„Endlich werra Faasend“ – Mit Hoppla Hopp, Tradition und ganz viel Heimatgefühl in die 5 Jahreszeit

“S is Faasenaachd, ‘s is Faasenaachd, die Kischelcher werre [oder genn] gebagg(d); eraus demidd, eraus demidd, isch schdegge se in de Sagg.” Manchmal sangen wir weiter: “Unn wenn die Ald kää Kischelscher baggd, dann is fier uns kään Faasenaachd”,

Saarländisches Mundartlied – Heische Brauchtum

Nach einer pandemiebedingten Zwangspause fiebert nicht nur unser KKV Dirmingen der närrischen 5 Jahreszeit entgegen. Schon die ersten karnevalistischen Veranstaltungen in unserer Gemeinde deuten auf ein großes Interesse des feierwütigen Volkes. Die erste Session, nach dem miesen Bazillus, könnte fulminant und legendär enden. Die Vorfreude ist riesengroß und die Karnevalsvereine aus unserer Umgebung sind gut vorbereitet. Unser KKV “ die Faasebooze“ Dirmingen befinden sich seit dem letzten Jahr, oder letzten beiden Jahren, in der kräfteaufreibenden Vorbereitungsphase. Noch ein Jahr ohne Fastnacht hätte der traditionsreichen 5 Jahreszeit und den vielen Karnevalsvereinen sehr geschadet.

Gottlob steht unser KKV Dirmingen auf festen Beinen und ist gut aufgestellt für die Zukunft. Die Kappensitzungen der „Derminga Faasebooze“ sind gespickt mit wunderbare Show-Acts, großartige Tanzformationen und klasse Büttenreden. Daneben ein wunderbares Team hinter den Kulissen, dass genau weiß worauf es ankommt und was zu tun ist. Unsere Akteure sind unser Faustpfand. Dieser Verein hat soviel Potential. Jeder Karnevalsverein feiert auf seine wundersame Weise, in seinem Dialekt seine ureigene Fastnacht. Am 04. und 11. Februar 2023 steht die Dirminger Borrwieshalle endlich wieder auf dem Kopf.

„Faasend“ hat immer etwas mit Heimat zu tun. Was wäre die „Derminga Faasend“ ohne die Leute aus unserem Dorf ? Was wären unsere Büttenreden ohne die Lästerei über die Dorfprominenz? „Faasend“ hat immer etwas mit Heimat, Sprache und eigener Dorfkultur zu tun. Man kann es drehen und wenden wie man möchte, man kommt aus seiner Haut nicht raus. Den Stallgeruch verliert man nicht und seine Herkunft wird man niemals leugnen können. Warum nicht die Gelegenheit nutzen und einfach stolz darauf zu sein. „Faasend“ hat viel mit Dialekt und der eigenen „Sprooch“ zu tun. Unser Dialekt stiftet Identität und Gemeinschaftsgefühl. Wenn wir unseren Dialekt reden, wird er nicht verloren gehen. Die Fastnacht bietet dafür eine ausgezeichnete Plattform.

Fastnacht hat aber auch immer etwas mit Familie zu tun. Meine Leute sind allesamt „Faasebooze“. Meine beiden Töchter tanzen in der Garde und ein möglicher „Schwiegersohn“ in spe tanzt im Männerballet. Meine beiden Töchter sind längst aus dem Gröbsten raus und sind mittlerweile als Trainerin des Männerballetts aktiv. Meine Frau hilft in der Küche und ich mache was ich am besten kann “Schnessschwade”. Meine Familie bildet in diesem Fall keine Ausnahme. Viele aktive „Faasebooze“ sind wichtige Stütze in verantwortungsvoller Position und engagieren sich zudem mit ihrer gesamten Familie beim KKV Dirmingen. Gerade zur Fastnacht kommt das Zusammengehörigkeitsgefühl deutlich zum Vorschein. Man trägt die Farben seines Vereins und hat Menschen an seiner Seite die man ein Leben lang kennt. Da sind alte Freunde und Weggefährten an deiner Seite, die einmal im Jahr, die gleiche Begeisterung teilen. Dies kommt im Verlaufe der Straßenfastnacht und besonders während eines Umzuges deutlich zum tragen.

