Karnevalistische Rarität – Kostbares Fundstück der “Derminga Faasend”

Die närrische fünfte Jahreszeit findet in der Straßen-Fastnacht und insbesondere am Rosenmontag ihren Höhepunkt. Der Karneval findet seinen Ursprung im Osterfest. Früher nutzte die Bevölkerung die Fastnacht, um noch einmal in sorgloser Freude ausgiebig zu feiern. Die anschließende Fastenzeit war geprägt von schwierigen Entbehrungen. Auf der Suche nach Informationen wie die Menschen in unserem Dorf früher Fastnacht feierten, bin ich im vergangenen Jahr fündig geworden. Ein freundlicher Mitbürger hat mir einen echten Schatz hinterlassen. In dem Gesangsbüchlein der Gesellschaft „D‘ moß senn“ zu Dirmingen finden wir ein echtes Indiz darauf, wie unsere Vorfahren im frühen 20 Jahrhundert Fastnacht feierten. Das Büchlein stammt aus dem Jahre 1903 und ist in einen hervorragenden Zustand.

Im Saarland fanden bis ins 20. Jahrhundert große Umzüge mit geschmückten Leiterwagen statt. Dabei wurden diese Fastnachtsumzüge fast in jedem Dorf durchgeführt. Es gab tatsächlich eine Zeit, in der in fast jedem Dorf einen „Prinz Karneval“ existierte. Die Umzüge waren in der Regel von sogenannten Fastnachtsrichtern besetzt. Das Gericht verlas auf dem Marktplatz die Anklage, die sich hauptsächlich gegen klatsch- und zanksüchtige Weiber und gegen Pantoffelhelden richtete. Die Frauen wurden dabei überwiegend von Männern in Frauenkleidung dargestellt. Die damaligen Umzüge hatten viel mit theatralischer und komödienhaften Erzählungen zu tun. Zahlreiche Theatervereine in unserer Region wurden nicht zuletzt aufgrund des Karnevals gegründet. Heute erinnert sich kaum noch jemand an die Zeiten der theatralischen Fastnachtsumzüge. Ein Chronist oder ein Sänger interpretierte zu einzelnen Bildern, die auf verschiedenen Motivwagen inszeniert wurden mit entsprechenden Versen, die von den Zuschauer nach jedem Vers mit dem Refrain bedacht wurden. Viele Karnevalisten sehen in diesen theatralischen Fastnachtsumzügen den Ursprung der späteren Kappensitzungen mit der neuen Form einer Büttenrede. Herrscher, Politiker und auch Geschäftsleute werden auf die Schippe genommen und mussten sich diese Form der Kritik gefallen lassen.

Das bunte Fastnachtstreiben fand am Nachmittag des Fastnachtsonntags seinen Höhepunkt. Einzelne Gruppen zogen durch die Straßen und Gassen um dabei, singend und scherzend auf sich aufmerksam zu machen. Die „Faasebooze“ fanden sich dann zu einem großen Umzug zusammen und zogen durch das Dorf. Am Abend trafen sich alle „Bootze” in den Tanzlokalen der Dörfer und Städte. Während des Umzuges wurden mundartliche Fastnachtslieder gesungen. Dafür benötigten die Menschen kleine Gesangslieder, um gemeinsam den richtigen Ton zu finden.

Genauso ein Büchlein ist nun in meinem Besitz. Das Liederbuch der Gesellschaft „ D‘ moß senn“ zu Dirmingen aus dem Jahre 1903 gibt Einblick in die Feierkultur unserer damaligen Dorfgemeinschaft. In dem Büchlein finden wir unter anderem die sogenannte „Narrenhymne“ oder den „Dirminger Karneval“. Die Lieder haben allesamt viel mit Heimatliebe und sogar einem gewissen Patriotismus zu tun. Genau diese Eigenschaften finden wir auch in dem heutigen Fastnachtsbrauchtum. „Faasend“ hat auch heute sehr viel mit Heimat und Identität zu tun. Karnevalistische Lieder über den Heimatort gab es schon vor über 120 Jahren. Während wir uns heute auf die Hits der „Kölschen Fastelovend“ konzentrieren, hatte „sellemols“ jedes Dörfchen eine kleines Liederbüchlein.

Leider gibt es in dem Büchlein nicht zu jedem Lied den passenden Hinweis auf die dazugehörige Melodie. Schade! Das Werk hat jedoch seinen festen Platz in meiner Sammlung besonderer Dirminger Raritäten. Hoppla Hopp !

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