In der Geschichte des Dirminger Friedhofes spiegelt sich das frühere Verhältnis beider Konfessionen
Die meisten Dorffriedhöfe haben im Laufe der letzten Jahrzehnte unschöne Lücken bekommen. Die Menschen setzen immer mehr auf Urnenbestattungen und immer weniger auf herkömmliche Gräber. Schon früher diente der Friedhof als kultureller Treffpunkt der sogar als eine gewisse Naherholungsqualität für die Dorfgemeinschaft herhalten musste. im Grunde hat der Dorfriedhof bis heute nichts an diesem Stellenwert eingebüßt. Der Friedhof ist immer noch ein Treffpunkt oder ein Ort der inneren Einkehr oder sogar der Kommunikation. Dennoch leiden unsere Friedhöfe immer mehr unter dem aktuellen Trend der neuen Bestattungsformen. Die Urne ist inzwischen zum Standard herangewachsen. Mehr als 75 Prozent der Menschen, die im Jahr 2022 verstorben sind, wurden verbrannt und somit nicht in einem Sarg beerdigt. Die Urnenwand oder das Urnengrab dominieren mittlerweile das Erscheinungsbild unseres Friedhofes. Das bedeutet zwangsläufig, dass auf dem Friedhof mehr Platz und somit auch größere leere Lücken entstehen. Die Gemeindeverwaltung hat die Aufgabe diesem Trend mit Innovativen und neuen Ideen entgegenzuwirken. Fakt ist: Die Reihen werden immer lichter und so manches noch vorhandene einzelne Sarggrab wirkt trostlos allein gelassen. Immer mehr gewinnorientierten Unternehmen, die Urnenbestattungen im Wald oder unter Bäumen anbieten locken mit attraktiven Angeboten. Die Wald-oder Baumbestattung gewinnt zusehends an Beliebtheit. Viele Menschen entscheiden sich für diese Alternative, weil sie damit ihrer umweltfreundlichen Naturverbundenheit gerecht werden möchten. Fakt ist aber auch, wer im Friedwald oder auf hoher See bestattet wurde, verfügt über keinen Erinnerungsort in seiner Heimat. Sei’s drum, ein jeder wie er möchte und jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen.
Urnengräber brauchen nicht nur weniger Platz, sie brauchen auch weniger Pflege. Auch dieser Umstand macht die Sache für viele Angehörigen attraktiver. Das bedeutet aber auch, dass die Menschen seltener das Grab ihres Verstorbenen besuchen. In der Folge treffen wir immer weniger Menschen auf unserem Friedhof an. Unsere Gemeindeverwaltung versucht schon seit Jahren dem neuen Trend positiv entgegenzuwirken. Auch das Thema Baumbestattung stößt in den örtlichen Gremien immer mehr auf Interesse. In Kürze wird auf dem Eppelborner Friedhof ein Sternengrabfeld für totgeborene Kinder angelegt werden. Familien, die den Verlust eines ungeborenen Kindes erfahren, können ihre Kinder dort beerdigen. Als Sternenkinder werden Kinder bezeichnet, die während der Schwangerschaft oder unmittelbar nach der Geburt verstorben sind. Als Gedenkstätte soll eine behauene Sandstein-Stele dienen. Mit viel Innovation und Einfallsreichtum wurde in den letzten drei Jahren auch auf dem Dirminger Friedhof so einiges geleistet. Dennoch existieren es auch auf unserem Friedhof so einige leere Lücken.
Die Geschichte des Dirminger Friedhofes ist eng verbunden mit dem früherem, zerrütteten Verhältnis der Katholiken und Protestanten in unserem Dorf. Gottlob hat sich das relativiert. Heute leben Protestanten und Katholiken friedlich miteinander in unserem Dorf und setzten zuletzt sogar mehr und mehr Zeichen der Ökumene. Längst spielt es keine Rolle mehr welcher Konfession man angehört und ob man nun zum Gottesdienst geht oder die heilige Messe besucht. In Dirmingen lebten seit der Reformation 1575, über viele Jahrhunderte, überwiegend protestantische Einwohner. Heute hat sich dies relativiert und beide Konfessionen haben ihren festen Platz in der Mitte unserer Gesellschaft. Viel mehr Sorge bereitet beiden Kirchen die Austrittswelle der letzten Jahre. In Dirmingen dauerte es viele Jahrhunderte bis sich das Verhältnis zwischen Katholischen und evangelischen Christen entspannte. Lange Zeit herrschte ein angespannte und oftmals sogar feindliches Verhältnis, das sich letztlich sogar in er Politik widerspiegelte.