Woher kommt eigentlich die närrische 5. Jahreszeit ? Für Historiker ist die Sache klar: Die Fasnacht ist ein christliches Fest und eng verbunden mit der darauf folgenden 40-tägigen christlichen Fastenzeit als Vorbereitung auf das Osterfest. Das wird schon am Namen deutlich: Denn das Wort „Fasnacht“ bezeichnet den Zeitraum vor Anbruch der Fastenzeit. Wenn man so will, feierten die Kölner nachweislich im Jahre 1341 erstmals Fastnacht. Der Ursprung des Wortes Karneval findet sich im Lateinischen. „Carne vale“ heißt übersetzt so viel wie: „Fleisch, leb wohl“. Seit dem 12. Jahrhundert stellen die Christen den vierzig heiligen Tagen der Fastenzeit eine Zeit der Sinneslust und Völlerei voran. und was hat das Ganze mit Religion und Glauben zu tun? Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit und die Kirche begleitet Jesus in dieser Zeit auf seinem Weg durch Leid und Tod bis zur Auferstehung an Ostern. Karneval und Fastenzeit gehören eng zusammen, denn die Fastnacht definiert sich ja von der Fastenzeit her. Im 19 Jahrhundert kam die Fastnacht, wie wir sie kennen, in Schwung. Die Tradition der Büttenreden stammen aus dem 19.Jahrhundert, als die französischen Besatzer den Menschen westlich des Rheins politische Aktionen untersagten. Deshalb trafen sich die Rheinländer zu heimlichen Versammlungen, um sich trotzdem kritisch und humorvoll über politische Entwicklungen auszutauschen. Dieser Fastnachtsbrauchtum hat sich bis heute etabliert. Ein Büttenredner darf über Alles und Jedes schimpfen. Auch der Beginn der närrischen fünften Jahreszeit am 11.11. um 11:11 Uhr entstammt dem 19. Jahrhundert. Die Narrenzahl Elf eignete sich besonders, da zu damaliger Zeit jeder als Narr bezeichnet wurde, der Gottes Zehn Gebote übertrat. Auch der Elfer-Rat, das Organisationskomitee in zahlreichen Karnevalsvereinen, steht in Verbindung mit der Zahl Elf.

Wie entstand die „Derminga Faasend ? Schon im 19 Jahrhundert war man in Dirmingen bemüht, den Fastnachtsbrauchtum aufzuwerten. Bereits vor dem ersten Weltkrieg gab es in Dirmingen einen Fastnachtsumzug am Veilchendienstag. Im Jahre 1903 erschien ein sogenanntes „Liederbuch der Gesellschaft“, mit vielen närrischen Stimmungsliedern. In diesem Jahr 1903 richtete die Dirminger Fastnachtsgesellschaft “D’moss senn”, zu Dirmingen, erstmals eine große Fastnachtsveranstaltung mit diversen Bällen und großen Fastnachtsumzug aus. Im Jahre 1905 stand sogar das ganze Fastnachts-Wochenende unter dem Motto: ”Dirminger Faschingsfeier im Jahre des Humors 1905″. Ein entsprechendes Werbeplakat ist zeitgleich das älteste vorhandene Dokument über karnevalistisches Treiben in unserem Dorf. Man muss sich das karnevalistische Treiben zu dieser Zeit ganz anders als heute vorstellen. Die damaligen Umzüge waren längst nicht so prunkvoll wie heute. Im Wesentlichen spielte sich das fastnächtliche Treiben in den großen Sälen unseres Heimatortes ab.

Wann entstanden die ersten Kappensitzungen und worin liegt ihr Ursprung ? Der Urknall fand wieder mal im Rheinland statt. In Köln wurde im Jahre 1823 das „Festordnende Komitee“ gegründet. Dieses Komitee sollte der bis dahin chaotische Kölner Fastnacht einen neuen Leitfaden verordnen. Ursprünglich ging es bei der Gründung darum, einen neuen großen und perfekten Maskenzug auf die Beine zu stellen. Die Organisation dieses Karnevalszuges lag beim „Kleinen oder lustigen Rat“; alle zahlenden Mitglieder des Komitees bildeten den „Großen Rat“, der sich in den folgenden Jahren regelmäßig zu „Generalversammlungen“ traf. Im Jahre 1827 wurde der Brauchtum eingeführt, dass alle im Rat die gleichen Kappen tragen. Gemäß dem Motto: „Gleiche Brüder, gleiche Kappen!“ Daneben entwickelten sich große Bälle. Der buchstäbliche Funke sprang vom Rheinland rüber bis an die Saar. Aus diesem Grunde könnte diese Zeit auch als die Gründerjahre unserer heutigen Kappensitzungen angesehen werden.

