Ein Ende kann ein Neubeginn sein – Trauriger Abschied von der evangelischen Kirche in Berschweiler

Selbst ein “echta Derminga” sollte ab und an einmal über die Dorfgrenzen blicken und Kontakte zu anderen Dörfern pflegen. Bezüglich unseres Nachbarortes Berschweiler ist das relativ einfach und problemlos. Beide Dörfer verbindet seit dem Mittelalter eine enge Verbundenheit die sich bis heute in den gemeinsamen Kirchengemeinden und beispielsweise auch in der Fusion beider Fußballvereine widerspiegelt. Ein trauriger Anlass führte nun dazu, dass am Sonntag, 12. November zahlreiche Menschen auch aus Dirmingen nach Berschweiler pilgerten. Der triste und graue Novembermorgen war wie geschaffen für einen schmerzlichen und hochemotionalen Entwidmungsgottesdienst. Nach 70 Jahren wurde die Evangelische Kirche Berschweiler oder auch bekannt als Evangelisches Gemeindehaus Berschweiler entwidmet. Besonders für die evangelischen Christen aus Berschweiler und die dortige Dorfgemeinschaft sicherlich ein harter und sehr schmerzlicher Einschnitt. Am Ende dieses hochemotionalen Gottesdienstes blickte ich in viele todtraurige Augen. Wie gerne hätte ich den Freunden aus Berschweiler diesen Schritt erspart. Am Ende wurde die evangelische Kirche in Berschweiler auch ein Opfer des Zeitgeistes.

Es ist eine historische Zäsur für die Kirchen in Deutschland. Die sexualisierte Gewalt in der katholischen und der evangelischen Kirche sowie die Versäumnisse bei ihrer Aufklärung, die queer- und frauenfeindliche Strukturen und die Orientierungslosigkeit während der Pandemie brachten unsere beiden Kirchen in eine bis heute anhaltende Krise. Das christliche Abendland schafft sich ab und zeigt mit dem Finger auf das immer stärker werdende Aufkommen anderer Religionen. Wenn wir es nicht schaffen an unseren Bräuchen und Religionen festzuhalten, dürfen wir uns nicht über die Stärke der Anderen wundern. Mittlerweile sind nur noch knapp 50 Prozent der Deutschen Mitglied in der Evangelischen oder katholischen Kirche. Eine wichtige Institution steuert mit Vollgas in Richtung Abgrund und ein Volk entwurzelt sich selbst. Wie ist diese Irrfahrt aufzuhalten und wie können wir entgegensteuern ?

Mit der Entscheidung, das Gemeindehaus in Berschweiler zum 12 November zu entwidmen, hat das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Dirmingen weitreichende aber auch zukunftsorientierte Entscheidungen getroffen. Dabei hat sich das Presbyterium diese Entscheidung keineswegs leicht gemacht. Ich erinnere mich an viele emotionale und schmerzhafte Diskussionen. Gerade für die Freunde aus Berschweiler war der Beschluss zur Entwidmung eine schmerzliche Angelegenheit. In den vergangenen Jahren hat sich aufgrund der angespannten Finanzsituation ein wahrer Investitionsstau gebildet. Das Presbyterium war praktisch gezwungen diese Entscheidung zu treffen. Unsere Kirchen sind für viele Menschen Anlaufstelle und Heimat zugleich. Das Ortsbild unserer Städte und Gemeinden sind geprägt von den Kirchtürmen unserer Region. Niemand schließt freiwillig eine Kirche. Wir alle hätten uns diesen Schritt sicherlich gerne erspart.

Der Gottesdienst, der bei der Entwidmung der evangelische Kirche in Berschweiler gefeiert wurde, bedeutete Ende und Neubeginn zugleich. Die Gemeinde und insbesondere die Menschen in Berschweiler nahmen Abschied von „ihrer“ Kirche. In Gebeten, Liedern und einer emotionalen Predigt des Superintendenten Pfarrer Markus Karsch gab es viel Raum für einen persönlichen Rückblick. Die Gottesdienstbesucher waren eingeladen sich selbst zu reflektieren und ihre persönlichen Erlebnisse einfließen zu lassen. Zum Ende des Gottesdienstes wurden die ligurgischen Gegenstände in einer Prozession aus der Kirche getragen. Abendmahlsgeschirr, Bibel, Taufschale, Osterkerze und das Altarkreuz. Spätestens bei dieser Zeremonie flossen die ersten Tränen. Mit diesem Akt endet die Geschichte der evangelischen Kirche von Berschweiler. Traurig aber wahr !

Nach der Entwidmung.

So schwer die Entscheidung zur Aufgabe dieser Kirche für die Kirchengemeinde Dirmingen auch sein mag, sie war mit Blick auf die Möglichkeiten der Gegenwart und der Zukunft vollkommen richtig. Manchmal muss man loslassen um in eine bessere Zukunft zu starten. Schließlich geht es am Ende auch um die Zukunft unserer Kirchengemeinde. Eine Gemeinde mit unserer Größenordnung kann sich auf Dauer keine zwei Gotteshäuser leisten. Der Investitionsstau in der Berschweiler Kirche hätte uns auf kurz oder lang an den Rande des Abgrunds gebracht. Die nun ehemalige evangelische Kirche in Berschweiler ist nun zum Verkauf ausgeschrieben und wird irgendwann einer neuen Bestimmung zugeführt. Es ist schon ein seltsames Gefühl. Wie viele Menschen wurden dort in dieser Kirche getauft, beerdigt oder feierten Hochzeit. Keine Frage, es ist eine traurige Entwicklung und ein schmerzlicher Verlust.

Zum 01. Januar 2024 wird es die evangelische Kirchengemeinde Dirmingen nicht mehr geben. Ein komisches Gefühl ! Seit dem Ende der Reformation im Jahre 1575 trug unsere Kirchengemeinde diesen Namen. Und nun? Alles neu! Genauso wie unsere katholischen Brüder und Schwestern, die ihren Weg in den neuen “Pastoralen Raum Lebach” gefunden haben, werden wir unseren Weg in die neuen Evangelische Kirchengemeinde St. Wendel – Illtal finden. Gemeinsam mit den Kirchengemeinden aus Uchtelfangen und St. Wendel gilt die Devise: Auf zu neuen Ufern ! Dabei sollte eine gewisse Aufbruchstimmung nicht zu kurz kommen. Auf unserem Weg dürfen wir getrost die Erinnerung an alles was wir in unseren “alten” Kirchengemeinden erfahren haben in die neue Kirchengemeinde mitnehmen. Dazu gehört auch die Geschichte der Evangelischen Kirche zu Berschweiler.

Abschiedsgeschenk der evangelischen Kita Berschweiler

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