Natürlich gibt es immer noch Unterschiede zwischen den katholischen und den evangelischen Christen. Der größte Streitpunkte liegt im Verhältnis zum Papsttum, des Zölibats und in der Art und Weise wie man das Abendmahl feiert. Bei den Katholiken ist die Wandlung von Brot und Wein ein Zeichen dafür, dass Jesus Christus wirklich in der Feier des Gottesdienstes anwesend ist. Bei den Protestanten hingegen sind Brot und Wein beim Abendmahl eher ein Symbol für die Liebe Jesu Christi zu den Menschen. Letztlich dürfen in der evangelischen Kirche alle Christen das Abendmahl gemeinsam feiern. Bei den Katholiken hingegen wird in diesem Fall keinen Wert auf die Ökumene gelegt. Ich stelle immer wieder fest, dass gerade junge Menschen sich verstärkt nach einer gut funktionierenden ökumenischen Verhältnis sehnen.
Die Geschichte der Katholiken und Evangelischen Christen in unserem Dorf ist geprägt von Missgunst, Vorurteil und Abneigung. Bereits die Kinder wurden früher in konfessionelle Kindergärten und Schulen geteilt. In meiner Kinderzeit war bereits das schlimmste überstanden und wir besuchten gemeinsam erst die alte evangelische Schule, in der heutigen Urexweilerstrasse, und später die heutige Alsbachschule. Immer wieder gab es zwischen beiden Konfessionen Reibereien. Die Spaltung reichte sogar bis in den Sport und unsere Vereinslandschaft. Während es die Evangelischen mehr zum Handballsport hinzog, wurde bei den Katholiken überwiegend der Fußball bevorzugt. Protestanten waren überwiegend den Sozialdemokraten zugeneigt und Katholiken eher den Christdemokraten. Heute pflegen die Evangelische Kirchengemeinde Dirmingen und die Katholische St. Wendalinusgemeinde gottlob ein gutes und harmonisches Miteinander. Auch in der Politik haben sich inzwischen die eingefahrenen Strukturen verändert.
Unser Ortsbild wird geprägt vom Turm der heutigen evangelischen Kirche in der Ortsmitte. Auch diese Kirche war über viele Jahre Streitpunkt zwischen beiden Konfessionen. Immerhin war die Kirche vor der Reformation im Jahre 1575 katholisch. Am Ende wurde die Kirche jedoch den evangelischen Christen zugesprochen. Auch diese Entscheidung sorgte keineswegs für eine Entspannung zwischen den beiden Konfessionen. Unser Dorfbild wird aber auch geprägt von der Gottesburg auf dem Rothenberg. Wie eine Burg dominiert die im Jahre 1950 erbaute Kirche auf dem Gänseberg unseren Heimatort. Beide Kirchengemeinden haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die Schäfchen werden weniger und das Geld knapper. Sanierungsstau und innergemeindliche Probleme stellen das Ehrenamt vor große Herausforderungen. Ich fürchte, wir werden es noch erleben, dass beide Konfessionen noch enger zusammenrücken müssen. Vielerorts werden schon Kirchen oder Gemeindehäuser im Wechsel genutzt. Immer mehr Kirchenbauten werden entweiht und veräußert. Immerhin fand in der heutigen evangelischen Kirche das wohl schönste Ereignis zwischen katholischen und evangelischen Christen in Dirmingen statt. Nach der Bombardierung der alten katholischen Kirche auf dem Rothenberg, am 21.Februar 1945, stellte die Evangelische Kirchengemeinde ihre Kirche zur Verfügung. Es wurde das sogenannte Simultaneum abgehalten. Berichten zufolge war das Verhältnis beide Konfessionen zu dieser Zeit ausgesprochen gut und ausgeglichen.
Heute erinnert kaum noch etwas an das ehemals schwierige Verhältnis zwischen den Katholen und Evangelen in Dirmingen. Die Betonung liegt dabei auf „Kaum noch etwas“! Da gibt es tatsächlich eine winzige Kleinigkeit. Auf dem Dirminger Friedhof erinnert noch heute ein altes Kreuz an die Geschichte und die Entwicklung beider Konfessionen in unserem Dorf. Auf der rechten Seite des Friedhofes steht am oberen Ende des Weges, der den ältesten Friedhofsteil in zwei gleich große Flächen teilte, unter Bäumen ein mit einem Kruzifix geschmücktes steinernes Kreuz. Um dieses Kreuz, auf dessen Sockel die Jahreszahl 1899 steht, hat es eine besondere Bewandtnis. Die Geschichte des Kreuzes spiegelt das gemeindliche Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in unserem Ort. Dieses Kreuz erinnert daran, dass früher eine deutliche Kluft zwischen den Katholischen und den evangelischen Einwohnern unseres Heimatortes klaffte. Der älteste Dirminger Friedhof lag ehemals um die evangelische Kirche. Diejenigen die wissen wo man zu suchen hat, werden noch heute die eine oder andere Grabplatte neben der heutigen evangelischen Kirche finden. Das bekannteste dürfte das Grabkreuz des Brauereigründers Konrad Schäfer sein. Die heutige evangelische Kirche wurde, wie bereits erwähnt, nach der Reformation im Jahre 1575 und dem darauffolgenden Frieden von Ryswyk von 1697 den Protestanten zugesprochen. Die Katholiken durften die Kirche mitbenutzen wobei die evangelische Kirchengemeinde den Friedhof um die Kirche als Eigentum betrachtete.
