„Das Herz unsres Dorfes das weiß jedes Kind, dass war die Bierbrauerei, dort braute man lange nach altem Rezept das köstliche Schäfer Bräu.“
Im November des Jahres 1992 stellte die Dirminger Schäfer Brauerei, in der Ortsmitte, ihre Produktion ein. Heute erinnert nur noch eine klaffende Lücke an die einst stolze Brauerei im Herzen unseres Dorfes. Die Brauerei prägte über 112 Jahre hinweg die vorhandene Infrastruktur unseres Heimatortes. Seit 1880 wurde die Brauerei von Konrad Schäfer und seinem Sohn Nikolaus das gute Schäfer Bier gebraut. Bis heute sind uns die vielen verschiedenen Biersorten in bester Erinnerung: Schäfer Spezial, Schäfer Pils, Schäfer Stammpils, Schäfer Zwickel, Schäfer Bockbier oder Schäfer Leichtbier. Mit der Schließung der ersten Bergwerke an der Saar gingen in den 1980-er Jahren die Umsatzzahlen der Brauerei rapide zurück. Der fehlende Umsatz der Bergbaukantinen konnte die Brauerei nicht mehr ausgleichen.
Kennt ihr noch den „Schäfer-Bräu Marsch“?
Macht Deine Frau zu Haus Geschrei so nimm sie mit, dann ist´s vorbei, denn dieses Bier bekommt auch ihr so köstlich schmeckt ein Schäfer-Bier. Kommt der Bergmann aus dem Schacht und hat die Schicht zu End ‘gebracht so trinkt er gern, ach glaubt es mir, am liebsten gleich ein Schäfer-Bier
Kennt ihr die „Derminga Rastlos -Hymne?
„Das Herz unsres Dorfes das weiß jedes Kind, dass war die Bierbrauerei, dort braute man lange nach altem Rezept das köstliche Schäfer Breu. Ein Heilmittel war es für alle im Ort, dass jede Seele erquickt und jeden Anfang von Kummer und Schmerz schon gleich im Keime erstickt, Em Derminga Dörfche, do senn mir Dehemm…….
Die Geschichte der Schäfer Brauerei ist eng mit dem Dirminger Hausnamen „Veltes“ verbunden. In einer Kontributionsliste aus dem Jahr 1625 wird erstmals „Veltes Hanß“ erwähnt. In dem „Dirminger und Berschweiler Renovatur Protocollum de ao 1741“ ist eine Beschreibung der Anzahl und Lage, der im Jahre 1741 vorhandenen Gebäude des Anwesens „Veltens“ erhalten. In dieser Schrift heißt es, dass „Im Kloster“, ca., dem heutigen „Renter“ das Haus mit Hofgering des Wirtes Hans Jakob Wagner stand. Weiterhin heißt es: „stößt vorne an den gemeinen Weg und an das Haus an den Hirten-Häusern“. Weitere Aufzeichnungen berichten, dass Hans-Jakob Wagner, ein Wirt, am „Render“ einen Garten hatte. Genau an dieser Stelle wurde Jahre später die Brauerei errichtet und Geschichte geschrieben. Im Laufe der Jahre wurde der Name der historische Flur „Im Kloster“ mehrfach verändert.
Aus dem für Dirmingen typischen Familienname Wagner entstand der spätere Häusername „Veltes“. Im Jahre 1705 wurde Hans Velten Wagner in Dirmingen geboren. Im Jahre 1784 wandelte sich der Familienname „Wagner“ durch Einheirat in „Schneider“. Die Familie wurde zu einer alteingesessene Dirminger Familie und behielt ihren Wohnort an bekanntem Ort in der Dorfmitte. Im Jahre 1821 wurde Heintz Maria Luise in Dirmingen geboren. Genau diese Maria Luise Heintz „Veltes“ heiratete im Jahre 1843 einen jungen Mann aus Berschweiler mit dem Namen Konrad Schäfer. An dieser Stelle verknüpft sich der Familienname Schäfer mit dem Namen „Veltes“. Das war zeitgleich der Beginn einer Ära.
