Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage!
Auch die „Faasend“ fällt dem miesen Bazillus zum Opfer. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres wurden landesweit alle närrischen Veranstaltungen abgesagt. Kein Rathaussturm, kein Rosenmontagsumzug, kein närrischer Lindwurm, keine Motto-Party, kein Straßenkarneval und auch keine Kappensitzung. Die „Derminga Faasebooze“ haben sich mit einem gut inszenierten Video zu Wort gemeldet, um der Viruspandemie aktiv entgegenzutreten. Gut so! Überhaupt muss man feststellen, dass landesweit alle Karnevalsvereine versuchen, mit viel Einfallsreichtum die „Fassend“ zumindest ein wenig zu retten. Dabei werden Büttenrednern oder sogar ganze Sitzungen einfach ins Internet verlagert. Leider geht dabei das wichtigste verloren: Die Stimmung der Menschen! Was fehlt ist Party, Berührungen, Tanzen, Singen, lachen und Schunkeln. Alles das, was „Faasend“ ausmacht. Mir fehlt das närrische Treiben und das Miteinander im KKV Dirmingen.
Ja, früher war alles anders, früher war alles gut! Leider dürfen wir derzeit nur von früher träumen. Wir alle hoffen, dass es recht bald wieder gut wird und wir im nächsten Jahr wieder gemeinsam feiern dürfen. Dabei wird gerade die „Faasend“, im schönsten Bundesland der Welt und seinem dazugehörigen schönsten Dorf, gerne viel und ausgiebig gefeiert. Die „Faasend“ hat immer etwas mit Heimat, eigener Sprache oder Dialekt zu tun. Einem Fremden werden die Büttenreden im Dialekt niemals schlüssig oder sogar witzig erscheinen. Während im Rheinland, bei uns an der Saar und weiten Teilen Norddeutschlands der Karneval gefeiert wird, ist in Teilen Bayerns, Sachsens, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns der Fasching angesagt.
Die Fastnacht symbolisierende den Beginn der Fastenzeit. Die von Aschermittwoch bis Ostern andauernde Zeit des Verzichts hat christlichen Wurzeln. Dabei entzieht sich das Wörtchen Karneval dem lateinischen carne = Fleisch und vale = lebe wohl.
In Dirmingen wurde schon immer gerne „Faasend“ gefeiert. Dazu gehörten früher allerlei närrische Veranstaltungen oder auch „Heischebräuche“. Wisst ihr noch: „…bin e kleener Keenich, geb man net se wenich…..“ Bereits vor dem zweiten Weltkrieg hatte sich der Dirminger Handwerkerverein um die Durchführung der Fastnacht mit einem Umzug und Kram – und Viehmarkt bemüht. Nachweislich wurde jedoch noch viel früher organisierte Fastnacht gefeiert. Schon vor dem ersten Weltkrieg gab es, am Veilchendienstag, in Dirmingen einen Fastnachtsumzug. Im Jahre 1903 erschien ein sogenanntes „Liederbuch der Gesellschaft“, mit vielen närrischen Stimmungsliedern. Ausserdem richtete im Jahre 1903 die Dirminger Fastnachtsgesellschaft “D’moss senn“ eine große Fastnachtsveranstaltung mit diversen Bällen und großen Fastnachtsumzug aus. Im Jahre 1905 stand sogar das ganze Fastnachts-Wochenende unter dem Motto:” Dirminger Faschingsfeier im Jahre des Humors 1905″. Dies sind zeitgleich die ältesten vorliegenden Nachweise auf karnevalistisches Treiben in unserem Dorf. Natürlich müssen wir davon ausgehen, dass noch viel früher im Mittelalter Karneval gefeiert wurde. Die Reformation veränderte jedoch vieles und die Protestanten stellten die vor österliche Fastenzeit in Frage. In vielen protestantischen Gegenden, zu der auch die Grafschaft zu Nassau-Saarbrücken gehörte, gerieten viele Bräuche in Vergessenheit. Vielleicht wurde bei uns gerade deshalb die „Faasend“ zunächst nur in Nähe der katholischen Kirche zelebriert. Die ersten närrischen Veranstaltungen in unserem Heimatort wurden im „Hesedenz-Saal“ im „Ortsteil“ Mühlbach durchgeführt. Die Tatsache, dass es in Dirmingen lange Zeit mehr Protestanten als Katholiken gab, könnte tatsächlich dazu geführt haben, dass der Karnevalsbrauchtum zunächst nicht überall gefeiert wurde. Bei einem Werbeplakat der Kolpingsfamilie Dirmingen aus dem Jahre 1961 wird dies auf populäre und witzige Art und Weise deutlich. Damals bewirbt die Kolpingsfamilie Dirmingen ihre Kappensitzung unter dem Motto “Die lachende Bütt“ mit bekannten Büttenrednern vom Mühlbach-Höppesbüsch, Ziegelhütte und Hundsberg” und „Aus dem Medde Dorf“.
