Sind unsere Dorf – und Volksfeste vom Aussterben bedroht ?

„Folxfeschd“, Vereinsfest, „Kerb“ und Partys? Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde das kulturelle Leben zum Tabu-Thema. Seit 2019 fließt aus der geliebten Zapfanlage kein Gerstensaft mehr. Ein Ende dieses tristesten Daseins ist noch lange nicht in Sicht. Kultur, Spaß, Freizeit, Gaudi, Tanzen oder sich einfach mal in den Arm nehmen wird auch in absehbarer Zeit nur bedingt möglich sein. Immerhin darf unsere Jugend wieder Nachtclubs und Discos besuchen. Bleibt die Frage, wer bei den strengen Hygienevorschriften mit Maske auf die Tanzfläche abfeiern möchte.

Die Kultur kommt nur langsam in Schwung wobei zahlreiche Dörfer auch in diesem Jahr bereits das eigene Dorffest oder ihre Kirmes abgesagt haben. Schon vor der Pandemie wurde es zusehends schwieriger ein Fest zu organisieren. Jetzt, während des Bazillus tobt, stehen vielerorts die Dorffeste vor dem Aussterben. Viele Kommunen oder Vereinsvorsitzende haben bereits die weiße Fahne gehisst. Immer öfter hören wir davon, dass erst wieder gestartet wird, wenn die Zeiten besser werden. Dabei steht längst nicht fest, ob es überhaupt irgendwann wieder so sein wird wie früher.

Früher, ja früher. Es gab eine Zeit, in der Volksfeste oder Dorffeste eine ganz andere gesellschaftliche Bedeutung hatten. Die Menschen freuten sich schon Wochen vor dem Fest auf die Abwechslung, die solch ein Dorffest mit sich bringt. Damals war es noch etwas Besonderes auf einem Autoscooter oder einem Kettenkarussell zu fahren. Heute locken wir damit keine großen Menschenmassen mehr an. Unsere Jugendliche nehmen lieber den Weg in die nächste große Stadt auf sich, um dort ein Event zu erleben, als dass man sich der eigenen Dorfkirmes oder dem Volksfest hingibt. Die Zeiten haben sich geändert. Darauf gilt es schnellstmöglich Antworten zu finden. Wenn man die eigene Dorfjugend wieder vermehrt in die Dorfkultur integrieren möchte, muss man Angebote aufzeigen. Genau hier beißt sich die Katze buchstäblich in den Allerwertesten.  

Obwohl einer Umfrage zufolge weiterhin über 80 Prozent der Befragten die Meinung vertreten, dass gerade Volksfeste ein wichtiger Bestandteil von Kultur und Tradition sind, kämpft gerade die Dorfkultur ums nackte Überleben. Wir müssen davon ausgehen, dass in absehbarer Zeit viele kleine Volksfeste von der Landkarte verschwinden werden.

In unserem Heimatort Dirmingen kämpft man mit den gleichen Problemen. Unser Kulturverein hat sich verständlicherweise sehr schwer getan wieder ein Fest auf die Beine zu stellen. Auch unsere Vereine stehen vor der Frage, wie es bezüglich ihrer jährlichen Aktivitäten weitergehen soll. Obwohl die Hygienevorschriften gelockert wurden, tun sich viele Vereine sehr schwer wieder ein Fest auf die Beine zu stellen. Dabei ist es nicht nur die Pandemie, die unserer Dorfkultur schadet. Auch der Gesetzgeber verlangt immer mehr Eigenverantwortung. Die Kosten für ein großes Volksfest sind gerade in den letzten Jahren enorm angestiegen. Wenn man sich einmal als Beispiel den „Mittelalterlicher Weihnachtsmarkt“ vor Augen führt, bekommt man leicht Schnappatmung. Allein die Kosten für Halle, GEMA, Verkehrsordnung und die zahlreichen Genehmigungen lassen uns beim Lesen erschaudern. Ja, es wurde schon vorher immer schwerer etwas auf die Beine zu stellen. Die Pandemie gab jedoch vielen Vereinen den Rest. Unsere Kultur liegt am Boden.