Unsere historischen Quellen berichten:“ Am 08.Mai 1843 heiratete der 22-jährige Ackerer Johann Konrad Schäfer seine gleichaltrige Braut Luise Heintz aus „Unerscht Schmiddjere“. Luise Heintz hatte lange Zeit in der Gaststätte ihres Onkels Valentin gearbeitet. Diese Gaststätte und das Haus Veltes wurde dem jungen Ehepaar von Onkel Valentin und Tante Luise geschenkt. Die Gaststätte „Veltes“ war zunächst keine herkömmliche Gaststätte, sondern vielmehr eine Raststätte für den Fuhrverkehr. Am 07.02.1862 stellt Konrad Schäfer an das königliche Bürgermeisteramt Eppelborn den Antrag zur Errichtung einer Bierbrauerei in seinem Hause. Dem Antrag wurde im Jahre 1862 stattgegeben. Der älteste Sohn des Conrad Schäfer hatte Bierbrauer gelernt und braute in bescheidenem Umfang das Bier für die eigene Gastwirtschaft. Dies war die eigentliche Geburtsstunde der späteren „Schäfer Brauerei“. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Bier im heimischen Anwesen gebraut.
Der jüngste Sohn Johann Nikolaus erlernte im Alter von 16 Jahren, in der Bierbrauerei Paque in St. Wendel, das Brauerhandwerk. Nach einigen Gesellenjahren besuchte Johann Nikolaus die Lehmann’sche Brauerschule in Worms. Im Jahre 1876 kehrte Johann Nikolaus zurück nach Dirmingen. Im Jahre 1877 begann der junge Brauer eine kleine Brauerei im heimischen Haus einzurichten. Gegenüberliegend wurde am „Renderberg“ ein Sudhaus eingerichtet. An diesem Renderberg begann Johann Schäfer und sein damals 14jähriger Sohn mit den Ausschachtungsarbeiten für die spätere Schäfer Brauerei. Am 01. Juli 1880 erscheint die Firma Gebrüder Schäfer, Dirmingen als offene Handelsgesellschaft im Handelsregister. Als haftender Gesellschafter sind Johann Nikolaus Schäfer und sein Sohn Peter beide Bierbrauer und Ökonom zu Dirmingen eingetragen. Es folgte eine wahre Erfolgsgeschichte, die unseren Heimatort Dirmingen über die Grenzen hinaus bekannt machte. Über viele Jahrzehnte gehörte das Unternehmen in Dirmingen zu den bekanntesten Brauereien im Saarland.
Im Jahre 1940 erklärte das staatliche Nazi-Regime mit seinem zuständigen Straßenbauamt zahlreiche historische Gebäude in der Ortsmitte, darunter auch das alte, von Pfarrer Brandt erbaute „Veltes Haus“, zum öffentlichen Verkehrshindernis. Die Häuser wurden in der Zeit vom 10. bis zum 13. September 1940 dem Erdboden gleichgemacht. Dem Familienunternehmen Schäfer wurde mit dieser drastischen Maßnahme praktisch das Herz rausgerissen. Im Jahre 1941 stellte die Brauerei eine Bauantrag zur Erweiterung des Unternehmens an das Bauamt in Eppelborn. Der Krieg hatte noch nicht ganz unseren Heimatort erreicht und das damalige Nazi-Regime unterstütze ortsansässige Unternehmen mit kriegsgefangenen Soldaten aus Frankreich. Der fällige Bauschein kostete die Brauerei damals 110,- Reichsmark. Daraufhin wurde den Gebr. Schäfer die Genehmigung erteilt ein Wohnhaus und ein neues Ökonomiegebäude zu errichten. Die Familie Schäfer wollte mit dem Bau eines neun Wohngebäudes zurück zur Normalität.
Als die Kriegswirren unserem Heimatort erreichten musste auch die Brauerei ihren Tribut zollen. Wichtige Geräte wurden zu Kriegszwecken montiert und an die Front verfrachtet. Das Unternehmen wurde gezwungen die Produktion einzustellen. Die letzten Kriegsjahre waren für Dirmingen eine Katastrophe. Mit über 25 Luftangriffen gehörte unser Heimatort zu den meistbombardierten Landgemeinden des Saarlandes. Der zweite Weltkrieges traf das Familienunternehmen wie ein Keulenschlag. Die „Schäfer Bier“- LKWs wurden umfunktioniert und mussten ab sofort Soldaten anstatt dem guten kühlen Gerstensaft befördern. Die Brauerei in der Ortsmitte versorgte in dieser schwierigen Zeit die Dirminger Bevölkerung mit Wasser der eigenen Quelle. Noch heute erinnert das Quellrohr in der Ortsmitte eines der letzten Erinnerungsstücke an die Schäfer Brauerei.