Nachdem die verstorbenen der katholischen Einwohner zunächst auf dem evangelischen Friedhof geduldet wurden mussten die Katholiken ab dem Jahre 1774 auf dem Friedhof in Urexweiler bestattet werden. Im Jahre 1894 beschloss der Dirminger Gemeinderat den Bau eines Zivilfriedhofes auf dem Distrikt „Bamert“ an der Straße zwischen Dirmingen und Eppelborn. Im Jahre 1896 wurde der Friedhof nach evangelischem Ritus vom damaligen Pfarrer Otto Bingel eingeweiht. Im Jahre 1899 richtete die katholischen Bürger Dirmingens ein Gesuch an den Gemeinderat um Überlassung eines Teiles des neuen Friedhofes. Die katholischen Mitbürger hatten, bis dahin, aufgrund der eigenen Bestattungsmodalitäten mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen und fühlten sich benachteiligt. Der Dirminger Gemeinderat entsprach dem Wunsch der katholischen Einwohner und bewilligte ihnen einen Viertel des neuen Friedhofes. So wurden etwa ab Mitte des Jahres 1899 die verstorbenen katholischen Einwohner auf dem zugewiesenen Teil des Friedhofes beigesetzt. Am 03.06.1899 wurde auf dieser zugewiesenen Fläche ein von dem Bildhauer Johann Naumann angefertigtes Friedhofskreuz aufgestellt. Die Katholiken hatten dieses Kreuz in Auftrag gegeben und bezahlt. Nach einem Einspruch der Protestanten und dem Bedenken der Trierer Bezirksregierung, die eine Problem damit hatte, dass der Friedhof nach konfessionellen Gesichtspunkten eingeteilt war wurde das Friedhofskreuz am 14. Juli 1900 im Auftrag der Ortspolizeibehörde in die Mitte des Friedhofes versetzt. Am 02. Februar wurde die erste Friedhofsordnung erlassen. Diese Ordnung sah vor, dass die Verstorbenen in der Reihenfolge des Todeseintrittes ohne konfessionelle Trennung beigesetzt werden sollen. Nach erneuten Meinungsverschiedenheiten von Mitgliedern beider Konfessionen versetzten die katholischen Einwohner das Kreuz an seine jetzige Stelle. Heute, über 120 Jahre später, erinnert das Kreuz immer noch an die damaligen Probleme zwischen Katholiken und Protestanten in unserem Ort.
Im Jahre 1969 wurde mit der Bauausführung zur ersten Einsegnungshalle auf dem Dirminger Friedhof begonnen. Die Bauarbeiten endeten 1972 und erstreckten sich über fast drei Jahre. Die Gelder für diesen Bau wurden überwiegend durch freiwillige Spenden der Bürger beider Konfessionen aufgebracht. Auch die Mitglieder des damaligen Dirminger Gemeinderates beteiligten sich an einer großangelegten Sammelaktion. Die Dirminger Bürgerschaft demonstrierte Geschlossenheit und große Spendenbereitschaft. Die reinen Baukosten der Friedhofshalle betrugen 155 000, -DM wobei allein der Zufahrtsweg schon 45 000,- DM kostete. Bis in die späten 60- ger Jahre war es üblich die Verstorbenen, bis zu ihrer Beisetzung, Zuhause aufzubahren. Mit der Eröffnung der neuen Einsegnungshalle wurden in Dirmingen keine Toten mehr in den Häusern aufgebahrt.
Der heutige Friedhof wurde im Jahre 1951 auf die Größe von 12000 qm erweitert. Im Jahre 2012 besitzt der Friedhof neben den üblichen Gräbern einige Urnenwände und ein Urnentiefengrabfeld. Das Erscheinungsbild unseres Friedhofes hat sich maßgeblich verändert. Wir erleben eine neue Bestattungskultur mit vielen Facetten. Die Menschen suchen verstärkt nach neuen Wegen und Alternativen. Unsere Aufgabe liegt darin diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Geschichte unseres Friedhofes spiegelt nicht nur die Geschichte unseres Heimatortes sondern auch der Menschen, die dort lebten und leben werden. Dabei standen auch beide Konfessionen immer wieder im Mittelpunkt zahlreicher Debatten. Gottlob, hat sich das alles verändert und wir leben in weitaus ruhigeren Zeiten. Die positive Entwicklung auf unserem Friedhof ist auch ein Stückweit der Ökumene geschuldet. Das Anbringen einer neuen Beschallungsform mit Friedhofsglockenklang, des Mahnmals oder der neuen Urnenwände wurde überkonfessionell behandelt und in den politischen Gremien mitgetragen. Auch das war nicht immer so !
Super! Danke für die Informationen
Ein sehr toller, gut recherchierter Beitrag mit vielen tollen, alten Bildern! Sehr schön geworden!!