“Die Musig wor sei Läwe” – Erinnerungen einer echten Dirmingerin

Sprache unterscheidet die Menschen und der Dialekt kommt von der Straße. Wenn wir unseren Dialekt auch weiterhin nutzen und „schwätze“ geht er uns auch niemals verloren.

Die Dirmingerin Hannelore Schwammbach ist mittlerweile verstorben. Vor ihrem Tot hatte Sie mich und meine Heimatforschung mit Bildmaterial und Texten unterstützt. Hannelore hatte vor vielen Jahren einen Text, auf Mundart und im Dirminger Dialekt, in einem kleinen saarländischen Büchlein veröffentlicht. Sie hatte mir diesen Text zur Verfügung gestellt und mir das Versprechen abgenommen, dass ich diese Zeilen einmal veröffentlichen werde. Gesagt, getan! Ich pflege meine Versprechen zu halten.

Von Hannelore Schwammbach, Dirmingen

So schwäddse mir…….

Die Musig wor sei Läwe

„Vom Babbe“
Eich benn enne musikalisch Familie e ren gebor. De Babbe on ach mei zwei Großvädda ware große Musiger, se han de Derminger Musikverein gegründet. De Babbe hat drei Instrumente gespilt, Klarinet, Saxefon on Gei. Er wor Dirigend vom Musikverein. In Eppelborn hat er im Sinfonieorchester mitgespilld. Im Kriech wor er in Worms bei da Milidärkappell.

Mei zwei Brürer on eich durften jerer e Instrumend leere, obwohl mei Mame net vill Geld hott, weil se nau gebaud horre. Se hat bes en die Nachd enenn genäd. De Babbe wor en Russland. Vom Gaade, vom Schwein, da Geiße on da Hinkele han mir us ernährt.

Vor alle Dinge von de Mame ihra Näherei. Eich han schon frie koche geleerd. Met 12 han eich schon alles konnd, do hot de Mame kenne an da Nähmaschin setze bleiwe kenne.

Bei us on ach beim Großvadder es vill geong wor, bei jerem Familiefeschd. Eich han schon mit fünf Johr allän en da Kersch vor da Frau Schäfer Klavier spille geleerd. Mei älschda Brurrer ess ach in de Klavierstonn gang.  Et Klavier konnd de Mame us net käfe, user Onkel Rudolf hat us dat Geld geleend. Er wor Junggesell on hot of da Grub gud verdiend.

De Manfred, usa Jüngschda, wor de Sonneschein im Kriech. Der hott de ganze Dach gesong. Von dehäm bes en de Kennegade. Als die Amis komm senn, es er durch die Stroß gelaft on hot gesong: „ Wir werden weitermaschieren wenn alles in Scherben fällt, denn heude gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“. Mei Mame hat geschreid: „Manfred, beschde ruhig!“ der wussde net, wieso er off ämol nemme senge soll.

Als mei Babbe 1948 aus russischa Gefangenschaft komme ess, hott a die Danzkapell Dacapo gegründet. Ma wore 6 Mann. Geprobt han ma en usem Wohnzemmer. De Babbe hot vill Geduld met us. Ma wore e Schlagzejer, e Trombeder, 2 Saxefonspilla, mei Mame Akkordeon on eich Klavier. Zu der Zeit stand noch en jerem Saal e Klavier. Vor meich wor dat ziemlich anstrengend, vor allen Denge an Fasend, wenn ma drei Nächde durchspille moschde. Eich han die Arme nemme gespierd. De Babbe hot emma de Üwablick on alles em Greff. Wenn ma mol e kleen Paus mache wollde, hat der ganze Saal geschreid: „Die Musig hat Schlof !“ Mei Babbe hot groß Geduld on Ausdauer.

Ähna Vorfall wll eich noch vazehle: Ma han em Nachbarort Berschweller e Familieowend dorf Rote Kreuz gespillt. De Sanitätsarzt on die Apothekerin wore ach do. Se hann metenanna gedanzd. Of eimol kemmd der junge Mann, der schon sehr angedrunge wor, schreid us an: „Dir kenne net spille“, reißd die Node von da Stänna on werft se of de Borrm. Mei Babbe wor die Seel von em Mensch, awwer hei har asich schwer beherrsche messe. Mir han die Bähn geschlockerd, awwa de Babbe hat auch die Situation gerettet.

Am annere Dach, eich han en da Abodeg em Haushalt geschafft, es de Dokda erriwwa komm on hat gesad: „ Hannelore, sag deinem Babbe, dass es mir sehr, sehr leid dud, ich will mich entschuldigen. Ich hann de Herr Rothe sehr beleidigt!“

Dann plötzlich aus heiterem Himmel es mei Babbe an em Schlaganfall met 62 Joahr 1966 gestorb. Vor meich es e Weld zesamme gebroch. Die Kapell Dacapo muschde ma auflöse. Eich hann nur noch mei Klavier on die Erinnerunge.

En da Begegnungsstätte vom Rote Kreuz spill eich noch Volkslieder on alde Schlager. Die komme net aus der Mode. Die anderen Noden hann eich an junge Musiger verschenkt.

(Quelle und Text: Hannelore Schwammbach, Dirmingen)

Aus den Erzählungen von Hannelore Schwammbach:

Im Jahre 1948 wurde die Tanzkapelle „Da Capo“ gegründet. Hannelore Schwammbach war Gründungsmitglied dieser Kapelle und berichtet im originalen Wortlaut:

„Mein Vater August Rothe hat 1948, als er aus der russischen Gefangenschaft kam, die Tanzkapelle „Da Capo“ gegründet. Er war einer der letzten Heimkehrer aus Dirmingen. Zu der Kapelle gehörten: Helmut „Schlesse“ Wagner am Schlagzeug, Herbert Kiefer Trompete, Günter Kiefer Saxophone, mein Mann Manfred am Akkordeon und ich (Hannelore Schwammbach) am Klavier. Mein Vater spielte Klarinette, Saxophon und Violine. Geprobt wurde in unserem Wohnzimmer. Wir spielten nicht nur in Dirmingen. Da es zu der Anfangszeit noch keinen Lautverstärker gab, war es für mich sehr anstrengend an der Fastnacht drei Nächte in die Tasten zu hauen. Es war nicht immer leicht die Leute in Stimmung zu bringen. Einmal im “Hesedenz Saal! waren die Leute außer Rand und Band und wir hatten Angst die Decke stürzt ein. Im “Johne Saal”, beim Lumpenball, lagen sie alle auf dem Boden. Der “Johne Wirt“ sah immer zufrieden dem Treiben zu. Wenn wir mal Pause machen wollten schrie der ganze Saal: “Die Musik hat schloof”. Mein Vater hatte immer gute Laune und eine Himmelsgeduld und Ausdauer. Beim dicken Paul, am fetten Donnerstag, bekamen wir zur Pause einen prall gedeckten Tisch. Es gibt schöne und auch nicht so schöne Erinnerungen. Ich könnte aus dieser Zeit ein Buch schreiben. Als mein Vater 1966, im Alter von 62 Jahren, verstarb mussten wir die Kapelle auflösen. Für mich brach damals eine Welt zusammen. Mein Klavier und die Erinnerungen sind mir geblieben.“

Soweit der Originalbericht im Wortlaut von Hannelore Schwammbach.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert