Unser Ehrenamt blutet buchstäblich aus? – Bürokratie und Kostensteigerung bringen unsere Vereine ans Limit

Politiker, Gewerkschaften und Sozialverbände werden nicht müde zu betonen welche Bedeutung das Ehrenamt für unsere Gesellschaft hat. In den letzten Jahren haben sich bundesweit knapp 20.000 Vereine aufgelöst. Das für die Kommunen so wichtige ehrenamtliche Engagement bricht buchstäblich auseinander. Ich bin selbst Kommunalpolitiker und hinterfrage mich bei jedem Vereinsbesuch intensiv, ob wir tatsächlich genug für das Ehrenamt leisten. Genügt es hin und wieder einen Check rüberwachsen zu lassen? Unser ehemaliger Bundespräsident Johannes Rau sagte einmal: „Das Ehrenamt ist der Kitt der Gesellschaft“ Ich frage mich: Sind wir uns dieser Tatsache tatsächlich bewusst und haben wir die passenden Antworten für die Zukunft ?

Das Saarland gilt bis heute als Vereins -und Ehrenamtsland. Noch! Nirgendwo anders, als in unseren Städten und Kommunen, wird mehr Wert auf das Ehrenamt gelegt. Tatsächlich leiden unsere Vereine und das Ehrenamt unter den massiven Kostensteigerungen und den Bergen von Bürokratie. Wer soll in diesem Wirrwarr noch durchblicken oder einfacher, wer soll hier die Verantwortung übernehmen? Auch in meinem Heimatort tragen die vielen ehrenamtlichen Mitbürgerinnen und Mitbürger schwerwiegende Verantwortungen, Oftmals ist die Last viel zu groß für Familie und Privatleben. Unsere Ehrenamtliche setzen dort an, wo das Geld im Gemeindehaushalt fehlt: Bürgerbusse müssen gefahren werden, die Freiwillige Feuerwehr und die THW müssen ausgebildet und einsatzfähig sein. Das Ehrenamtliche Engagement sorgt an vielen Stellen für gleichwertige Lebensbedingungen zwischen den Städten, und den Dörfern. Während es immer noch genügend Menschen gibt, die bereit sind sich ehrenamtlich zu betätigen, sinkt die Anzahl derer die eine gehobene Funktion im Verein übernehmen möchten. Ein Grund darin liegt in den viel zu großen Bürden und Aufgaben.

Wir alle besuchen gerne die unzähligen Vereinsfeste in unserem Dorf und auch in unserer Gemeinde. Die Wenigsten können sich jedoch vorstellen, welche Hürden ein geschäftsführender Vorstand tatsächlich vor dem Verkauf des ersten Bieres nehmen muss. Eine Vielzahl von Formularen und Bewilligungen sind einzureichen. Sicherkonzepte zu schreiben und Anträge zu stellen. Sicherlich dienen viele dieser Formalien der Sicherheit der Allgemeinheit. Wie aber soll ein ehrenamtlich geführter Verein am Ende mit diesen Aufgaben klarkommen? Zudem drohen bei Nichteinhaltung so mancher Formalien empfindliche Strafen.

Zwischen unserem mittelalterlichem Weihnachtsmarkt und der ersten Kappensitzung findet man genau den richtigen Zeitpunkt, um den Finger auf die Wunde zu legen. Brandwache (kein Thema, ist notwendig), Sicherheitskonzept, Verkehrsumleitungen, GEMA, Hallengebühren und etliche kleinere Verfahren fressen das Ehrenamt buchstäblich auf. Manch einer kann sich kaum vorstellen, was unser KKV Dirmingen leisten muss, bevor er tatsächlich zu seiner ersten Kappensitzung einladen kann. Der „Mittelalterliche Weihnachtsmarkt“ oder das „Derminga Parkfeschd“ wären ohne die Dachorganisation des Kulturvereins nicht mehr möglich. Können Sie sich vorstellen, welche finanzielle Klimmzüge unsere Handballer leisten müssen um ihre Hallenkosten zu decken? Das alles hat bestimmt seine Berechtigung und irgendwo muss schließlich auch unsere Kommune ihre Kosten tragen. Wir sind jedoch gut beraten, wenn wir uns um Lösungen und Erleichterungen bemühen. Einmal im Jahr den Check zu zücken, genügt längst nicht mehr aus. Unsere Vereine leiden unter dem massiven Kosten- und Bürokratieberg.

Natürlich wurde in dem letzten Jahr viel in das vorhandene Ehrenamt investiert. Weiterbildung, Digitalisierung, Onlineangebote, Fördertöpfe und Förderprogramme sind hier lobenswert zu erwähnen. Auf der anderen Seite fehlt oftmals der Blick auf das Wesentliche. Diejenigen die in regelmäßigen Abständen ein Vereinsfest durchführen wissen genau, wo es harkt und inwieweit Hilfe benötigt wird.

Die Finanzierung eines Vereinsfestes muss auch zukünftig im Bereich des Möglichen sein. Zudem brauchen wir unterstützende Maßnahmen für Mitglieder eines geschäftsführenden Vorstandes. Verantwortung zu übertragen muss vereinfacht werden. Dazu gehören auch Erleichterungen für die Vorsitzenden in den Vereinen. Dafür brauchen wir Ideen und Konzepte, die uns helfen den Vereinen zu helfen. Leicht gesagt ! Guter Rat ist teuer ! Wie gesagt, wichtig ist zunächst einmal den Finger in die Wunde zu stecken und auf die Probleme hinweisen.

Verantwortung in einem Vereinsvorstand zu übernehmen, kosten viel Kraft und großen Mut. Die Zeit der frühzeitig im Ruhestand befindlichen Bergleute gehört leider der Geschichte an. Viele Bergleute hatten nach ihrem frühzeitigen Renteneintritt genügend Lust, Zeit und Kraft sich ehrenamtlich zu betätigen. Hinzu kommt, dass sich die Einstellung zum Ehrenamt stetig verändert. Früher war es völlig normal, dass eine Frau oder ein Mann in mehreren Vereinen aktiv unterwegs war. Heute müssen die Menschen länger Arbeiten und sind meistens intensiven Druck ausgesetzt. Das alles werden wir nicht verändern können. Die Abschaffung großer bürokratischer Hürden und kostenpflichtiger Anträge sollte jedoch auf den Prüfstand gestellt werden.

Was können wir unseren Vereinen noch zumuten? Wir alle freuen uns über das reichhaltige Angebot unserer Vereinslandschaft. Gerne besuchen wir unsere Vereinsfeste, die „Kerb“, den Weihnachtsmarkt, ein „Herbschdfeschd“ oder wie bald endlich wieder eine Kappensitzung. Nur, wer soll das bezahlen? Bei vielen Menschen sitzt das Geld nicht mehr zu locker. Viele Vereine verzichten deswegen schon auf eine Steigerung der Verkaufskosten. Das Problem wird somit nur verschoben und nicht behoben. Wenn wir auch zukünftig Spaß an unseren Vereinen und deren Aktivitäten haben möchten, müssen wir uns Gedanken über Erleichterungen machen. Ansonsten blutet das Ehrenamt tatsächlich irgendwann aus und vielerorts erlöschen die Lichter !

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