Am 11.11.1950 organisierte die Dirminger Organisation „D moss senn“ gemeinsam mit dem Heimat- und Verkehrsverein Dirmingen eine Wahl des „Prinz Karneval“. Ein sogenannter „Närrische Rat“ diente damals als Organisator dieser Wahl. Der Dirminger Hans Müll gab sich zu dieser Zeit große Mühe und organisierte Umzüge und einen Krammarkt am Veilchendienstag. Schließlich gelang es den Dirminger „Faasebooze“ erstmals ein Prinzenpaar zu wählen. Der Heimat- und Verkehrsverein stellte 3 Jahre lang das Dirminger Prinzenpaar und unternahm zudem die ersten Versuche eine erste Kappensitzung durchzuführen. Die Bemühungen das fastnächtliche Treiben in Dirmingen aufzuwerten trug damals erste Früchte.
Seit dem 19. Jahrhundert beginnt die sogenannte Karnevalssession bereits am 11. November, dem Martinstag. Pünktlich um 11.11 Uhr wird vielerorts an diesem Datum die „fünfte Jahreszeit“ eingeleitet. Hintergrund ist mal wieder das Christentum. Auch vor Weihnachten wurde eine vierzigtägige Fastenzeit vorgeben. Unmittelbar nach der Gründung der Dirminger Kolpingfamilie im Jahre 1955 wurde der erste Maskenball im „Hesedenz Saal“ durchgeführt. Es folgten die ersten Kappensitzungen im „Hesedenz-Saal“. Die bekannte „Richard Wagner Kapelle“ spielte damals zum Tanz. Unter anderem waren damals Dirminger Willibald Spaniol, Hermann Hoffmann, Toni Bick oder auch Edmund Jochem verantwortlich für die Durchführung der eigenen Kappensitzung. Überhaupt muss man sich das karnevalistische Treiben zu dieser Zeit ganz anders als heute vorstellen. Die damaligen Umzüge waren längst nicht so prunkvoll wie heute. Im Wesentlichen spielte sich das fastnächtliche Treiben in den großen Sälen unseres Heimatortes ab. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurden in den späten 1940er- und in den frühen 50er-Jahren in verschiedenen saarländischen Städten und Gemeinden wieder die ersten Karnevalsvereine gegründet.
Nach anfänglichem Erfolgen des Heimat- und Verkehrsvereins und der Gesellschaft „D moss senn“ sank das Interesse der Bevölkerung an den vorhandenen närrischen Großveranstaltungen. Im Jahre 1955 übernahm die Kolpingfamilie Dirmingen das Kommando und alles begann mit dem sagenumwobenen bunten Maskenball im “Hesedenz-Saal”. Dies war praktisch eine initilazündung für de „Derminga Faasend“. Seit dieser Zeit schwingt die Kolpingfamilie in Dirmingen das närrische Zepter. Mit dieser Auftaktveranstaltung setzte die Kolpingsfamilie sofort Maßstäbe. Ohne großen technischen Aufwand entwickelte sich die Fastnacht in Dirmingen zu einer festen Größe.
