hölle und Himmel zu wandern. Er war unterwegs mit einer Kerze in einer ausgehöhlten Rübe. Daher kommt der Brauch, Fratzen-Kürbisse auszuschneiden und zu beleuchten.

Naja, ich habe grundsätzlich so meine Probleme mit solchen Horrorgeschichten und Gruselstorys. Schon als kleiner Junge hatte ich riesen Respekt vor Monstern, Vampiren, Hexen und Dämonen. Es stellt sich mir die Frage: Braucht der Mensch das Spiel mit der Angst? Aufmerksame Leser und Kritiker werden mir jetzt Willkür vorwerfen. Wo ich sonst alte Traditionen einfordere, zeige ich nun einem alten Brauchtum die kalte Schulter. Stimmt irgendwie schon! Auf der anderen Seite ist es halt nicht unser Brauchtum und ich bin damit auch nicht großgeworden. Andere Länder, andere Bräuche. Ich respektiere alle Traditionen und Sitten, wobei ich Sie nicht alle mögen muss!

Wenn schon der Spaß mit der Angst sein muss, warum dann nicht die eigene Tradition bevorzugen? Warum erinnern wir uns nicht viel lieber an das gute, alte “Rommeldbooze schnitze”? Neben den vielen bekannten Herbst-Dekorationen mit brennenden Kürbissen ist die ursaarländische Tradition der Rübengeistern oder “Rommelbooze” etwas in den Hintergrund geraten. Wobei in den letzten Jahren habe ich tatsächlich den Eindruck gewonnen, dass wieder mehr “Rommele” an unseren Haustüren stehen. Der Brauchtum mit den “Rommele” hat seinen Ursprung in der Zeit kurz nach dem ersten Weltkrieg. Kinder klauten Futterrüben von den Feldern, um in der Not wenigstens eine Rübensuppe essen zu können. Aus den ausgehöhlten Rüben wurden dann Laternen gebastelt, mit denen die Kinder von Haus zu Haus zogen und um Essen bettelten. Das Ganze ähnelt ähnelt zugegebenermaßen stark dem heutigen Ablauf des irisch-amerikanischen Halloween. Im Saarland fand der Brauchtum in den 1920er bis 1950er Jahren seinen Höhepunkt. Die Umstellung der Landwirtschaft auf Mais- statt Rübenanbau sorgte dafür, dass der Brauch beinahe ausstarb. Das saarländische Wort „Rommel” steht für Futterrübe und „Booze” für Verkleidung. Daraus wird wie z.B. zur Fastnacht der “Faasebooze”, die “Rommelbootze”. Auch die “Rommelbooze” wird meist vor der eigenen Haustür oder auf einer Fensterbank platziert.

Für die einen ist Halloween ein kommerzieller Unsinn, für die anderen ein abwechslungsreiches Gruselvergnügen. Am Ende muss sich jeder selbst klarmachen wie er zu dieser Sache steht. Nicht nur Kinder und Jugendliche haben Spaß an Halloween. In den letzten Jahren finden immer mehr Erwachsene gefallen an einer schönen Halloweenparty. Das Geschäft mit der Angst an Hochkonjunktur! Verkleidet als Geister, Monster, Vampire oder Hexen ziehen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Nacht vom 31. Oktober um die Häuser und drohen mit Sprüchlein: „Süßes oder Saures”. Na gut, kann man machen, muss man aber nicht! Inzwischen hat Halloween das alte “Rommelbootze” längst verdrängt. Das Geschäft mit der Angst blüht und der Handel hat den kommerziellen Wert von Halloween längst erkannt.

Auch unsere Kindern sind mit dem neuen Brauchtum Halloween aufgewachsen. Mein kleiner Sohn freut sich schon seit Tagen auf dieses Fest. Natürlich habe ich bei der Erziehung versucht Einfluss zu nehmen. Zumindest ist es mir gelungen meinen Kindern den genauen Hintergrund und den Unterschied zwischen diesen beiden völlig verschiedenen Festtagen zu vermitteln. Ich kann es drehen wie ich möchte, für unsere Kinder und Jugendlichen gehört Halloween längst zu den fest markierten Terminen im eigenen Kalender. Vielleicht ist Halloween schon längst zu einer Tradition geworden und keiner hat’s gemerkt? Offensichtlich hat sich “Halloween” schleichend in unseren Jahreskalender verankert. Vielleicht muss ich einfach nur lernen damit umzugehen. Ich respektiere jede individuelle Entscheidung und wünsche jedem viel Spaß auf seinem Weg. Jeder ist frei in seinem Denken und in seinem Tun. Ganz gleich ob er zu einer Gruselparty oder zum Reformationsgottesdienst geht. Ich persönlich halte es als praktizierender Protestant lieber mit Luther und dem Reformationstag. Lernen wir unsere Kinder lieber Mut, Glaube und Zuversicht anstatt sie mit Angst, Schrecken und Panik klein zu machen. Das Geschäft mit der Angst ist längst gegenwärtig und begegnet uns auf vielfältiger Art und Weise im täglichen Leben. Angst regiert die Welt!

