Der 9. November – Von einer Zeitenwende ins Gute sind wir meilenweit entfernt !
Der 9. November 1989 – Ein historischer Tag für Deutschland! Wohl kaum ein anderer Tag markiert in der deutschen Geschichte so häufig eine Zeitenwende. Die meisten von uns werden beim Blick auf den Kalender an den 09. November 1989 zurückdenken. An diesem Tag brachte eine friedliche Demokratiebewegung die Berliner Mauer zum Einfallen. Bereits im Oktober 1989 überschlugen sich die Ereignisse. Die Auswirkungen dieser friedlichen Volksrevolution waren bis in Saarland spürbar. Immer mehr Menschen flüchteten über Ungarn nach Deutschland und schließlich auch bei uns an die Saar. Ohne Gewalt und mit viel Beharrlichkeit, setzte sich am Ende die sogenannte “Macht der Straße” durch. Ich erinnere mich an viele endlose Diskussionen in unserer Stammkneipe. Niemand konnte sich damals vorstellen, dass diese Bewegung zum Fall der Mauer führen würde. Wir wurden gottlob eines besseren belehrt.
Eine geschichtsträchtige Pressekonferenz am Abend des 9. November 1989 brachte das Fass zum Überlaufen. Die angesetzte Pressekonferenz der SED sorgte am Ende tatsächlich für eine Zeitenwende. Mit seinem damaligen legendären Statement riss der damalige SED-Funktionär Günter Schabowski praktisch die Mauer im Alleingang ein. Dabei war alles ganz anders geplant. Auf Schabowskis berühmtem Zettel war keinerlei Sperrvermerk zu lesen, obwohl der ja eigentlich geplant war. Der Funktionär öffnete praktisch so ganz nebenbei den Weg in die Freiheit. Als der rot-weiße Schlagbaum am Berliner Grenzübergang am Donnerstag, 9. November 1989 an der „Bornholmer Straße“ fiel, wurde deutsche Geschichte geschrieben.
Wohl kaum ein anderes Datum in unserer deutschen Geschichte schürte im Verlaufe der letzten Jahrzehnte die Emotionen so sehr wie der 9. November. Dieses Datum symbolisierte oft die Hoffnungen der Deutschen und auf der anderen Seite auch den Weg in das „Dritte Reich“. Ausgerechnet an dem Datum, an dem die Berliner Mauer fiel und die Deutschen zur Wiedervereinigung kamen, begann in Berlin eines der schwärzesten Kapitel unserer Geschichte. In der Nacht zum 9. November 1938 wurden auf Geheiß der nationalsozialistischen Partei in ganz Deutschland Läden und Wohnungen jüdischer Bürger geplündert und zerstört. Synagogen wurden in Brand gesetzt, Menschen verhaftet, vertrieben und sogar ermordet. Dieser 09. November 1938 ging als „Reichspogromnacht“ in die unsere Geschichte ein. Diese schicksalshafte Nacht steht für den Beginn des Grauens und für den Antisemitismus in unserem Land. Was daraufhin folgte sollte uns allen bis heute zur Mahnung dienen.
Die Nazis streuten ihre böse Saat bereits viel früher in unserem Land aus. Am 9. November 1923 scheiterte in München der sogenannte Hitlerputsch. Ziel dieses Putschversuches war die „nationale Revolution“ und die Absetzung der Bayerischen Regierung und der Reichregierung. Dabei hätte alles gut werden können. Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann die erste Deutsche Republik aus. Die Novemberrevolution 1918 führt das Deutsche Reich von einer Monarchie in eine parlamentarisch-demokratische Republik.
Immer wieder der 9. November! Was hat es mit diesem Tag auf sich und warum bewegt er unser Land? Noch nicht genug? Einen haben wir noch: Am 9. November 1848 scheiterte die sogenannte Märzrevolution. Der volkstümliche Anführer Robert Blum wird durch seinen Tod zur Symbolfigur dieser Revolution. Nach der Niederschlagung des Aufstands wird Blum am 9. November 1848 hingerichtet. Blum wurde am 9. November um 7:30 Uhr beim Jägerhaus in der Brigittenau erschossen. Seine letzten Worte waren: „Ich sterbe für die deutsche Freiheit, für die ich gekämpft. Möge das Vaterland meiner eingedenk sein.„
Freiheit? Zurück zum Anfang! Irgendwie schließt sich der Kreis. Manchmal scheint es mir, als hätte es das alles schon einmal gegeben. Vieles was wir heute hören, wurde in der Geschichte schon einmal geäußert. Wortfetzen: „Wir sind das Volk“, „die Mauer muss weg“, „Ausländer raus“, „Freiheit“…lernen wir niemals dazu?
Ich habe als sogenanntes „Kassettenkind“ die Wende miterlebt. Die 80-er Jahre haben bis heute einen festen Platz in meinem Herzen. Das war meine Zeit: Zauberwürfel, Kassettenrecorder, NENA -Poster an der Wand, ZDF -Hitparade, Sportschau, Badewanne und Wetten, dass …? Heimlich am ersten „Schäfer-Bier“ getrunken, Walkman auf den Ohren und die erste Liebe im Herzen. Auf der anderen Seite könnten uns die 80-er Jahren aber auch als mahnendes Beispiel dienen. Irgendwie alles schon mal da gewesen: die Auswirkungen des Klimawandels waren schon damals spürbar, Wälder wurden abgeholzt, die atomare Gefahr war allgegenwärtig, der kalte Krieg hatte Europa in seinem kalten Griff, Ausländerfeindlichkeit und Friedensdemonstrationen waren an der Tagesordnung. Alles schon mal da gewesen, oder ? Haben wir daraus gelernt?
Ich denke noch heute gerne an den Mauerfall und die darauffolgende Zeitenwende zurück. Schon als Jugendlicher konnte ich nicht begreifen, warum man ein Land durch eine Mauer teilt. Natürlich wuchs im Jahre 1989 zusammen, was zusammengehört. Alle anderen Thesen sind aus meiner Sicht Unsinn. Noch ist es Zeit aus der Geschichte zu lernen. Noch können wir das Ding drehen und es für die kommenden Generationen besser machen. Es ist an der Zeit! Der 9. November kann am Ende eine wunderbare Nachricht mit sich ziehen. Menschen stehen auf, nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und schaffen gemeinsam, auf der Straße, etwas Historisches. Ist das nicht wunderbar? Hand in Hand wurde für die Freiheit gekämpft: „…die Mauer muss weg“ oder „…wir sind das Volk“ sind unvergessene Sätze die als Meilensteine der Menschlichkeit in unsere Geschichtsbücher eingingen.
„…wir sind das Volk“, da war doch was? Wie man hört, wurde dieser Satz in den letzten paar Jahren öfters zweckentfremdet. Wir hören diesen Satz bei den Aufmärschen der rechten Szene, während den diversen Corona-Demonstrationen oder auf den heutigen Montagsdemonstrationen gegen irgendwie „alles“. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Demonstrationen sind gut ! Menschenketten, Lichterketten, Kundgebungen, Schweigemärsche und Mahnwachen können zum Umdenken bewegen. Ironie des Schicksals oder unserer Geschichte: Die ersten ursprünglichen Montagsdemonstrationen im Jahre 1989 sorgten für eine friedliche Zeitenwende. Davon sind wir im Moment meilenweit entfernt!