Schausteller gehen Bankrott, Bühnentechniker wurden arbeitslos und Bands verzweifeln im Kampf um das Überleben. Es ist völlig verständlich, dass manche Musiker die Nerven und ihre gute Kinderstube verlieren. Seit Beginn der Pandemie wurde sich um alles und jeden gekümmert nur die Musikbranche und unsere Kultur blieb auf der Strecke. Wenn wir so weiter machen, werden wir bei allem Verständnis für die beschlossene Hygieneverordnung, unsere Kultur an die Wand fahren. Dabei sind es gerade die Hygienevorschriften, die am meisten für Unverständnis sorgen. Auf der einen Seite feiern über 60 000 das EM-Finale in Wembley oder Tausende den CSD in Berlin während bei einem kleinen Strandkorb-Konzert verpicht auf die Abstandsregel geachtet wird. Gleichbehandlung sieht anders aus!

In Dirmingen sucht man verzweifelt nach Antworten und Lösungen. Ein „Irischer Abend“ in der Scheune wird unter diesen Bedingungen nicht möglich sein. Genauso ist es verständlich, dass unser TVD oder auch der SVD ihre Dorfturniere abgesagt haben. Es bleibt die Hoffnung auf eine bessere Zeit. Werden wir in diesem Jahr wieder unseren „Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt“ durchführen können? Gerade dieses Fest lebt von Nähe, Wärme und Kontakt. Wie soll das in den verschiedenen Zelten gelingen? Werden wir in diesem Jahr wieder unsere traditionsreiche Kirmes feiern können? Bei allem berechtigten Zweifel stirbt die Hoffnung zuletzt.

Was wir brauchen ist ein neuer Anfang. Wir müssen unser Herz in die Hand nehmen und sehen was möglich ist. Ein Ende kann auch ein Anfang sein. Grundsätzlich können auch Veränderungen etwas positives mit sich bringen. Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir niemanden in Gefahr bringen und tunlichst auf die Hygieneverordnung achten. Dabei stehen die Gesundheit und das Leben unserer Mitmenschen immer im Vordergrund. Niemand möchte Menschen in Gefahr bringen. Es geht allein darum, darauf zu schauen, was überhaupt möglich ist. Wenn wir jetzt nicht aufstehen und uns um unsere Dorfkultur kümmern, könnte das böse Folgen haben. Wir müssen uns gemeinsam um Lösungen bemühen.

Jetzt also endlich ein Neuanfang. Die Veranstaltung „Musik im Park“ am 21. August 21 wird, seit fast zwei Jahren, die erste größere Veranstaltung in unserem Heimatort. Das Hygienekonzept ist erstellt, alle Sicherheitsvorkehrungen aufgestellt und alle entsprechenden Anträge eingereicht. Der Kulturverein Dirmingen ist aufgestanden und wagt einen Schritt in eine neue Normalität. Viele Menschen haben jedoch immer noch Angst und empfinden größere festliche Aktivitäten als Gefahr. Diese Angst gilt es zu nehmen. Es muss in kleinen Schritten vorangehen. Dabei müssen wir versuchen jeden mitzunehmen.

Die Planungen für die saisonale Veranstaltung „Herbst auf Finkenrech“ haben begonnen. Gut, dass sich der TKN des Landkreises traut zumindest die Planungen voranzutreiben. Meinen Informationen zufolge haben bereits zahlreiche Gewerbetreibende, Vereine und Organisationen ihre Teilnahme am Bauernmarkt bestätigt. Das geänderte Konzept des TKN gibt allen Grund zur Hoffnung, dass wir im September wieder ein Herbstfest mit einem schönen Bauernmarkt erleben dürfen.

Bleibt die Frage, was man als Einzelner tun und wie man den Vereinen oder Organisationen helfen kann. Ganz einfach: Melden Sie sich zu den verschiedenen Veranstaltungen an und gehen Sie mit uns einen gemeinsamen Schritt in eine zugegebenermaßen etwas andere Normalität.

Was wir brauchen ist Mut zur Veränderung – Stillstand ist der Tod!

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