Als junger Mönch zweifelte Martin Luther an seinem Glauben und klammerte sich an die Bibel. Die damalige katholische Kirche lebte davon den Menschen Angst zu machen. Im Jahre 1517 veröffentlichte Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel und wollte damit eine Reform seiner Kirche anregen. Die Bewegung, die er damit auslöste, ergriff nicht nur das kirchliche Leben, sondern auch alle Bereiche der Gesellschaft. Sein Anschlag der Thesen war auch ein deutliches Zeichen gegen Angst! Ob Martin Luther am 31. Oktober 1517 tatsächlich eigenhändig seine 95 Thesen zum Ablasswesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche anschlug, weiß niemand so ganz genau. Irgendwie wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen. Unbestritten ist aber, dass mit der Veröffentlichung der Thesen eine Erneuerungsbewegung der Kirche begann. Der jährliche Reformationstag am 31. Oktober erinnert uns an den legendären Thesenanschlag und die damit verbundene Spaltung der Kirche. Dabei war die Spaltung der Kirche gar nicht Luther’s Absicht. Vielmehr wollte er eine „Erneuerung“ der katholischen Kirche, was er mit dem Wort „Reformation“ auszudrücken versuchte. Martin Luther wollte eine Umgestaltung zu einem Besseren. Manche Reformen brauchen Zeit und nicht jede Veränderung kommt von jetzt auf gleich. So war das am Ende auch mit der Reformation. In unserem Heimatort Dirmingen wurde die Reformation erst im Jahre 1575 umgesetzt.

Irgendwo zwischen “Rommelbootze” und “Halloween” irrt der gute alte Luther herum ! Finden wir in der Diskussion um Halloween, Rommelbootze und anderen wichtigen Themen überhaupt noch Platz für Luther und seine Reformation ? Bei den evangelischen Christen ist das Reformationsfest das Wichtigste Fest im Jahr, denn es ist der Geburtstag ihrer Kirche.

Reformieren – verändern, verbessern, neu gestalten ! Hört sich doch gut an, orra? Müssen wir Angst vor Veränderungen haben oder ist es nicht längst an der Zeit einige grundliegenden Dinge zu verändern ?

Angst spaltet, isoliert und irritiert ! Angst ist heute unumgänglich ! Das Geschäft mit der Angst boomt und die großen dieser Welt spielen mit der Angst der Menschen. Angst ist gegenwärtig, Angst macht Einsam. Wir kennen die Angst vor Armut, Krankheit, Tot dem nuklearen Super Gau oder dem Verlust eines lieben Menschen. Angst lähmt und hemmt uns in unseren Entscheidungen.

Ich denke, es ist an der Zeit zu Verändern oder zu Reformieren. Dabei dürfen wir keine Angst vor dem Neuen haben. Was Angst und Panikmache tatsächlich bewirken sehen wir aktuell nicht nur in unserem Land oder in Europa sondern überall auf der Welt. Menschen werden mit Angst klein gehalten und diskriminiert.

Sei’s drum: Ich wünsche allen einen schönen Reformationstag oder nach belieben ein schönes “Halloweenfest”. Ein jeder wie er will! Wenn ich Zuhause sein sollte, werde ich den Kindern auf Verlangen auch gerne Süßigkeiten schenken. Ich werde versuchen mir den 31. Oktober so angenehm wie möglich zu gestalten. Vielleicht trinke ich ein leckeres Lutherbier und genieße den Reformationstag. Das schont meine Nerven und verschafft mir zudem eine ruhige Nacht.

Psalm 31- Vers 10: „HERR, sei mir gnädig, denn mir ist angst! Mein Auge ist trübe geworden vor Gram, matt meine Seele und mein Leib.“ Ich habe was gegen deine Angst – Gott!

Bibel: Psalm 31- Vers.10.

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