Nach dem zweiten Weltkrieg brauchte das Familienunternehmen einige Jahre, um aus dem Gröbsten rauszukommen. Die ersten Verträge mit den Saarbergwerken liefen zäh an und das Unternehmen musste um jedes Geschäft hart kämpfen. Der stets steigende Bierkonsum erforderte wirtschaftliche Maßnahmen. Die Brauerei entwickelte sich prächtig und sukzessive wurde auch das Betriebsgelände erweitert. So entstand z.B ein neuer Lagerkeller, eine Abfüllanlage und ein erweiterter Fuhrpark. Mit dem endgültigen Anschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1959 war der Wandel vom Handwerksbetrieb zu einem modernen Fabrikgebäude eingeleitet. Die Investitionen in die Brauerei trugen erste Früchte und der Betrieb expandierte. Die Rechtsform der Brauerei wandelte sich von der Offenen Handelsgesellschaft in eine KG. Am 01.01.1974 erfolgte eine Betriebsspaltung, eine Verwaltungsgesellschaft KG einerseits und eine Produktion und Vertriebsgesellschaft GmbH auf der anderen Seite. In der KG war jeder Familienstamm durch einen Komplementär vertreten: Max Schäfer, Wilhelm Schäfer und Luise Brück (geb. Schäfer). Die Geschwister hatten die Stellung eines Vorgesetzten. Geschäftsführer waren Wilhelm Schäfer und Luise Brück, die in Zusammenarbeit mit Irmgard Schäfer, Herrn Seibert und Herrn Glaser die kaufmännische und technische Leitung übernahmen.
Mit ca. 2000 hl Bier pro Jahr hatte Johann Nikolaus Schäfer die Brauerei aufgebaut und auf den Weg gebracht. In den 1970-er Jahren waren es ca. 2000 hl pro Monat. Aus dem Ur-Schäfer-Bier der ersten Stunde entwickelten sich sehr bald weitere Bierspezialitäten, die mit großem Erfolg auf dem Markt waren. Neben dem Schäfer Pils waren dies zunächst Schäfer-Spezial und Schäfer Bock. Eine besondere Stärke der Familie Schäfer war die Verbundenheit zu ihren Wurzeln und zu ihrem Heimatort Dirmingen. Dies wurde gerade bei der Durchführung von Dorf- und Volksfesten deutlich. Die Familie Schäfer beteiligte sich am Ortsgeschehen und unterstützte mit ihren Produkten die ortsansässigen Vereine bei ihren Veranstaltungen. Auch diese Tatsache war ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Mit ihrem Slogan „Bleib heimattreu – trink Schäfer-Bräu“ unterstrich das Unternehmen seine enge Verbundenheit mit der Region und machte zugleich den Ort Dirmingen über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Gegen Ende der 1980-er Jahre hatte die Schäfer-Brauerei erheblich mit Absatzverlusten und dem Konkurrenzdruck der großen Brauereien zu kämpfen. Die Wahl einer „Schäfer-Bier-Königin“ war eine der letzten großen Werbekampagnen, die von der Brauerei durchgeführt wurden. Diese Wahl wurde im Rahmen eines Dirminger Volksfestes durchgeführt und gab der Brauerei nochmal die Möglichkeit auf ihr Produkt aufmerksam zu machen.
Im November des Jahres 1992 wurde die Schäfer Brauerei Dirmingen geschlossen. Mittlerweile ist die Schäfer Brauerei bereits seit über 30 Jahren geschlossen. Viele Generationen wurden mit der Brauerei groß und verbinden noch heute schöne Erinnerungen damit. Auf der anderen Seite gibt es nun die ersten Generationen, die nichts mehr mit der Brauerei in Verbindung bringen können und bestenfalls nur noch wissen, dass dieses Unternehmen einmal existierte. Die “Schäfer Brauerei” Dirmingen bleibt auch heute 30 Jahre nach ihrer Schließung ein Teil unserer Dorfkultur und eigenen Identität.
Vermutlich findet man in Dirmingen auch heute noch kaum ein Haus in dem nicht zumindest ein Glas, ein Werbeartikel, eine Flasche oder ein anders Erinnerungsstück der Brauerei aufzufinden ist. Die Erinnerung an die „Schäfer Brauerei“ ist allgegenwärtig schweißt uns „Derminga“, auch noch über 30 Jahre nach deren Schließung, zusammen.
„Wo am „Render“ stand die Brauerei, wo man gerne trank das feine „Schäfer Breu“, wo man zog die Halben in zwei Zügen aus, dort ist meine Heimat, dort bin ich Zuhause.“
Volksmund