Im Jahre 1956 wurde der erste Dirminger Rosenmontagszug mit großer Verhaftungswelle durchgeführt. Im Rahmen dieses närrischen Treibens wurden Kommunalpolitiker, Geschäftsleute und Lehrer verhaftet. Die Gefangenen konnten sich später im „Hesedenz-Saal“ bei Speisen und Getränken wieder freikaufen. In den folgenden Jahren wurde sogar in regelmäßigen Abständen ein Dirminger Prinzenpaar inthronisiert. Auch wenn man es sich heute nur schwer vorstellen kann, die Rosenmontagsumzüge in Dirmingen schrieben viele Jahre ihre Erfolgsgeschichte. Im Jahre 1977 wurden die Kappensitzungen in die Dirminger Borrwieshalle verlegt. Diese Umsiedlung fand zunächst nicht bei allen Dirmingern großen Anklang. In den folgenden Jahren freundete man sich jedoch immer mehr mit der Borrwieshalle als Austragungsort für die Sitzungen an.
Und heute? Nix mit Tradition und „Faasebooze“! Wir alle sind zum Zuschauen des KKV- Videos und zum Schwelgen in alten Erinnerungen verdammt. Gerade in dieser Zeit wäre unser KKV Dirmingen mit der eigenen Kappensitzung beschäftigt. Die Büttenredner/innen und Gardemädchen wären am Proben, der Elferrat am Vortanken und das Personal am Vorbereiten. Alles nix! Schuld daran ist dieser böse Bazillus. In mir wächst die Sorge, dass diese Pandemie am Ende mehr kaputt gemacht hat, als wir alle befürchten. Dabei sind wir alle in der Verantwortung weiterzumachen und nach Lösungen zu suchen. Zugegebenermaßen haben es alle Vereine in dieser Zeit nicht leicht. Bei einem Karnevalsverein liegt der Schwerpunkt jedoch in der närrischen fünften Jahreszeit, die bekanntlich nur einmal im Jahr stattfindet. Die Einnahmen dieses Jahres werden fehlen und die Entwicklung des Vereins wurde zumindest kurz gehemmt. „Faasend“ ist auch Familiensache. Meine beiden Töchter tanzen in der besten Garde der Welt und auch mein Schwiegersohn in spe ist im Männer-Ballett aktiv. Als Mitglied des Elferrates hab ich seit nunmehr 3 Jahren die Ehre an der Seite unseres Elferratspräsidenten Hans-Peter Hoffmann als sein Stellvertreter zu agieren. Der Ausfall der diesjährigen „Faasend“ schmerzt.
Dennoch bin ich Optimist! Ich kenne unsere „Faasebooze“ und weiß, dass das Aufgeben längst keine Option ist. Im Gegenteil! Ich gehe davon aus, dass es längst einen Plan gibt und an der Zukunft gefeilt wird. Ich bin überzeugt, dass Frank Schlicher und sein Team Antworten finden werden. Genauso, wie die vielen anderen Karnevalsvereinen unserer Region. Es liegt in der Natur des Narren aufzustehen und weiterzumachen.
Im letzten Jahr hätte der KKV Dirmingen 6 x 11 gefeiert. Auch dieses Jubiläum wurde abgesagt und auf den November dieses Jahres verlegt. Das bedeutet, dass die Dirminger Narrenscharr nicht allzu lange auf ein karnevalistische Veranstaltung verzichten muss.
Am 6. November feiert der Kolping-Karnevalsverein „Faasebooze“ Dirmingen sein 6 x 11 Jubiläum in der Dirminger Borrwieshalle. Spätestens dann steht die Borrwieshall‘ wieder Kopp‘ und es heißt wieder „Hoppla Hopp“
Bis dahin lasst uns in Erinnerung schwelgen – Hier einige Impressionen ;
Dat haschde ärisch scheen unn gudd geschrieb. Hoppla Hopp