Narren sind bunt und nicht braun – Straßenfastnacht ist die ehrlichste Form des Karnevals

Trotz Krieg, Terror, Fake News und Hass. Millionen Menschen feierten auch in diesem Jahr friedlich und ausgelassen die närrische fünfte Jahreszeit. Natürlich wurde auch im Saarland, in der Tradition des rheinischen Karnevals, gefeiert. Mit der Straßenfastnacht erreichte die wohl ehrlichste Form des Karnevals die Menschen in den Dörfern und Städten. Keine Frage: die Straßenfastnacht gehört zu der authentischsten Formen des modernen Karnevals. Nach unseren beiden herrlichen Kappensitzungen stürzten sich auch hier zu Lande die Karnevalisten unseres Heimatortes kopfüber in die Straßenfastnacht. Die Fastnachtsumzüge in Berschweiler, Bubach-Calmesweiler, Illingen sowie der Nachtumzug in Macherbach und der Rathaussturm in Eppelborn stehen am Fastnachtswochenende immer im Fokus der vielen „Derminga Faasebooze“. Die Straßenfastnacht ist an ihrer Ausgelassenheit und Spontanität kaum zu überbieten. Während auf den Kappensitzungen dieses Landes immer noch viel Wert auf eine gepflegte Fastnachtskultur gelegt wird, sind bei der Straßenfastnacht alle Regeln außer Kraft gesetzt. Obwohl einige Zeitgenossen mit ihrem Alkoholkonsum nicht gut umgehen können und ihre gute Kinderstube verlieren, bleibt die Fastnacht eine der friedlichsten und bodenständigsten Demonstration für Menschlichkeit und Demokratie.

Die Straßen-Fastnacht beginnt traditionell mit der Weiberfastnacht und endet am Aschermittwoch. Unser Karnevalsverein KKV Dirmingen “die Faasebooze” befindet sich während dieser Zeit im Ausnahmezustand. Da steckt unendlich viel Arbeit und Liebe zum Details in den umfangreichen Planungen und Organisationen. Wer Fastnacht feiern möchte, sollte sich Bestens vorbereiten. Es ist und bleibt eine erste Angelegenheit mit dem Spaß !

Im Jahre 2003 wurde der heutige Kolping Karnevalsverein als Untergruppierung der Kolpingsfamilie gegründet. Der KKV Dirmingen bemüht sich seitdem um das fastnächtliche Brauchtum unseres Heimatortes. Natürlich hat die „Faasend“ immer auch etwas mit Heimat und eigener Identität zu tun. Es hat etwas sehr erhebendes mit seinen Leuten oder seinem Verein die Fastnacht zu feiern, die gleichen Farben zu tragen und den gleichen Ausruf zu schmettern. Dabei spielt auch Stolz und ein gewisses “Wir-Gefühl” eine gewichtige Rolle. Geschichten entstehen aus Geschichten und Menschen machen Menschen. Am Ende ist es genau das, was wir daraus machen.

Gemäß dem rheinischen Karneval ist es wichtig, dass das Herz im Vordergrund steht und der Humor nicht zu kurz kommt. Man darf gerne auch mal über sich selbst lachen. Zuhause ist man dort, wo man sich fallen lassen und einfach so Leben kann, wie man möchte. Besonders an der Fastnacht wird dies immer wieder deutlich spürbar. Einige Elferratsmitglieder und Akteure kenne ich bereits seit meiner Kindheit. Seite an Seite schlendern wir über die Straßen, werfen Süßigkeiten und rufen “Hoppla Hopp”. Für einige Stunden vergessen wir die Sorgen und Alltagsprobleme. Fastnacht kann verbinden und ermutigen. Meine beiden Töchter gehören zur Garde des KKV Dirmingen. Ich müsste Lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass mich dies ein Stückweit mit Stolz erfüllt. Meine Töchter teilen ihre Leidenschaft mit vielen anderen Mädchen, die sie schon seit frühster Kindheit kennen. Die Fastnacht führt mir immer wieder vor Augen, wie schnell die Zeit vergeht. Wenn ich die Augen schließe, kann ich viele dieser jungen Frauen als kleines Gardemädchen vor mir sehen.

Wie bereits erwähnt, ich glaube die Straßenfastnacht ist die ehrlichste Form des Karnevals. Prinz Karneval erreicht endlich den „kleinen Mann“ und bietet diesem die Möglichkeit mitzumachen und mitzufeiern. Jeder „Jeck“ ist anders und kann auf seine ureigene Art und Weise Fastnacht feiern. Nicht jeder hat das Talent sich auf einer Kappensitzung mit einer Büttenrede oder einem Tanz zu präsentieren. Außerdem hat auch nicht jeder das Geld sich eine Eintrittskarte für die großen Prunksitzungen unseres Landes zu kaufen. Von daher finde ich es lobenswert, dass in unseren Dörfern für vermeidlich kleines Geld tolle Kappensitzungen angeboten werden. Anders als auf den schönen Sitzungen in den buntgeschmückten Hallen ist die Straßenfastnacht Rotzfrech und gradlinig. Auf der Straße sind wir alle gleich und die Macht liegt in den Händen des närrischen Volkes.

„Faasend“ hat immer etwas mit Heimat, Sprache und eigener Dorfkultur zu tun. Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, man kann aus seiner Haut nicht raus. Den Stallgeruch verliert man nicht und seine Herkunft wird man niemals leugnen können. Warum nicht die Gelegenheit nutzen und einfach stolz darauf zu sein. Naja, mit dem Heimatstolz ist das in der heutigen Zeit so eine Sache. Trotzdem oder vielleicht „graad se lääds“ sollte wir uns gerade zur Straßenfastnacht nicht schämen den Begriff Heimat zu verwenden. Niemand hat ein Patent auf diesen Begriff und schon gar nicht die rechte Ecke. Narren sind bunt und nicht braun!

Es hat etwas erhebendes an einem Fastnachtsumzug aktiv teilzunehmen. Man präsentiert seine Farben, seine Traditionen und irgendwie auch seine Heimat. Voran die Garde, dahinter der Elferrat und dazwischen Akteure und Organisatoren. Alle zusammen feiern in ihrem ureigenen Brauchtum die Fastnacht. Die Straßenfastnacht steht für Ausgelassenheit, Gemeinsamkeit und Miteinander. Auf der Straße stehen Sie plötzlich nebeneinander zusammen: Der arme Schlucker genauso wie der reiche Schnösel.

Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Was bleibt von dem närrischen Treiben? Vielleicht war es am Ende für viele nicht mehr als ein schönes ausgelassenes Wochenende. Andere hingegen sehen in dem alten Fastnachtsbrauchtum die schönste Zeit des Jahres. Für andere Menschen wiederum spielt Fastnacht keine Rolle. Kein Problem, ein jeder nach seiner Façon. Letztlich ist es immer das, was man daraus macht. Wichtig ist jedoch, dass wir uns gegenseitig tolerieren. Nicht jeder kann ein „Faasebooz“ sein. Gegenseitiger Respekt spielt jedoch gerade im Karneval eine gewichtige Rolle. Man muss die Menschen nehmen wie sie sind, schließlich ist jeder Jeck anders! Hoppla Hopp

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