Im Saarland gründeten sich in den 1940er- und in den frühen 1950er-Jahren in verschiedenen saarländischen Städten und Gemeinden die ersten Karnevalsvereine. Anfang der 1950-ger Jahre versuchte der Heimat und Verkehrsverein Dirmingen unter der Leitung seines Vorstandsmitgliedes Hans Müll, die Dirminger Fastnacht mit Kappensitzungen, Umzügen und Fastnachtsdienstagmarkt wieder zu beleben. In drei aufeinanderfolgenden Jahren wurde ein Prinzenpaar gewählt. Die ersten Kappensitzungen und Fastnachtsumzüge am Fastnachtsdienstag waren schon damals gut besucht. Mit der Zeit schwand das Interesse des Heimat -und Verkehrsvereins Dirmingen an der Aufwertung des Fastnachtsbrauchtums. Es mussten neue Kräfte gefunden werden die sich um die Durchführung des fastnächtlichen Brauchtums kümmerten. Im Jahre 1955 übernahm die Kolpingfamilie Dirmingen das Kommando. Alles begann mit einem bunten Maskenball im “Hesedenz-Saal”. Diese Veranstaltung war praktisch die Geburtsstunde der heutigen Kappensitzungen. Seit dieser Zeit schwingt die Kolpingfamilie das närrische Zepter in unserem Heimatort. Der Maskenball im Jahre 1955 war die erste närrische Veranstaltung der damals neu gegründeten Kolpingsfamilie. Mit dieser Auftaktveranstaltung setzte die Kolpingsfamilie sofort Maßstäbe. Ohne großen technischen Aufwand entwickelte sich die Fastnacht in Dirmingen zu einer festen Größe. Unter der Regie zahlreicher “Faasebooze” und des damaligen Sitzungspräsidenten Edmund Jochum wurde närrische Geschichte geschrieben. Die ersten Kappensitzungen im “Hesedenzsaal” verliefen äußerst erfolgreich. Im Jahre 1977 wurden die Kappensitzungen in die Dirminger Borrwieshalle verlegt. Diese Umsiedlung fand zunächst nicht bei allen Dirmingern großen Anklang. In den folgenden Jahren freundete man sich jedoch immer mehr mit der Borrwieshalle als Austragungsort für die Sitzungen an. Im Jahre 2003 wurde der heutige Kolping Karnevalsverein als Untergruppierung der Kolpingsfamilie gegründet. Der KKV Dirmingen hat seitdem die Aufgabe das fastnächtliche Brauchtum aktiv zu unterstützten und umzusetzen. In diesem Jahr darf der Verein endlich wieder seiner Aufgabe gerecht werden.

Die Seele des rheinischen Karnevals, der auch im Saarland gefeiert wird, liegt in der Straßenfastnacht. Auf der Straße findet die ehrlichste und herrlichste Form des karnevalistischen Treibens statt. Dort auf der Straße fragt man nicht wo du herkommst oder was du bist. Es hat etwas erhebendes an einem Fastnachtsumzug aktiv teilzunehmen. Man präsentiert seine Farben, seine Traditionen und irgendwie auch seine Heimat. Voran die Garde, dahinter der Elferrat und dazwischen Akteure und Organisatoren. Die Straßenfastnacht steht für Ausgelassenheit, Gemeinsamkeit und Miteinander. Auch der Stolz und die Identifikation mit dem Heimatort und dem eigenen Verein spielt dabei eine gewichtige Rolle. Während der Straßenfastnacht wird gesungen, getanzt und der eigene Narrenruf ausgerufen. Dabei kann der eigene Ausruf schon viel über Herkunft und Tradition des jeweiligen Karnevalsvereins aussagen. In Lebach ruft man „Da Je“, im Ommersheim „Sack zu“, in Dillingen-Diefflen „Nau je“ und im guten alten Herrensohr (Kaltnaggisch) „Gudd druff“. Der im Saarland allgemein bekannt Ausruf „Alleh hopp!“ leitet sich vom französischen Begriff „allez hop!“ ab und bedeutet so viel wie in etwa „los geht’s!“

Das alles ist gut und schön ! Das alles ist ist aber eben nicht Dirmingen ! Ein wenig mehr eigene Identität darf es am Ende dann doch sein. Unser „Derminga“ Narrenruf heißt nicht Helau oder Alaaf und auch nicht wie im Saarland üblich Alleh-hopp! Nein, wir haben in Dirmingen unseren eigenen Ausruf: Hoppla Hopp! 

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